Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den über den Dieselskandal gestürzten VW-Chef Martin Winterkorn erhoben. Winterkorn hatte bei der Anhörung im Untersuchungsausschuss bestritten, vor Bekanntwerden des Dieselskandals im September 2015 von den Manipulationen gewusst zu haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin habe jedoch Beweise, wonach Winterkorn bereits im Mai 2015 von der illegalen Abschalteinrichtung erfahren haben soll. Diese Thematik sei auch Besprechungsgegenstand des sogenannten “Schadenstisches” im Juli 2015 gewesen.

VW stellt Schadensersatzansprüche

Winterkorn muss sich auch vor dem Landgericht Braunschweig wegen des Dieselskandals verantworten. Der Diesel-Betrugsprozess soll im September losgehen. Insgesamt sind mehr als 130 Verhandlungstage angesetzt. Das Gericht hatte fünf Jahre nach dem Auffliegen der Manipulation von Diesel-Abgaswerten bei Volkswagen zwei Anklagen gegen den damaligen Konzernchef und weitere Manager zugelassen. Das Strafverfahren wegen Marktmanipulation hatte das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil die zu erwartende Strafe in diesem Fall geringer sei als im Strafverfahren im Dieselprozess. Den Vorwurf des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs hat Winterkorn zurückgewiesen.

288 Millionen Euro Schadensersatz für Volkswagen

Mit dem rechtlichen Nachspiel ist es allerdings nicht getan. So muss Winterkorn die Rekordsumme von 11,2 Millionen Euro an den VW-Konzern zahlen. Auch andere Manager werden zur Kasse gebeten. Auf Ex-Audi-Chef Rupert Stadler entfallen 4,1 Millionen Euro, die ehemaligen Entwicklungsvorstände von Audi und Porsche, Stefan Knirsch und Wolfgang Hatz, hätten sich bereit erklärt, eine Million beziehungsweise 1,5 Mio. Euro zu zahlen. Lediglich der frühere Audi-Technikvorstand Ulrich Hackenberg nicht zu einer Einigung bereit gewesen. Gegen ihn will Volkswagen nun gerichtliche Schritte einleiten.

270 Millionen Euro erhält Volkswagen außerdem von der Haftpflichtversicherung (D&O), die der Konzern für sein Top-Management abgeschlossen hat. Der Aufsichtsrat hatte bereits am Wochenende wesentliche Eckpunkte des Vergleichs fixiert. Über den Anteil des aus mehr als 30 Versicherungen bestehenden Konsortiums an den Kosten war bis zuletzt gerungen worden. Die vereinbarte Summe ist die mit Abstand höchste, die ein solches Konsortium bisher gezahlt hat.

In dem mit Milliardenaufwand aufgearbeiteten Dieselskandal fließen dem Konzern damit nun insgesamt 287,8 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen zu. Ursprünglich war Winterkorn ein Schaden von mehr als einer Milliarde Euro zugerechnet worden. Bei Stadler kamen die VW-Anwälte auf mehrere hundert Millionen Euro. Den Vergleich müssen noch die Aktionäre auf ihrer Hauptversammlung am 22. Juli absegnen. (APA/red)