Der DFB will vor der Heim-Europameisterschaft alle politischen Themen ausblenden. Während der Weltmeisterschaft in Katar ist es der deutschen Nationalmannschaft nicht gelungen, den Fokus auf die sportlichen Resultate zu legen. Stattdessen musste man sich mit Themen wie Toleranz, Vielfalt und Offenheit außeinandersetzen. In negativer Erinnerung bleibt aus deutscher Sicht die Diskussion um die One-Love-Binde.

Das soll bei der Heim-EM 2024 anders werden. Im Interview mit dem “kicker” meinte Rudi Völler: “Druck gehört generell einfach auch dazu, aber allen muss bewusst sein: Wir spielen Fußball. Wir sind dafür da, den Menschen in unserem Land Freude zu bereiten, Leichtigkeit zu vermitteln. Und das hoffentlich vier Wochen lang.”

Völler sieht Argentinien als Vorbild

Laut dem DFB-Sportdirektor müssen es die Nationalspieler als Privileg wahrnehmen, “eine EM im eigenen Land spielen zu dürfen.” Völler gab jedoch zu bedenken, dass die Erwartungshaltung “nicht zu einer Belastung werden” dürfe, wie es zuletzt eben in Katar der Fall gewesen ist. “Bei aller Wichtigkeit solch eines Heim-Turniers: Der Druck darf nicht ins Immense steigen. Am Ende ist es nur Fußball, das musst du den jungen Spielern mitgeben,” meinte Völler.

Völler nannte dabei Argentinien als Vorbild. “Teamgeist und Euphorie sind ungeheuer wichtig, das haben doch auch die Argentinier in Katar wunderbar bewiesen. Die hatten die paar Prozent mehr, die uns, aber auch ein paar anderen Ländern bei dieser WM fehlten,” weiß Völler. Die DFB-Auswahl zeigte zuletzt gegen Frankreich, wie es funktionieren könnte. “Wir haben Frankreich ja nicht an die Wand gespielt, aber die Mannschaft hat sich reingehauen wie in ein gefühltes K.o.-Duell, sie hat jeden Zweikampf angenommen und sich zerrissen. Das wollen die Menschen sehen,” analysierte der DFB-Sportdirektor und fügte hinzu: “Man hatte das Gefühl, dass es sich für die Fans wie eine Befreiung anfühlte und der berühmte Funke übergesprungen war.”

"Wäre nicht die beste Lösung gewesen"

Völler äußerte sich zudem auch darüber, ob er anstellte von Julian Nagelsmann Nachfolger von Hansi Flick hätte werden können. “Wenn ich nach dem Sieg gegen Frankreich ein Zeichen zum Weitermachen gegeben hätte, wäre das vielleicht möglich gewesen,” sagte Völler. Nachdem man sich von Hansi Flick getrennt hat, ist Rudi Völler gegen Frankreich einmalig eingesprungen, ehe er an Julian Nagelsmann übergeben hat.

Der DFB-Direktor meinte ehrlich: “Ich bin ehrlich zu mir selbst: Ich wäre nicht die beste Lösung gewesen. Die beste Lösung ist Julian.” Völler war von 2000 bis 2004 Bundestrainer. Allerdings gab Völler zu bedenken: “Nur weil es gegen Frankreich gut lief zu sagen, jetzt machen wir weiter, wäre gegen meine Überzeugung gewesen.”