40 Überstunden im Monat, also zehn pro Woche seien “absolut üblich”, in allen Wiener Spitälern würden Ärztestellen unbesetzt sein, das ganze Gesundheitssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch – so schildert Dr. Christian Ciochirca, Anästhesist im Krankenhaus Hietzing, im Interview mit eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt schonungslos die Situation in den österreichischen Spitälern.

Der Wiener Mediziner wirkt bereits frustriert: “Wir haben oft gewarnt. Doch es wird nicht besser. Im Gegenteil.” Und Dr. Ciochirca berichtet davon, dass Chirurgen und Anästhesisten bereits “wie Fremdenlegionäre” an andere Spitäler verliehen werden, um dort bei den schlimmsten Personalengpässen auszuhelfen – obwohl ohnehin schon Dutzende Überstunden im eigenen Krankenhaus anfallen.

Anästhesist Dr. Christian Ciochirca im exxpressTV-Studio im Talk mit eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt.

Scharfe Kritik an den Gesundheitspolitikern

Der langjährige Mediziner sieht eine langfristige Entwicklung, die zu dieser jetzt untragbaren Situation geführt haben soll: Das Arbeitszeitgesetz wurde verändert, dazu gab’s immer zu wenige junge Mediziner, die nachrückten. Während der Corona-Pandemie konnte das massive Problem noch vertuscht, noch auf die Virus-Erkrankungen geschoben werden. Aber jetzt zeigt sich: Es ist ein Strukturproblem, das die Politik nicht beheben konnte oder wollte.

Der Wiener Mediziner ist deshalb auch nicht gut auf den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zu sprechen: “Der erklärt tatsächlich uns Ärzten, dass er es besser könnte, einen Dienstplan zu erstellen.” Das sei arrogant und unnötig, meint Dr. Christian Ciochirca: Die Politik sollte lieber dafür sorgen, dass eine ausreichend große Zahl an jungen Ärzten endlich in den Spitälern beginnen kann.

Und noch ein Punkt nervt den Arzt und seine Mediziner-Kollegen: “Wenn ich meinen Urlaub nicht aufbrauchen kann, weil ich als Idealist eben noch dabei mithelfen will, dass das System doch noch nicht zusammenbricht, dann kassiert das Finanzamt die Hälfte des Auszahlungsbetrags – warum soll eigentlich der Staat von meinem Urlaub, den ich nicht aufbrauche, so massiv profitieren?”

Den Ärzte-Streik hält Dr. Ciochirca übrigens für nicht so sinnvoll: “Das sind punktuelle Aktionen, das bringt nicht viel. Vielmehr müsste die Ärztekammer einmal damit beginnen, uns Mediziner wirklich zu vertreten und die Gesundheitspolitiker unter Druck setzen.” Aktuell sei es absehbar, dass die Behandlung der Spitalspatienten unter den schlechten Rahmenbedingungen stark leiden wird.

Will den Ärzten bei der Dienst-Planung helfen und sorgte damit für Kritik: Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ)