„Sollte es zu Ausfällen bei der Düngemittelherstellung kommen, wären ab 2023 deutlich geringere Ernten vorprogrammiert“, sagt der Präsident des Deutschen Bauernverband (DBV), Joachim Rukwied. Im Gegensatz zum Öl und zum Getreide selbst, hat Deutschland keine Notreserve für Getreidedünger angelegt. Ähnlich wird sich die Situation in Österreich verhalten. Dies könnte sich nun rächen.

"Bio" bringt Sri Lanka in Bedrängnis

Wie elementar wichtig Kunstdünger ist, zeigt ein Blick nach Sri Lanka. Der asiatische Inselstaat war kürzlich in eine schwere Wirtschaftskrise gerutscht, nachdem das Projekt, die Landwirtschaft komplett auf „Bio“ umzustellen, gescheitert war. Mittlerweile gelingt es dem 22-Millionen-Einwohner-Land nicht einmal mehr, die eigene Lebensmittelversorgung zu decken.

Dilemma: Kunstdünger kommt aus Russland, die Alternativproduktion benötigt russisches Gas

Ähnliches droht nun auch in Europa und anderen Teilen der Welt. „2023 werden wir eine der größten Hungersnöte der Menschheitsgeschichte erleben“, prognostiziert etwa Matthias Berninger in der „Welt“. Der frühere Parlamentarische Staatssekretär im deutschen Landwirtschaftsministerium ist heute für den Konzern Bayer tätig. Das Unternehmen selbst produziert zwar keine Düngemittel, versorgt aber Landwirte weltweit mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln – und kennt deshalb die Branche sehr gut.

Russlands Krieg nicht alleiniger Auslöser

Brisant: Bereits vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges war die Versorgungslage mit Dünger in der Landwirtschaft angespannt. Probleme in den globalen Lieferketten und das deutlich teurere Erdgas haben die Preise für Kunstdünger seit längerer Zeit in die Höhe getrieben. Seit der brutalen Russland-Invasion in der Ukraine sind die Preise regelrecht explodiert: Rund 1700 Dollar kostet die Tonne Stickstoffdünger mittlerweile Das ist der höchste Preis aller Zeiten. Branchen-Usus waren Kosten von 200 bis 300 Dollar pro Tonne – über Jahre.

Bayer-Experte Berninger sieht schwarz für die WeltwirtschaftBayer AG

Brisante Abhängigkeit von russischem Gas und Dünger

Problem: Russland und Weißrussland sind für ein Drittel der weltweiten Kunststoffdünger-Exporte verantwortlich. Alternative Produzenten würden vor allem eines brauchen – und hier beginnt der Teufelskreislauf: Russisches Gas!  „Wir brauchen einen Masterplan für diese Krise. Dazu gehört eine nationale Düngerreserve und eine europäische oder sogar weltweite Lösung“, warnt Bayer-Experte Berninger deshalb eindringlich.