Yuji Agematsu (65) ist ein städtischer Flaneur, der in Japan geboren wurde und 1980 nach New York übersiedelte. Auf seinen täglichen Spaziergängen durch die Stadt sammelt er seitdem das Weggeworfene. Was daraus entsteht? Poesie vom Feinsten! Abgepackt in kleine Zigarettenpäckchen, von immer derselben Marke: American Spirit. In diesen sind Miniatur-Schätze verpackt, die so posierlich und entzückend alles enthüllen und erzählen, was so in dieser Zeit passierte. So entstehen 12 Monate „Weggeworfenes“ des Jahres 2020 gesammelt in Plexiglas Setzkästen. Enthalten sind darin von Korkenstöpsel über Kaugummis oder Plastik alles, was der Mensch so achtlos wegwirft, auf seinem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Ageamtsu packt alles Gefundene akribisch  in Zellophan. Ein mehr als persönliches Tagebuch, das einem das Herz höher schlagen lässt. Schon fast obsessiv anmutend werden Zeit, Datum und Ort der gesammelten, weggeworfenen Kleinode notiert. Dieser Routine geht der Künstler nach, seit er 1980 nach New York übersiedelte.

In Zigarettenschachteln der Marke American Spirit sammelt Yuji Agematsu seine Schätze.Foto: Herwig Kempinger
Yuji Agematsu wurde 1956 in Kanagawa in Japan geboren und lebt und arbeitet seit 1980 in New York.Foto: Herwig Kempinger

Die in der Wiener Secession ausgestellte Show wurde jetzt als gesammeltes Jahr von einer amerikanischen Sammlerin erworben, welche bereits zwei vorherige Jahre des in Japan geborenen Künstlers besitzt. Man munkelt das Jahr 2020 soll als Ganzes an ein Museum gehen. Am Kunstmarkt ist Yuji Agematsu übrigens äußerst begehrt und schwer zu erwerben. Wer die Show in der Wiener Secession verpasst hat – Agematsu ist von 9. bis 30. Juli in der Miguel Abreu Gallery in der Gruppenshow „The Poet Engineers“ in New York zu sehen. Ein Besuch lohnt allemal!

Aber zurück in die Secession! Seit 2. Juli steht hier Dominique Gonzalez-Foerster (65) auf dem Programm. Die Installation „Volcanic Excursion (A Vision)“ der französischen Künstlerin ist eine Art Erlebnisraum, der einerseits auf den spezifischen Ort der Wiener Secession eingeht, als auch die Zeit der globalen Pandemie beleuchtet.

So fing alles an: „… wachte mitten in der nacht auf und hatte eine vision. wir waren in der nähe eines kleinen vulkans, aus dem gemächlich lava strömte, die vegetation war tropisch, es gab kolibris und lamas … mein körper war in mehreren erscheinungen zugleich … umgeben von inspirierenden menschlichen und nicht-menschlichen freunden aus gegenwart und vergangenheit. es war eine wunderschöne, freudige, fast opernhafte menge, wie ein zug, ein protestmarsch, ein ausflug … typhoeus vom beethovenfries war auch da und die drei gorgonen …“

Die Installation „Volcanic Excursion (A Vision)“ ist eine Art Erlebnisraum, der einerseits auf den spezifischen Ort ...privat
... der Wiener Secession eingeht, als auch die Zeit der globalen Pandemie beleuchtet.Foto: privat

Die Künstlerin vermischt Freunde und Weggefährten als auch Vorbilder aus Vergangenheit und Gegenwart und verwebt sie in eine Struktur der Kraft, Hoffnung und Lebenbejahung. Das kraftvolle Bild der Zuversicht überflutet den Besucher geradezu mit Ton, Bild und der Farbe der Stärke. In Zeiten der Unsicherheit ist dieser kraftvolle Akzent eine Wohltat für die Seele und lässt den Besucher beschwingt in die weiteren wundervollen Räume der Wiener Secession schweifen, wo der  konzeptuelle Zeichner und Bildhauer František Lesák ausgestellt wird, sowie die Filmemacherin und Künstlerin Karimah Ashadu, die in ihren Werken die Lebens- und Arbeitsbedingungen im sozioökonomischen Kontext Westafrikas behandelt. „Volcanic Excursion (A Vision)“ ist bis 5. September zu sehen.

In der Kuppel "seiner" Secession: Herwig Kempinger ist seit 2013 Präsident der Wiener Secession.Foto: APA