Ein Teil von Marlene Engelhorns Vermögen fließt in ein Gremium. Es soll darüber entscheiden, was mit Engelhorns 25 Millionen Euro geschieht. Sie selbst habe dabei keinerlei Mitsprache. Damit also beschlossen wird, was mit der Erbschaft gemacht wird, gibt die Millionenerbin ihr Geld erstmals für einen Bürgerrat aus. Das Gremium nennt sich „Guter Rat für Rückverteilung“ – und guter Rat ist bekanntlich teuer.

10.000 Personen zu Bürgerrat eingeladen

Nun geht das Gremium an den Start. 10.000 Einladungsbriefe werden dieser Tage versandt. Aus diesen zufällig Ausgewählten sollen in einem zweistufigen Verfahren 50 Personen und 15 Ersatzmitglieder repräsentativ für die Menschen über 16 Jahren in Österreich ausgewählt werden, berichtete Christoph Hofinger vom Foresight Institut (vormals Sora).

Christoph Hofinger vom Foresight Institut und Millionen-Erbin Marlene EngelhornAPA/ROLAND SCHLAGER

Von März bis Juni soll dieser „Gute Rat“ dann – begleitet von einem Moderatorenteam und Experten – Ideen für den Umgang mit der Vermögensverteilung entwickeln und über die Rückverteilung der 25 Millionen Euro entscheiden. Getagt wird an sechs Wochenenden in Salzburg. Auch das wird etwas kosten: Pro Wochenende gibt es 1200 Euro Aufwandsentschädigung pro Person.

Engelhorn freut sich, Macht abzugeben

Dass sie diesen Weg gewählt habe und das Geld nicht einfach selbst verteilt, hat laut Engelhorn einen guten Grund: Es wäre dann weiter ihre Entscheidung, und die Macht bliebe bei ihr. Und: Verfassungswidrige, lebensfeindliche, menschenverachtende und profitorientierte Zwecke seien ausgeschlossen.

Guter Rat ist teuer: Engelhorn (Bild) finanziert ein Gremium, das über ihr Erbe berät.APA/ROLAND SCHLAGER

Mit einem Bürgerrat bitte sie ganz normale Menschen, eine Entscheidung zu treffen, ohne sie dabei allein zu lassen: „Dieses Vertrauen ist mir wichtiger, als die Macht bei mir zu bunkern.“ Der Bürgerrat sei nach dem Vorbild etwa des Klimarats von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) entstanden: „Wenn man auf die Menschen hört, kommen wirklich unglaubliche Dinge dabei heraus.“

Mit dem Geld, das ihr übrig bleibe, wolle sie die Übergangszeit finanzieren, sagte Engelhorn, bis sie dann selbst ins Erwerbsleben einsteige. Angst, dass sie diese Lebensentscheidung später bereuen könnte, habe sie nicht; vielmehr freue sie sich, diese Macht abzugeben. „Wenn überreiche Menschen die Welt retten wollten, dann hätten sie es gemacht“, erteilte Engelhorn auch der Idee philanthropischer Millionäre eine Absage.

Lob von Arbeiterkammer und Grünen

Marlene Engelhorn erbt von ihrer Großmutter Traudl Engelhorn-Vechiatto einen zweistelligen Millionenbetrag. Sie hatte vor drei Jahren angekündigt, mindestens 90 Prozent rückzuverteilen. Ihre Großmutter war Traudl Engelhorn-Vechiatto, die 1955 den Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe Peter Engelhorn geheiratet hatte.

Lob erntet Engelhorn von Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl, die der Millionenerbin in einer Aussendung „großen Respekt“ für ihre Entscheidung zollte. „Medien, Parlament und Bundesregierung sollten dieses starke Signal ernst und zum Anlass nehmen, über Millionärssteuern sachlich zu diskutieren und diese zu realisieren“, forderte sie. Dem schlossen sich auch die Grünen an. Sie fordern ebenfalls „die faire Besteuerung von Millionenerbschaften“, erklärten Budgetsprecher Jakob Schwarz und Arbeitssprecher Markus Koza. In Österreich sei Reichtum besonders ungleich verteilt.