Just jenes Medium, das sich immer wieder gerne als “Aufdecker-Plattform” sieht, konnte ziemlich gut und lange schweigen: Laut der nun der Enthüllungsplattform eu-infothek.com und dem eXXpress zugespielten Zeugenaussage vor der Soko Ibiza liegt der Verdacht nahe, dass die “Falter”-Redaktion schon “in den Osterferien 2018”, also vor drei Jahren, erstmals von der Existenz des berühmten Ibiza-Videos erfahren hat – von einem Video, auf dem Straches naives wie korruptionsverdächtiges Wording ebenso wie der sehr geschickte Zusammenschnitt der Szenen am 17. Mai 2019 für eine folgenschwere Regierungskrise gesorgt haben.

Jetzt erklärte die frühere Lebensgefährtin des Detektivs Julian H. vor den Ermittlern des Bundeskriminalamts, wie sie den möglichen Drahtzieher der Video-Attacke mit Florian Klenk, dem Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung, zusammenbringen wollte. Die Wienerin, die elf Jahre mit H. in einer Beziehung lebte, geriet ins Visier der Kripo, weil sie Julian H. auch an den Ex-Wahlkampfhelfer des Bundespräsidenten, den jetzt bei Vizekanzler Werner Kogler beschäftigten Grün-Politiker, vermittelt hat (wir berichteten). Zitat aus der Niederschrift des Bundeskriminalamts: “Er (Julian H., Anm. der Redaktion) wäre jetzt einverstanden, dass ich den ,Falter’ – wie von mir zuvor vorgeschlagen – kontaktieren solle. Das habe ich dann getan.”

Zeugin vor Soko: "Termin mit Klenk für den Folgetag."

Und detailliert berichtet die Zeugin dann die weitere Vorgangsweise: “Ich habe mit einem Assistenten des Herrn Klenk – dessen Namen ich nicht mehr weiß – gesprochen. Dieser hat mich dann nach Rücksprache mit Herrn Klenk zurückgerufen und einen Termin für den Folgetag vorgeschlagen. Diese Information habe ich an Julian weitergegeben.” Dann sagt die Auskunftsperson der Soko allerdings: “Er ist aber zu diesem Termin nicht hingegangen. Ich war dann sauer auf ihn, weil ich mich für ihn eingesetzt habe.”

Der Falter wurde laut der Zeugin Ostern 2018 über die Existenz eines belastenden Videos in Kenntnis gesetzt.

Auf die Frage der Ermittler, was sie genau dem “Falter” sagte: “Videomaterial. Strache. Korruption.” Im Sommer 2018 hätte sie dann die E-Mail-Adresse von Bastian Obermayer, des Redakteurs der “Süddeutschen Zeitung”, an den Ibiza-Detektiv weitergeschickt. Zitat: “Mein Mann hat das vorgeschlagen.” Zu diesem Zeitpunkt hätte sie “wöchentlich Kontakt zu H.” gehabt.

"Er war grantig. Sie haben überall versucht, es anzubringen"

Und noch ein Detail aus der Aussage dieser Zeugin könnte jetzt für etwas Aufregung sorgen – auf die Frage der Kripo, ob der Detektiv ihr gesagt hätte, wem er das Video angeboten hat, meinte die Wienerin: “Er hat mir jedenfalls gesagt, dass sie schon bei allen politischen Parteien damit waren. Ich hab glaub ich nachgefragt, ob er auch bei der Polizei war, und er hat das bejaht.” Und an anderer Stelle der Einvernahme sagt die Zeugin: “Er war aber sehr frustriert und grantig und hat mir erzählt, dass sie es schon überall versucht haben, es anzubringen, wobei das sämtliche politische Parteien und die Polizei miteinbezieht.” Fazit: Niemand der politischen Player in Österreich wollte also das Belastungsmaterial aus der Ibiza-Finca kaufen (zumindest nicht direkt).

Laut der Freundin des Ibiza-Detektivs wurde das Video mehrfach angeboten – allerdings lange Zeit vergeblich.

Der weitere Weg von der Kontaktaufnahme des Privatdetektivs mit dem Redakteur der “Süddeutschen” bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dürfte dann auch noch etwas mühsam für die Video-Clique gewesen sein: Erst im Frühjahr 2019 ist es dann zur Veröffentlichung gekommen. Ob der Detektiv und seine Komplizen dafür Geld wollten, beantwortete die Zeugin und langjährige Lebensgefährtin des Haupttatverdächtigen H. so: “Was er mir gesagt hat, dass es publiziert werden soll. Und dass eine mindestens sechsstellige Summe notwendig wäre, um ihn und zwei weitere Personen für einige Jahre abzusichern.”

Der “Falter” wurde natürlich mit der Zeugenaussage konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Bis Mittwochabend kam keine Rückmeldung an den eXXpress.