Der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl hat eine Anfrage zur „Bilanz“ der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an Justizministerin Alma Zadic (Grüne) gerichtet. Die Beantwortung lässt aufhorchen, vor allem die Anzahl der Razzien.

Diese Behörde hat von 2013 bis 2022 – also im Zeitraum von zehn Jahren – nicht weniger als 11.748 Hausdurchsuchungen angeordnet. Das sind umgerechnet 98 Razzien im Monat und etwas mehr als drei am Tag. In 148 Fällen wurden die angeordneten Hausdurchsuchungen vom Richter abgelehnt.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-SandaAPA/ROLAND SCHLAGER

Zahlreiche Razzien wegen Inseraten – aber nie jenen des Wiener Rathauses

Sämtliche dieser Razzien führten weder zu Prozessen noch zu Schuldsprüchen. Einige waren aber für die Betroffenen höchst unangenehmen, allein schon wegen des medialen Wirbels, den sie verursacht haben. Das galt zuletzt für die Hausdurchsuchungen bei der Herausgeberin Eva Dichand und der Gratiszeitung „heute“. In beiden Fällen ging es den Zadic-Staatsanwälten ausschließlich um Inserate des Finanzministeriums und eine mögliche „strafrechtlich relevante Vereinbarung“.

Kein Interesse entwickelte die WKStA bis heute an der wesentlich umfangreicheren Inseratenvergabe des Wiener Rathauses. Dabei hat – nach Meinung zahlreicher Beobachter – ausgerechnet dort der gezielte Einsatz der Inserate-Schaltung unter dem damaligen Wohnbaustadtrat Werner Faymann (SPÖ) begonnen – der diese Praxis dann später im Bundeskanzleramt fortgesetzt haben dürfte.

Für die zahlreichen Inserate, die das Wiener Rathaus vergibt, interessiert sich die WKStA bisher nicht wirklich.APA/HANS KLAUS TECHT/HERBERT NEUBAUER

Ein Blick in die Medientransparenzdatenbank genügt, um sich selbst ein Bild vom Ausmaß der Inseratenvergabe durch das Rathaus zu machen. Hinzu kommen sämtliche Betriebe im Eigentum der Stadt, wie Stadtwerke, Holding und Wien-Energie. In Summe gibt Wien mehr Geld für Inserate aus als alle anderen Bundesländer zusammen.

Manche Medien leben sehr gut von den Wiener Inseraten

Dabei besteht der nicht unbegründete Verdacht, dass diese Inserate einigen Medien schlicht das Überleben sichern. Der eXXpress hat das mehrmals anhand der Ausgaben der umstrittenen Stadtzeitung „Falter“ nachgewiesen. Da finanzierten die Stadt Wien und der ORF schon einmal zwei Seiten von von zweieinhalb Seiten Werbung – oder besser gesagt: die Wiener Steuerzahler und die GIS-Zwangsgebührenzahler finanzierten das.

Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht, heißt es. Tatsächlich: Der Mensch des Jahres 2021 war – Überraschung! – Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). „Der Wiener Bürgermeister zeigt im Kampf gegen Corona staatsmännisches Format“, schrieb damals das Wochenblatt.

Doch die WKStA interessiert sich dafür bis heute nicht.