Der im April 2018 in Wien zu neun Jahren Haft verurteilte IS-Terrorist Lorenz K. muss sich im Herbst erneut wegen terroristischer Umtriebe im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz “Islamischer Staat” (IS) vor Geschworenen verantworten. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, bestätigte auf Anfrage entsprechende Recherchen von Puls 24 und des “Standard”. Lorenz K. soll im Gefängnis erneut Anschlagspläne im Namen des IS verfolgt haben.

Nun drohen 20 Jahre oder sogar lebenslange Haft

Die Anklage gegen den mittlerweile 24-Jährigen und einen mitangeklagten Mithäftling – die beiden lernten einander in der Justizanstalt (JA) Graz-Karlau kennen – sei bereits rechtskräftig, teilte Bacher mit: “Ein Hauptverhandlungstermin ist noch nicht ausgeschrieben.” Die Verhandlung wird nach derzeitigem Stand am Grazer Landesgericht für Strafsachen stattfinden.

Lorenz K. werden eine Fülle terroristischer Straftaten vorgeworfen: versuchte Bestimmung zum Mord, versuchte Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel sowie die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation. Bei anklagekonformer Verurteilung müsste der 24-Jährige, dessen reguläres Strafende unter Anrechnung der U-Haft und nach einer weiteren Verurteilung wegen schwerer Sachbeschädigung im Strafvollzug der 20. Oktober 2026 wäre, mit zehn bis 20 Jahren oder gar lebenslanger Haft rechnen.

Lange Verfahrensdauer wegen Komplexität der Beweise

Die Grazer Anklagebehörde hatte seit dem Sommer 2020 gegen den seit Anfang 2017 inhaftierten Lorenz K. ermittelt, der seine erneuten terroristischen Aktivitäten zunächst ab November 2019 in der JA Stein und nach seiner Verlegung nach Graz ab Jänner 2020 in der JA Karlau betrieben haben soll. Die lange Verfahrensdauer sei “der Komplexität und dem Umfang der zu beurteilenden Beweisergebnisse geschuldet”, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft.

“Nach dem langen Ermittlungsverfahren ist es fast eine Erleichterung, endlich die Gelegenheit zu erhalten, sich vor den Geschworenen, die über die Anklage entscheiden müssen, und einem Gericht zu verteidigen”, meinte der Verteidiger von Lorenz K., der Wiener Rechtsanwalt David Jodlbauer. Der 24-Jährige bestreite, in seinen Hafträumen mithilfe illegal beschaffter Mobiltelefone Terror-Pläne gewälzt zu haben. “Mein Mandant ist zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft entkräftet werden können”, erklärte Jodlbauer.

Unmittelbaren Kontakt zu anderen verurteilten Terroristen im Gefängnis

Lorenz K. genießt unter IS-Sympathisanten eine Art Kult-Status, und das nicht nur in Österreich, sondern zumindest im gesamten deutschsprachigen Raum. Obwohl er seit vielen Jahren in Haft sitzt, stuft ihn die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) weiterhin als so genannten Gefährder ein.

Er soll im Gefängnis nicht nur unmittelbaren Kontakt zu anderen verurteilten Terroristen aufgenommen und unterhalten, sondern auch Mitgefangene mit dem Gedankengut des IS vertraut gemacht bzw. in ihrer Gesinnung bestärkt haben. Einer davon war ein mehrfach vorbestrafter 33-Jähriger, der in der JA Graz-Karlau eine langjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Raubmordes verbüßt. Der nunmehr mitangeklagte 33-Jährige erhielt von Lorenz K. über WhatsApp ein IS-Propagandavideo, das dieser dann weiterverbreitet haben soll.

Mehrere Follower auf Instagram

Lorenz K. hatte als 17-Jähriger aus radikalislamistischen Beweggründen einen Bombenanschlag auf den deutschen US-Truppenstützpunkt Ramstein geplant, zudem wollte er einen damals Zwölfjährigen Ende November 2016 mit einem selbst gebauten Sprengsatz zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen anstiften. Obwohl er dafür vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu neunjähriger Haft verurteilt wurde, legte er seine dem IS verhaftete Gesinnung offenkundig nicht ab.

Der vorliegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz zufolge betätigte er sich nicht nur via Instagram als IS-Propagandist – mehrere Dutzend Anhänger hatten ihn abonniert. Lorenz K. wollte vor allem einen User, der sich Manfred U. nannte, zur Verübung eines Selbstmordattentates durch Einsatz eines Sprengsatzes an einem nicht näher bestimmten Ort in Österreich oder Deutschland bringen, wie in der Anklageschrift unter Bezugnahme auf Auswertungen von Instagram-Chats ausgeführt wird. Entsprechende Anleitungen zur Herstellung einer Bombe seien im Internet “überall” zu finden, hielt Lorenz K. fest.

"Du musst shahid (Märtyrer) werden"

Zeitgleich kommunizierte Lorenz K. mit einem weiteren IS-Anhänger, dem er unter anderem Hinrichtungsvideos des IS schickte und von dem er ebenfalls einen Selbstmordanschlag einforderte. “Die ummah (islamische Gemeinschaft, Anm.) braucht dich wo anders. Du musst shahid (Märtyrer, Anm.) werden”, ließ Lorenz K. seinen Gesprächspartner wissen. Er leitete Joel P. auch ein Bild von einer Bombe weiter, wobei er anmerkte, in der “Verpackung” sei “ein Rohr mit Nägel und Zeitzünder. Meine Bombe. Also wegen dem bin ich hier (gemeint: in Haft, Anm.)”. Die radikalen Ausführungen des 24-Jährigen gingen dem deutschen Staatsangehörigen am Ende zu weit. “Lorenz, wir müssen uns über deine Zukunft unterhalten. So geht das nicht weiter, immer die Ungläubigen zu jagen”, meinte der Mann.

Auffallend ist, dass Lorenz K. in den diversen Justizanstalten, in denen er untergebracht war, fast durchgehend über ein Handy verfügte, obwohl das an sich verboten ist. In der JA Graz-Karlau gelangte er an ein Smartphone, das in einem Laib Brot ins Gefängnis geschmuggelt wurde.