Andere Volkswirte sehen einer dpa-Umfrage zufolge die Auswirkungen etwas milder, die Konjunktur aber immer noch deutlich auf Talfahrt. “Der Konjunkturabschwung wird auch am Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen”, sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW.

Vor allem die privaten Haushalte und ihre Kaufkraft müssen schwer Federn lassen. “Durch die hohe Inflation hat sich die Finanzlage der privaten Haushalte seit Jahresbeginn erheblich verschlechtert”, kommentierte Köhler-Geib. “Im zweiten Quartal waren die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nach Abzug der Inflationsrate 1,9 Prozent niedriger als im Vorjahresquartal. Im zweiten Halbjahr werden die Realeinkommen voraussichtlich weiter sinken”, sagte sie.

Enormer Anstieg bei Insolvenzen erwartet

Deutsche-Bank-Volkswirt Schattenberg glaubt, dass die wirklich großen Probleme erst im ersten und zweiten Quartal des nächsten Jahres auf Deutschland zurollen werden. Wenn die vor dem Winter nun gut gefüllten Gasspeicher geleert seien und Gas im großen Stil zum Wiederauffüllen gekauft werden müsse, werde der Preis weiter steigen. Gleichzeitig würden die mit dem Jahreswechsel häufig neu abzuschließenden Stadtwerke-Verträge den privaten Gaskunden kräftige Löcher in die Taschen fressen.

Die Volkswirte erwarten, dass es im Zuge der Energiepreiskrise auch zu mehr Insolvenzen kommt – vor allem bei kleineren Unternehmen mit hohem Anteil an Energiekosten. Auch der Export werde leiden, weil die Handelspartner im Ausland ebenfalls Kaufkraftverluste hinnehmen müssten, sagte Köhler-Geib. In diesem Zusammenhang plädierten die Fachleute auch für gemäßigte Lohnabschlüsse bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen. “Das Argument der vollen Auftragsbücher wird an Kraft verlieren”, sagte Schattenberg. Und Grimm betonte: “Die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ist aufgrund des Fachkräftemangels groß. Andererseits stehen viele Unternehmen unter Druck. Es bleibt abzuwarten, was das für die Abschlüsse bedeutet.”