“Für mich sind solche Menschen Wissenschaftsleugner”, zeigt sich der Arzt und Psychologe Prof. Christian Schubert im Gespräch mit dem eXXpress empört, dass seine Mitwirken an einer Ringvorlesung der Uni Wien zum Thema Corona für Proteste sorgt. Auch die Teilnahme von zwei weiteren Experten – namentlich Andreas Sönnichsen, Abteilungsleiter an der Medizinuni Wien und Martin Sprenger, prominenter Public-Health-Experte – hat Wirbel erzeugt. Der Grund: Alle drei haben sich in der Vergangenheit kritisch zu den Corona-Maßnahmen der Politik geäußert.

Experte sieht Meinungsfreiheit bedroht

“Mich wundert ja mittlerweile überhaupt nichts mehr”, ist Schubert fassungslos. Für ihn sei der Vorfall ein weiterer Beleg für den Verfall der Meinungsfreiheit und der Freiheit von Forschung. Er ist mittlerweile seit über 25 Jahren als Arzt und Forscher tätig, verfolgt in der Corona-Krise einen ganzheitlichen Ansatz. Er warnt unter anderem vor Kollateralschäden, die erst in den kommenden Jahrzehnten greifbar werden – verursacht etwa durch Schulschließungen. “Studien aus den USA zeigen, dass Kinder dadurch Lebensjahre verlieren, weil ein Bildungsrückstand zu einer erhöhten Mortalität führt.” Weiters hält er die Impfung von Genesenen sowie von Kindern und Jugendlichen für wenig zielführend in der Pandemie. Das ist offenbar Grund genug, dass ihn Studentengruppen verstummen lassen wollen.

Organisiert die Ringvorlesung: Prof. Andrea Komlosy

Die Organisatorin der Ringvorlesung, die Historikerin Prof. Andrea Komlosy, betont gegenüber eXXpress, dass der Sinn der Veranstaltung sei, unterschiedlichen Sichtweisen auf die Corona-Pandemie Raum zu geben: “Es passiert ja nicht alle Tage, dass Uni, TU und BOKU Wien bei einer Vorlesung kooperieren und mithilfe von Referenten aus verschiedenen Disziplinen aus der Engfassung der Corona-Problematik ein breiteres Spektrum damit verbundener Fragen erschließen.”

Ein Vortragender beugte sich bereits dem Druck und ist abgesprungen

Laut “Standard” hat bereits ein Vortragender seine Teilnahme abgesagt. Der Leiter des Complexity Science Hub Vienna (CSH), Stefan Thurner, meinte, sich “vorab nicht gründlich genug mit dem Umfeld beschäftigt” zu haben. Ein Diskurs mit kontroversen Positionen sei zwar nötig. Allerdings: “Es muss sich um Positionen handeln, die auf Wissenschaft fußen.” Die Uni Wien verwies auf Anfrage darauf, dass die Ringvorlesung von Forscherinnen und Forschern verschiedener Unis gestaltet werde. “Auch für diese Form gilt die akademische Freiheit.” Man distanziere sich “von jeglicher COVID-Verharmlosung und appelliert weiterhin an alle Studierenden und Mitarbeiter, sich impfen zu lassen”.

Im Rahmen der Online-Lehrveranstaltung “Corona – eine interdisziplinäre Herausforderung” sollten Studierende “die Möglichkeit einer transdisziplinären wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der derzeitigen pandemischen Situation abseits von Leitmedien, politischen Narrativen und Sozialen Medien erhalten”. Ziel sollte unter anderem sein, eine “Vielfalt qualifizierter wissenschaftlicher Meinungen kennenzulernen sowie Kontroversen, Dialoge zwischen unterschiedlichen Positionen und Perspektiven”, heißt es in der Beschreibung im Vorlesungsverzeichnis.