Verschwörungstheorien über Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Impfung kursieren zurzeit im Internet, und nicht nur dort. Anstatt die vielen Fake News zu zensurieren erscheint es als sinnvoller, ihnen mit belegten Daten und Fakten zu begegnen. Solche Fakten könnten dann auch von unabhängigen Wissenschaftlern ausgewertet werden. Doch hier sind wir an einem Kernproblem angelangt: Die offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums sind weitgehend ungenügend.

Fallzahlen aus Spitälern verraten nichts über Impfung

Bis heute werden die Fall-Zahlen aus den Spitälern ohne Bekanntgabe des jeweiligen Impfstatus geliefert. Die Wirksamkeit der Impfung in Hinblick auf schwere Erkrankungen kann damit nicht eingeschätzt werden. Dem renommierten österreichischen Statistiker Erich Neuwirth platzte schon im August der Kragen: “Welche Daten öffentlich verfügbar sind – und in welcher Form – ist eine Zumutung für Bürger, die den Entscheidungsprozess der Politik verstehen und nachvollziehen wollen.” Ein paar Monate später hat sich daran noch immer nichts geändert, dafür wird viel über Fake News geklagt.

In den Bundesländern scheint man sich des Problems bis heute nicht bewusst zu sein. Von dort kommen aber die Spitalsmeldungen. Doch auch im Gesundheitsministerium besteht anscheinend kein Problembewusstsein dafür: “Ich kann eine Epidemie wie eine diesige in Wahrheit nur im Nachhinein aufarbeiten”, erklärte zu Beginn der Corona-Pandemie der dortige Sonderbeauftragter für Gesundheit Clemens M. Auer. “Im Nachhinein werden alle Daten vorhanden sein bzw. sind auch alle Daten vorhanden.” Auer löste damit Kopfschütteln aus: Er zeigte damit kein Interesse an laufenden Auswertungen. Weder der jetzige noch der vorige Gesundheitsminister haben sich von diesen Aussagen distanziert.

Der Sonderbeauftragte des Gesundheitsministeriums Clemens Martin Auer sorgte gleich zu Beginn der Pandemie für Stirnerunzeln.APA/ROBERT JAEGER

Keine Grundlage für eigene Auswertungen

Für die Covid-Fälle gibt es in Österreich drei unterschiedliche Quellen – die unterschiedliche, leicht abweichende Daten liefern: Das epidemiologische Meldesystem EMS, die vom Innenministerium bekannt gegebenen Zahlen – gestützt auf die Meldungen der Bundesländer bei der Morgenkonferenz des Krisenstabes – und die Zahlen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, kurz Ages. Die Verlässlichkeit und Aussagekräftigkeit der Zahlen sollen darüber hinaus – was man so hört – je nach Bundesland stark divergieren. Unstimmigkeiten gab es zuletzt in etwa in Salzburg. Österreichs Föderalismus und Gesundheitssystem scheinen … verbesserungsbedürftig.

Skepsis klingt bei manchen Statistikern auch betreffend die Impfzahlen der Ages durch. Was fertig vorgelegte Auswertungen betrifft, erklärte Neuwirth ebenfalls schon im August: “Ich möchte nicht darauf angewiesen sein, dass irgendeine Institution da irgendwann einmal auf die Idee kommt, das entsprechend auszuwerten. Ich möchte diese Daten täglich, damit ich sie selbst auswerten kann.”

Umfassender Bericht in Deutschland

Hilfreich wäre es schon, wenn das Gesundheitsministerium die verfügbaren Erkenntnisse, vor allem betreffend die Wirksamkeit der Impfstoffe, öffentlich und transparent zugänglich machen würde. In Deutschland listete etwa jüngst ein Bericht des Robert Koch Instituts auf, wie viele der vollständig Geimpften sich seit Jahresbeginn mit dem Virus infiziert haben. Ergebnis: Es gab 145.185 Impfdurchbrüche bei 55.566.259 vollständig geimpften Personen. Das entspricht 0,26 Prozent der insgesamt Geimpften. Aufgeschlüsselt wurde darüber hinaus auch noch, mit welchen Impfstoffen sich die Covid-Patienten geimpft hatten. Und: Der Anteil an Geimpften wurde nicht nur bei den Infektionen, sondern auch bei den Hospitalisierungen, Intensivpatienten und Sterbefällen bekanntgegeben, und das auch noch in allen Altersgruppen. Die Zahlen in einer Altersgruppe sorgten dabei für Diskussionen:

In der Topbar befindet sich eine der Duplikationsmöglichkeiten

Bei der Generation 60+ (siehe Grafik oben) sind immerhin 45 Prozent in den Spitälern vollständig geimpft. Das sorgte bei einigen für Irritation. Jene, die der Impfung keine oder nur eine geringe Wirksamkeit zusprechen, sahen sich bestätigt. Die Zahl ist jedoch weit weniger hoch, wenn man die hohe Impfrate in dieser Altersgruppe berücksichtigt. Sie beträgt nämlich 91 Prozent.

Dass die Zahl der Impfdurchbrüche mit der Zeit zunehmen, ist dem Robert Koch Institut zufolge “erwartbar”, weil “generell immer mehr Menschen geimpft sind und sich Sars-CoV-2 derzeit wieder vermehrt ausbreitet. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen.”