Eine verzweifelte Berufseinsteigerin, die eben das Studium beendet hat, erlebt einen Realitätsschock. Bis zur Pension soll sie nun arbeiten, immerhin fünf Tage in der Woche. Für Party, Spiel und Spaß bleibt kaum noch Zeit. Überdies will ihr ein Arbeitgeber „nur“ 30 Tage Urlaub gönnen – was immerhin sechs Wochen Ferien im Jahr entspricht. Das sind fast eineinhalb Monate.

Völlig aufgelöst fragt sich die junge Deutsche in einem Video, welchen Sinn dann noch das Leben haben soll, bei so viel Arbeit. Ihr Clip geht viral – und löst bei unzähligen Usern auf Social Media fassungsloses Staunen aus. Sie fragen sich, was für eine Generation hier herangewachsen ist. Nach sinkenden Leistungsansprüchen und drei Jahren Corona lautet die Devise anscheinend: Lifebalance ist alles, mit Teilzeit und Home Office kommen wir schon durch.

Nervenzusammenbruch über Job-Angebot von 36.000 Brutto-Jahreslohn

Heulend erklärt die Job-Anfängerin zu Beginn ihres Videos: „Ich hatte gerade den größten Nervenzusammenbruch ever, weil ich auf Jobsuche bin.“ Was sie hier erlebt, schockiert sie. „Für was (korrekt wäre „wofür“) bin ich in die Schule gegangen, habe mein Abi gemacht, habe studiert? Ich habe mein Studentenkredit aufgenommen, damit ich studieren kann, weil mir nonstop gesagt wurde, du musst studieren, weil dann findest du einen Job, der besser bezahlt ist.“

Mit verzweifeltem Lachen fährt sie fort: „Da sind Leute, die wollen dir 36.000 Euro brutto im Jahr geben als Vollzeitangestellte.“ Das entspricht in Deutschland in der Regel einem monatlichen Netto-Lohn von immerhin 2041 Euro – als Einstiegsgehalt. Damit könnte man ja einmal anfangen. (In Österreich wäre der Netto-Lohn geringer, allerdings würde er 14 mal statt nur 12 mal im Jahr ausgezahlt werden.)

„Ich weiß wirklich nicht, wie man überleben soll“

Dann erklärt die junge Frau tränenaufgelöst. „Aber du kriegst auch 30 Tage im Jahr Urlaub.“ Sie kann es nicht glauben. „30 Tage! Das Schlimmste ist, die 30 Tage sind ja noch viel im Jahr.“ Das stimmt. Standard sind eigentlich 25 Tage, vor allem für Berufseinsteiger.

Für die junge Job-Anfängerin ist das schlicht zu viel. „Wir reden hier von einem ganzen Jahr. Ich weiß wirklich nicht, wie man überleben soll. Mittlerweile ist ja Standard, dass zwei Leute in einem Haushalt Vollzeit arbeiten. Das bedeutet keine Freizeit. Man sieht sich nicht mal, weil man nur arbeiten geht.“

Arbeit auch am Wochenende – wegen Haushaus, Einkauf, Freunden

Dass man nur fünf Tage die Woche arbeiten muss, überzeugt die Frau nicht: „Und am Wochenende hast du ja frei. Hast du frei? Hast du wirklich frei? Weil ich nicht, sage ich ehrlich, auf mich wartet dann ein Haushalt, auf mich wartet dann ein Einkauf, auf mich warten dann irgendwelche Freunde (!), die mich auch mal wiedersehen wollen, für die ich eigentlich gar keine Erinnerung mehr habe, weil ich keine Zeit mehr habe. Und dann fängt alles wieder von vorne an.“

Auf X (Twitter) können manche gar nicht glauben, was sie da sehen, und fragen sich, ob das echt ist. Einzelne User zeigen Verständnis.

Vor ein paar Generationen wäre eine 40-Stunden-Woche ein Traum gewesen

Ein kurzer Exkurs zum Ende: In ärmeren Ländern ist eine Sechs-Tage-Woche völlig normal. Mit weniger kommen die Menschen dort auch nicht über die Runden. Viele arbeiten in der Landwirtschaft unter schwersten Bedingungen. Auch im aufstrebenden Indien ist eine Sechs-Tage-Woche zulässig und üblich.

In früheren Zeiten war das auch in Europa so. Vor der Industrialisierung arbeiteten 90 Prozent der Europäer im Agrarbereich und hausten unter slumähnlichen Zuständen. Die ländliche Idylle, an die viele heute denken, die kam erst später dank dem wachsenden Wohlstand. Nach und nach, über viele Jahre hinweg, sank die wöchentliche Arbeitszeit auf zuletzt rund 40 Stunden. Ermöglicht wurde das nur durch wachsende Produktivität – zum Glück! Die Lebensqualität ist damit merklich gestiegen.

Doch solche Videos werfen eine Frage auf: Könnte es sein, dass Gesellschaften irgendwann den angehäuften Wohlstand nur noch genießen wollen, anstatt ihn zu erhalten und weiter aufzubauen? Was dann passiert und wie das ausgeht, das hat uns schon das untergegangene Römische Reich vorgezeigt.