Augenzeugen und Aufnahmen bezeugen: Jewgeni Prigoschin hat Samstagabend das Hauptquartier von Russlands südlichem Militärbezirk in Rostow verlassen – gemeinsam mit weiteren Wagner-Söldnern. Wie viele Kämpfer dem rebellischen Wagner-Boss nach Weißrussland folgen, ist zurzeit nicht sicher. Dass er allein nach Minsk zieht, darf bezweifelt werden – und genau das beunruhigt westliche Militär-Experten.

Der Leiter der Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, verlässt am 24. Juni 2023 das Hauptquartier des Militärbezirks Süd in Rostow am Don.Stringer/Anadolu Agency via Getty Images

Ex-General warnt vor Aufbau einer „effektiven Streitmacht“ in Weißrussland

Der britische Ex-General Richard Dannatt warnt vor einem Angriff der Privatarmee Wagner auf die Ukraine aus Weißrussland, falls viele Söldner ihrem Chef Jewgeni Prigoschin ins Exil folgen. Dass rebellische Söldner-Chef nach Ende des Aufstands gegen den Kreml nach Weißrussland zieht, sei Anlass zur Sorge, meinte Dannatt gegenüber Sky News.

In Weißrussland könnte Prigoschin eine „effektive Streitmacht“ um sich sammeln. Das wäre eine neue Bedrohung, sagte der Ex-General. Russland führt seit 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Wagner-Söldner gehörten zu den wichtigsten Truppen.

Der Chef der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat in den vergangenen Wochen Russlands Militärspitze immer aggressiver attackiert.APA/AFP/@concordgroup_official/TELEGRAM/Foto von Handout

Vieles ist zurzeit unklar: Bisher gibt es noch keine Berichte über die Ankunft Jewgeni Prigoschins in Weißrussland. Der Wagner-Chef selbst schweigt, seit der Kreml bekannt gegeben hat, dass er seinen Marsch nach Moskau beenden und Russland verlassen wird.

Ukraine muss ihre Flanke genau beobachten

„Obwohl es den Anschein macht, dass diese Angelegenheit abgeschlossen ist, denke ich, dass sie alles andere als das ist und dass die Nachbeben noch eine ganze Weile zu spüren sein werden“, meinte der Ex-General darüber hinaus.

Die Ukraine müsse „ihre Flanke genau beobachten und sichergehen, dass sie über einige manövrierfähige Einheiten verfügen, damit sie einen erneuten Angriff aus Richtung Weißrussland abwehren können“, so Dannatt.

In Moskau weiß man die Vermittlungen des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko (r.) am Samstag sehr zu schätzen. Im Bild: Lukaschenko und Putin (l.) betreten am 25. Mai 2023 den Saal beim Obersten Eurasischen Wirtschaftsrat im Großen Kremlpalast am 25. Mai 2023 in Moskau.Contributor/Getty Images

Lukaschenko ist seit 20 Jahren mit Prigoschin befreundet

Lukaschenko soll aufgrund seiner langjährigen Bekanntschaft mit Prigoschin vermittelt haben, heißt es aus Moskau. Der weißrussische Präsident kennt den Gründer der privaten Wagner-Armee seit etwa 20 Jahren, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow gegenüber Reportern. Deshalb sei es such Lukaschenko selbst gewesen, der sich als Vermittler angeboten habe, was er danach mit Präsident Putin abgestimmt habe.

Putins Pressesprecher unterstrich: Der 24. Juni sei ein „ziemlich schwieriger Tag“ gewesen. Doch am Ende sei es möglich gewesen, die Situation ohne weitere Verluste und ohne Eskalation zu lösen. Moskau schätze Lukaschenkos Vermittlungsbemühungen sehr.