Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (45) dürfte die Situation schon hoffnungsvoller gewesen sein – zumindest spricht nun der Politikwissenschaftler Andreas Heinemann-Grüder mit dem Nachrichtenmagazin Focus über ein “schwärzestes Szenario” für Ukraine im eben begonnenen Jahr: „Dieses Szenario wäre, dass die Ukraine gänzlich die Kontrolle über die von Russland annektierten Territorien verliert. Dass die Ukraine keine Waffen, Munition und Menschen mehr hat, um sich der russischen Kriegsmaschine entgegenzustellen. Dass seine strategische Infrastruktur zerstört wird und die Bevölkerung vom Krieg so zermürbt ist, dass die Vertreter eines ,Verhandlungsfriedens um jeden Preis’ die Oberhand gewinnen.“

Und dieses Szenario werde umso wahrscheinlicher, „je näher der Wahlkampf in den USA rückt und je mehr die militärischen Bestände der Ukraine an ihre Grenzen kommen”, sagt Heinemann-Grüder: „Im düsteren Szenario streicht der US-Kongress die Mittel, der Westen verliert seine Geschlossenheit, gibt der Ukraine nicht die Waffen, die sie braucht – und die Ukraine verliert.“ Der offizielle Termin der US-Wahl: 5. November 2024.

Wolodymyr Selenskyj (45) muss hoffen, dass die US-Regierung möglichst rasch wieder die Finanzhilfe fortsetzt.

Ukraine brauche jetzt "hochpräzise Abstandswaffen"

Außerdem erklärt der Politikwissenschaftler: „Russland hat die Waffenproduktion über das Vorkriegsniveau hinaus gesteigert und kann die Sanktionen und Exportkontrollen umgehen. Auf der anderen Seite schmelzen die politischen, finanziellen und militärischen Ressourcen zur Unterstützung der Ukraine dahin.”

Es könnte aber auch noch eine positive Wende geben, meint Andreas Heinemann-Grüder gegenüber Focus: “Wenn der Westen der Ukraine die strategischen Ressourcen und hochpräzise Abstandswaffen zur Verfügung stelle, kann das Land die russischen Nachschublieferungen insbesondere auf der Krim unterbinden und die russische Armee auf ukrainischem Gebiet besiegen. Um Putin zu besiegen, muss die Ukraine in der Lage sein, militärische Gegenschläge durchzuführen. Die Ukraine hat bereits gezeigt, dass sie Russlands Kriegsmaschinerie kaltstellen kann. Eine Beendigung des Krieges ist nur denkbar, wenn Putin keine andere Wahl hat und die internationalen Sicherheitsgarantien für die Ukraine robust sind.“

Noch vor einem Jahr berichteten deutsche Massenmedien noch ganz anders über den Krieg in der Ukraine: So wurden in Stern, Merkur, Euronews und einigen anderen Medien am 10. März 2023 “britische Geheimdienstmeldungen” veröffentlicht, dass den “Russen die Raketen ausgehen” – allein in den vergangenen Tagen setzte aber bekanntlich die russische Armee 500 Raketen und Marschflugkörper gegen Ziele in der Ukraine ein.

Und am 6. März des Vorjahres verbreiteten 20 Minuten und auch österreichische News-Plattformen die Meldung, dass die russischen Soldaten wegen des akuten Munitionsmangels nun schon “mit Schaufeln kämpfen müssen”, auch dafür soll der “britische Geheimdienst” die Quelle gewesen sein.

Erst vor wenigen Tagen zerstörten russische Raketen wieder Wohnblocks in Kiew.
Das war dann nicht ganz so richtig - die Schlagzeile aus der Bild im April des Vorjahres.
Angriffe nur mit Schaufeln? Das schrieb die News-Plattform 20 Minuten im März des Vorjahres.