Die Colonial Pipeline zahlte osteuropäischen Hackern nach einem Cyberangriff – der eXXpress berichtete – fast fünf Millionen Dollar. Das berichten nun US-Medien unter Berufung auf in die Transaktion eingeweihte Personen. Die Information widerspricht anderslautenden Behauptungen des Unternehmens. Noch am Mittwoch beteuerte Colonial Pipeline, keine Absicht zu haben, den Erpressern Geld auszuzahlen, um den Betrieb in der größten Benzinpipeline des Landes wiederherzustellen.

Auszahlung nützte anscheinend nichts

Allerdings dürfte das dem Unternehmen nichts genützt haben. Nachdem die Verbrecher die Zahlung erhalten hatten, stellten sie dem Betreiber zwar ein Entschlüsselungswerkzeug zur Verfügung, um das deaktivierte Computernetzwerk wiederherzustellen. Das Tool soll aber so langsam gewesen sein, dass das in Georgia ansässige Unternehmen weiterhin seine eigenen Backups benutzt hat, um das System wiederherzustellen.

Das Unternehmen zahlte das saftige Lösegeld den Berichten zufolge vor einer Woche, nur wenige Stunden nach dem Angriff. Das unterstreicht den immensen Druck, unter dem Colonial Pipeline stand. Die Versorgung großer Städte entlang der Ostküste mit Treibstoff dürfte auf dem Spiel gestanden sein. Möglicherweise wollte Colonial Pipeline mit der Auszahlung auch verhindern, dass die Täter die erbeuteten Daten veröffentlichen.

US-Regierung war vermutlich eingeweiht

Das FBI rät schon seit langem vor Zahlungen an Cyber-Erpresser ab. Im Herbst hat auch das US-Finanzministerium davor gewarnt. Bei Zahlung von Lösegeld drohe sogar Gefängnis – es sei denn, die zuständige US-Behörde genehmigt den Antrag auf Lösegeldzahlungen. Das dürfte hier auch der Fall gewesen sein. Zumindest dementierte das US-Präsident Joe Biden nicht: “Ich habe keinen Kommentar dazu”, erklärte er gegenüber Bloomberg. Ein von Bloomberg angesprochener Vertreter von Colonial lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Hacker sollen dem FBI zufolge mit einer Gruppe namens DarkSide verbunden sein, die auf digitale Erpressung spezialisiert ist. Sie dürfte sich in Osteuropa, vielleicht aber auch in Russland befinden.

Washington: Drei von vier Tankstellen ohne Benzin

Die Colonial Pipeline transportiert etwa 45 Prozent aller an der Ostküste verbrauchten Kraftstoffe. Damit ist sie die größte Benzin-Pipeline in den USA. Den Betrieb hat sie nach dem  Hackerangriff schrittweise wieder aufgenommen.

Die Panikkäufen und Engpässe an Tankstellen wollen unterdessen kein Ende nehmen. Besonders schwer betroffen ist die US-Hauptstadt Washington: Dort hatten am Donnerstagabend (Ortszeit) drei von vier Tankstellen keinen Sprit mehr. Im Bundesstaat North Carolina waren 69 Prozent der Tankstellen ohne Benzin. In South Carolina, Virginia und Georgia war rund jede zweite Zapfsäule außer Betrieb. Auch andere Bundesstaaten an der Ostküste litten unter Engpässen.

Joe Biden: Nicht in "Panik" verfallen

US-Präsident Joe Biden rief die Amerikaner dazu auf, nicht in “Panik” zu verfallen. “Kaufen Sie in den nächsten Tagen nicht mehr Benzin, als Sie brauchen”. Die Versorgung werde sich bald wieder normalisieren. “Panikkäufe werden das nur hinauszögern.” Die Engpässe sollten sich bis zum Wochenende oder bis spätestens Anfang nächster Woche auflösen.