
US-Flüssiggas auf dem Weg nach Europa – und plötzlich sinken die Gaspreise
Die Europäer können aufatmen: Zehn US-amerikanische LNG-Tanker nehmen Kurs auf Europa. Sie lindern die Versorgungskrise und lassen die Gaspreise erstmals wieder einbrechen. Der Hintergrund der Aktion ist freilich ein geopolitischer Machtkampf zwischen den USA und Russland.

Seit Monaten schießen die Energiepreise in die Höhe, von einem Rekordhoch zum nächsten. Kein Wunder: Die Füllstände in den europäischen Gasspeichern befinden sich auf einem historischen Tiefstand. Doch nun, zu Weihnachten, kommen Europa in dieser Situation zehn US-Tanker mit Flüssiggas zu Hilfe, um die Energiearmut zu lindern. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Freilich: Aus Altruismus tun sie das nicht. Es geht um wirtschaftliche Interessen und Geopolitik.
Den Verbrauchern blühten bereits Gaspreiserhöhungen um 20 Prozent
Weitere 20 Schiffe sollen ebenfalls den Atlantik überqueren, ohne jedoch ihr endgültiges Ziel bekannt zu geben, berichten Marktbeobachter: “Die US-Ladungen werden dazu beitragen, die geringeren Lieferungen aus Russland, dem Hauptlieferanten Europas, auszugleichen.”
Die europäischen Gaspreise waren am Großhandelsmarkt in diesem Jahr um mehr als 700 Prozent gestiegen. Russland drosselte die Lieferungen gerade dann, als die Volkswirtschaften wieder eröffneten und damit die Nachfrage anstieg. Das Preisportal Verivox hatte den deutschen Verbrauchern für 2022 bereits Gaspreiserhöhungen um 20 Prozent vorher gesagt, zusätzlich zu einem zehnprozentigen Plus bei den Strompreisen.
Mit der Meldung aus den USA fiel die beängstigende Preisexplosion umgehend in sich zusammen, am Großhandelsmarkt sackten die Gaspreise schlagartig um zehn Prozent ab. Mindestens ein Drittel der Schiffe schickte offenbar der US-Gaskonzern Cheniere Energy von seinem Verladehafen Sabine Pass in Lousiana.
Die USA wollen Europa dazu bewegen Flüssiggas von ihnen zu kaufen
Die Menge von knapp 5 Millionen Kubikmeter LNG in diesen Schiffen würde ausreichen, den Bedarf von Deutschland, dem größten europäischen Gasverbraucher, in einem Wintermonat zu einem Drittel zu decken. Im Sommer entspricht diese Menge einem ganzen Monatsverbrauch Deutschlands.

Hintergrund der Aktion ist ein geopolitischer Machtkampf. Das Erdgas-Geschäft ist hochgradig politisiert. Die US-Regierung versucht Europa seit Jahren dazu zu bewegen, LNG-Terminals zu bauen, die den verflüssigten Brennstoff (Liquified Natural Gas, LNG) wieder gasförmig machen und ins Verbundnetz einspeisen können. Die Botschaft war: So könne sich Europa aus dem Joch russischer Energieabhängigkeit befreien.
Nun ist den USA offensichtlich ein Marketing Coup gelungen: Die Gastanker aus den USA erreichen Europa, während die großen russischen Gasspeicher nahezu leer sind. Präsident Wladimir Putin hatte mit seinen Aussagen zuvor Spekulationen angeheizt, wonach Russland den westeuropäischen Märkten zusätzliche Gaslieferungen verweigert. Der Grund: So will der Kreml die Betriebsgenehmigung der acht Milliarden Euro teuren Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 erzwingen.
Für die USA zahlt es sich schon einmal aus: Die Gas-Preise in Europa sind zurzeit 14-mal höher als in den USA.
Kommentare
Mich würde interessieren, wie die Politiker die Preiserhöhung für Verbraucher mit 20 % berechnen. Mein Gaspreis hat sich von 5 ct/kWh auf 15 ct/kWh erhöht.Das sind bei mir 200% mehr.
Bin überzeugt: In Europa würde es nie wieder Krisen geben, würden wir nur mehr amerikanische Produkte importieren.
Da sieht man wieder einmal wie bescheuert die EU bzw. D agiert. Man baute eine Gasleitung die jeden Engpass auffangen kann und nimmt sie nicht in Betrieb. Nur weil die arme Ukraine dann nichts verdient. Es geht mir eigentlich ziemlich am Allerwertesten vorbei ob die Ukraine was dagegen hat oder nicht. Man sollte NS2 endlich aktivieren.
Da kann ich Bernhard zustimmen. Ein weiteren Grund sehe ich darin, dass die USA in Europa einen besseren Preis für ihr Gas erzielen können, als in Asien. Von wegen Freiheitsgas. Sie tun es nur aus eigenem Interesse.
Kann nur euch BEIDEN zustimmen!
Sie kennen sicher den Witz vom Meister und dem Dachdecker-Lehrling, der sagt: “Recht geschieht meinem Chef, dass ich mir die Finger abfrier: hätte er mir doch Handschuhe gekauft”;-)
Ich hab diesen geschwurbelten Satz neu übersetzt:
“Die Menge von knapp 5 Millionen Kubikmeter LNG in diesen Schiffen würde ausreichen, den Bedarf von Deutschland, dem größten europäischen Gasverbraucher, in einem Wintermonat für 3,3 Tage zu decken.”
3,3 Tage (1/3des Monats, 10 Tage und nur 10 von 30 Schiffen).
Das ist nicht so viel, wie der Tenor des Satzes vermuten lässt.
Vielleicht sollten wir das Gemüseembargo gegen Russland (kein Scherz!) doch beenden?
Russland war und ist immer ein verlässlicher Lieferant, der seine Verträge einhält. Das Problem ist, dass die Amerikaner mit höheren Preisen auf den europäischen Markt eingestiegen ist und Polen teuer, aber weniger als gebraucht, von den Amis gekauft hat :
Erst vor wenigen Tagen habe ich über die Vorwürfe deutscher Medien berichtet, Gazprom würde kein Gas mehr über die Jamal-Europa-Pipeline liefern, die aus Russland über Weißrussland und Polen nach Deutschland führt. Der Grund dafür, dass über die Pipeline derzeit kein Gas in Deutschland ankommt, ist banal, denn Polen hat ein Problem, weil es auf amerikanisches Flüssiggas gesetzt und die langfristigen Lieferverträge mit Gazprom nicht verlängert hat. Das amerikanische Gas ist aber nach Asien gegangen, wo die Preise noch höher sind als in Europa. In Polen herrscht daher Gasmangel.
Polen kauft nun das Gas, das über Weißrussland kommt zu Börsenpreisen und daher kommt es nicht in Deutschland an. Mehr noch: Sogar in dem Spiegel-Artikel, an dem ich als Beispiel für die deutschen Medienberichte abgearbeitet habe, konnte man lesen:
Gas-Revers
„Am Morgen wurde an der Verdichterstation Mallnow (Brandenburg) – wie bereits an neun Tagen Anfang November – Gas in die entgegengesetzte Richtung nach Polen gepumpt.“
Gas in die entgegengesetzte Richtung zu pumpen, nennt man Revers. Deutschland hat also Gas an Polen geliefert, anstatt Gas über Polen zu erhalten. Gleichzeitig gibt es keine Meldungen, dass Russland etwaige Bestellungen aus Europa nicht bedient, Russland liefert alle Mengen, die europäische Importeure bestellen. Wenn zu wenig Gas über Weißrussland kommt, dann liegt das also daran, dass die Europäer zu wenig Gas bestellen und nun Deutschland, das ohnehin schon zu wenig Gas für den Winter hat, sein Gas nach Polen verkauft.
Gasknappheit – Ein Bombengeschäft
Diese künstliche Verknappung von Gas führt zu den hohen Börsenpreisen und damit zu den hohen Strompreisen. Wenn man jetzt noch weiß, dass die deutschen Importeure ihr Gas von Gazprom über langfristige Verträge zu einem Preis von weniger als 300 Dollar pro tausend Kubikmeter erhalten, der Börsenpreis derzeit aber bei über 2.000 Dollar liegt, dann muss man kein Genie sein, um zu verstehen, dass die Gasimporteure gerade ein Bombengeschäft machen, indem sie Gas für 300 Dollar kaufen und für über 2.000 Dollar weiterverkaufen.
Gut geschrieben
Das reicht aber bei weitem nicht aus, um den Gasverbraucher im europäischen Haushalt vor gewaltigen Preiserhöhungen zu bewahren, die ihm noch bevorstehen (Strom übrigens auch).
Beim LNG Gas geht ein Drittel der Menge für Verflüssigung, Kühlung beim Transport und Rückvergasung darauf, wenig umweltfreundlich. Außerdem betonte Präsident Putin glaubhaft, dass die Gaslieferungen nach Europa vor allem deshalb ausbleiben, weil in Russland kein Gas bestellt wird und die Jamalpipeline von Polen umgedreht verwendet wird, um Erdgas von Deutschland über Polen nach Ukraine zu verschicken. Man möchte den Amerikanern mit aller Gewalt den Markteintritt in Europa ermöglichen, dass das Gas dann um ein Mehrfaches für die Wirtschaft und die Endverbraucher teurer ist, stört die Politiker der EU Länder nicht!
Und wieder haben es die USA geschafft (“America first” – Biden ist da um nichts freundlicher) den Europäern ihre Produkte aufzuzwingen. Sobald das russische Gas verdrängt ist werden unsere Preise gleich wieder ordentlich steigen. Zudem: wo bleiben die Grünen? Fracking ist eine sehr umweltschädliche Maßnahme!