Als am 12. April der islamische Fastenmonat Ramadan begonnen hat, stieg bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Nervosität. Aus Erfahrung mit bisherigen Impfkampagnen weiß sie: Zahlreiche Muslime weltweit wollen sich in dieser Zeit lieber nicht impfen lassen, aus Angst, die Fastengebote zu brechen. Gegenteilige Erklärungen islamischer Gelehrter, denen zufolge Impfungen sogar gottgefällig sind, können das nicht ändern. Berichte über solche Fälle gibt es mittlerweile auch in Österreich.

Fastengebote sorgen Jahr für Jahr für Diskussionsstoff

Während des Fastenmonats Ramadan dürfen Muslime von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts essen und trinken, und ebenso sollen sie auf Zigaretten und Sexualität verzichten. Ob auch die Einnahme von Medikamenten, sowie Kaugummikauen oder sogar Zähneputzen gegen das Fastengebot verstoßen, sorgt jedes Jahr von neuem für Debatten. Heuer wurden diese Diskussionen um ein weiteres, höchst aktuelles Thema bereichert: Tests und Impfungen während der Corona-Pandemie.

Auch österreichische Muslime wollen mit einer Schutzimpfung bis zum 12. Mai lieber warten, denn an diesem Tag endet in diesem Jahr der Ramadan. Einige wollen in dieser Zeit auch auf Tests am liebsten ganz verzichten. Das berichtet die Zeitung “Heute” angesichts von bekanntgewordenen Fällen in Tirol.

Offizielle Klarstellungen reichen nicht

Demnach haben viele gläubige Muslime wegen Ramadan bereits Bedenken gegen Corona-Tests und Impfungen vorgebracht, wie Tirol am Mittwoch im Krisenstab des Bundes erklärte. Zwar hat die offizielle Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) auf Aufklärung gesetzt und die Broschüre “Sicher durch den Ramadan” erstellt, der zufolge Corona-Test und Schutzimpfung das Fasten nicht brechen. Nur kann sie damit offensichtlich nicht alle Muslime überzeugen.

Gegenteiligen Aussagen anderer Persönlichkeiten innerhalb der Glaubensgemeinschaft wird zum Teil mehr Glauben geschenkt als offiziellen Empfehlungen, berichtet Tirol. Deshalb fordert das Bundesland noch weitergehende Maßnahmen, um muslimische Gläubige zu überzeugen.

Auch in islamischen Ländern ein Thema

Der Impfstoff sei kein Nahrungsmittel, weshalb Impfen im Ramadan kein Problem sei, erklärte der Groß-Mufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdulaziz al Ascheiki. Die Religionsbehörden in der Türkei, Indonesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Tunesien teilen seine Ansicht. Doch auch ihnen folgen Gläubige oft nicht.

Die Medizin-Zeitschrift “The Lancet” etwa berichtete von einer Studie zur Ebola-Epidemie in Westafrika vor fünf Jahren. Damals erklärten dort vier von fünf Gelehrten, eine Impfung im Ramadan sei gottgefällig. Dennoch wurden Impfungen in dieser Zeit von nur 40 Prozent der Menschen akzeptiert. Neue Wege beschritt daher Indonesien, es ist mit 220 Millionen Menschen das bevölkerungsreichste islamische Land. Es erklärte, vor allem nach Sonnenuntergang impfen zu lassen, um das Misstrauen gegen Impfungen an Fasten-Tagen abzubauen.