Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch lässt aufhorchen. Auf einmal rückt er von seiner früheren Position ab und äußert nun erstmals Kritik an der Impfpflicht – allerdings mit fast zwei Jahren Verspätung. Am 10. November hatte der damalige Kurzzeit-Kanzler Alexander Schallenberg diese Maßnahme angekündigt und dazu erklärt: “Wenn sich Situation nicht ändert, wird es einen Lockdown für Ungeimpfte geben”, schloss aber gleichzeitig einen Lockdown für Geimpfte aus. Auf einmal sieht das auch Wenisch kritisch. In der ORF-Sendung “Bei Budgen” am Samstagabend äußerte er, dass er im Nachhinein laut dagegen hätte aufschreien sollen.

In der kurzen Zeit von Schallenbergs Kanzlerschaft fiel die verhängnisvolle und weitreichende Entscheidung, eine Impfpflicht einzuführen.APA/HERBERT NEUBAUER

"Hätte mich gegen Impfpflicht wehren sollen"

Der Infektiologe räumt nun ein: “Ich glaube, dass ich mich mehr noch gegen die Impfpflicht wehren hätte sollen”. Die Impfung bewirke keine sterilisierende Immunität. Die Übertragung des Virus könne daher nicht vollständig blockiert werden. Er hätte diese Botschaft klarer kommunizieren müssen: “Mir tut das sehr leid, dass man hier nicht alle Register gezogen hat, diesen Irrweg, der kurzzeitig gewesen ist und der uns jetzt nachhängt, dass wir uns den erspart hätten.”

Infektiologe Wenisch bei einer Pressekonferenz am 30. Oktober 2021, kurz vor Ankündigung der ImpfpflichtAPA/GEORG HOCHMUTH

Trotz seiner Kritik an der Impfpflicht werde er sich im Herbst eine Auffrischungsimpfung holen, sagt Wenisch, weil er zum Gesundheitspersonal gehört. Personen aus der Risikogruppe empfahl er ebenfalls, sich impfen zu lassen. Anderen ließ er die Entscheidung offen: “wenn sie wollen”. Wenn man wisse, dass die Corona-Infektion bei einem selbst nur “ein Halskratzen” verursache, dann könne man sich “die Impfung schenken”, erklärte Wenisch.

Schallenberg damals an Ungeimpfte: Tragen hohe Verantwortung für Mitmenschen

Ex-Kanzler Schallenberg – nun wieder als Außenminister im Amt – hatte im Herbst 2021 erklärt: “Es muss den ungeimpften Menschen in diesem Land klar sein, dass eine große Verantwortung auf ihren Schultern lastet: eine Verantwortung nicht nur für ihre eigene Gesundheit, sondern auch für die Gesundheit ihrer Mitmenschen, ihrer Familien, ihrer Arbeitskollegen.” Er werde alles tun, damit das Gesundheitssystem nicht wegen der vielen “Zauderer und Zögerer” ans Limit komme. Österreich komme “ohne Not unter Umständen in eine vierte Welle der Ungeschützten und Ungeimpften. Es muss uns allen klar sein: Die Impfung ist der einzige Wellenbrecher, den wir haben.”