Das gibt es nur selten: Die USA liefern einem befreundeten Staat eine eben erst entwickelte Waffe, die nicht einmal ihre eigenen Streitkräfte besitzen. Sie wurde noch nie auf dem Schlachtfeld eingesetzt. Nun verwendet sie aber die ukrainische Armee – als erste Streitmacht der Welt. Von der neuen Langstrecken-Präzisionsbombe namens Ground Launched Small Diameter Bomb (GLSDB) ist die Rede.

Das Pentagon hat zwar die Tests der Lenkwaffe beaufsichtigt. Im Arsenal der US-Armee befinden sich die bodengestützen Bomben allerdings noch nicht. Die Wirksamkeit der Rakete im Krieg wird damit in der Ukraine erstmals „erprobt“. Kiew hat in der Mitte dieser Woche eine erste Lieferung erhalten, berichtet politico.

Das Pentagon hat die Tests beaufsichtigt – und die GLSDB danach umgehend an die Ukraine weitergeleitet. Im Bild: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.Reuters

USA haben 2023 einen Vertrag mit dem Hersteller Boeing unterzeichnet

Finanziert wird die Lieferung aus dem 111 Milliarden Dollar schweren Nachtragshaushalt, der von den Republikanern im Kongress blockiert wurde. Zwar fehlt den USA zurzeit das Geld, um Waffenlieferungen aus bestehenden Beständen zu genehmigen. Allerdings haben die USA im vergangenen Jahr einen Vertrag mit Boeing – einem der beiden GLSDB-Hersteller – unterzeichnet, damit Kiew die neue Waffe erhält.

Im Repräsentantenhaus konnten sich Demokraten und Republikaner nicht auf weitere US-Hilfen für die Ukraine einigen.Chip Somodevilla/Getty Images

Brisant ist die Lieferung auch aus einem anderen Grund: Im Mai 2022 hatte US-Präsident Joe Biden noch vor Reportern erklärt: „Wir werden keine Raketensysteme an die Ukraine schicken, die Russland treffen können“. Das neue Waffensystem GLSDB verdoppelt die Reichweite von Raketenangriffen. Es kann Ziele in einer Entfernung von 150 Kilometern treffen.

US-Präsident Biden versprach: Keine Raketen an die Ukraine, die Russland treffen können.

Zwei Komponente: Gleitbombe und Raketenantrieb

In Washington ist man offenbar davon überzeugt, dass die neuen Langstrecken-Präzisionsbomben eine wichtige Hilfe für die Ukraine sind, die dringend mehr Munition benötigt. Ein anonymer US-Beamte meint gegenüber politico: Die neue Waffe gebe den Ukrainern „eine tiefere Schlagfähigkeit, die sie bisher nicht hatten, und ergänzt ihr Langstreckenfeuerarsenal. Es ist einfach ein zusätzlicher Pfeil im Köcher“.

Die gelenkte Bombe besteht aus zwei Komponenten. Die erste davon ist die 129 Kilogramm schwere Gleitbombe GBU-39/B SDB, mit der befestigte Stellungen zerstört und Bunker gesprengt werden können. „Der Gefechtskopf kann einen Meter Stahlbeton durchlagen, bevor er zündet“, berichtet futurezone. Die zweite Komponente ist der Raketenantrieb der 227mm M26-Rakete. Er „bringt die GLSDB auf die optimale Höhe. Dort trennt sich die Gleitbombe vom M26-Booster und klappt ihre Flügel aus. Den Rest des Fluges gleitet sie ohne Antrieb zum Ziel.“

Große Herausforderung für die Flugabwehr

Angefeuert werden die neue Gleitraketen aus den HiMARS-Raketenwerfern, die innerhalb von zehn Minuten feuerbereit sind und bis zu sechs Raketen abfeuern können. Den Produzenten zufolge kann die Rakete ihr Ziel bis zu einem Meter genau treffen und ist überdies resistent gegenüber dem Störsender der Russen.

Besonders bemerkenswert: Die Langstrecken-Rakete kann ihr Ziel von verschiedenen Richtungen angreifen, damit auch von Seiten, die von der Flugabwehr schlechter geschützt werden. Das ist nicht alles. „Außerdem können so Ziele getroffen werden, die auf einem gegenüberliegenden Berghang stehen, oder von hohen Gebäuden von einer Seite aus geschützt sind. Das GLSDB fliegt quasi über das Ziel hinweg, macht dann eine Wende und trifft es von hinten“, berichtet Futurezone.

Ein weiterer Vorzug: die Kosten. Die GLSDB dürfte deutlich günstiger sein als gelenkte HiMARS-Raketen.