Keinen Grund sich bei dem burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil zu entschuldigen, sah SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Dienstagabend in der ZiB 2. Dabei ging es konkret um ihre scharfe Kritik an Öffnungsschritten im Burgenland ab 19. April, die aber ohne negative Konsequenzen für das Bundesland geblieben sind. Moderator Martin Thür verwies dabei auf die Entwicklung der Sieben-Tage-Inzidenz im Burgenland seither.

Die Öffnungsschritte im Burgenland hatten keine erkennbare Wirkung auf die Sieben-Tage-Inzidenz bei Corona-FällenScreenshot ORF

Es ging um eine Risikoabwägung

Rendi-Wagner rechtfertigte ihre damalige Warnung mit einer Risikoabwägung. Es gehe ja nicht darum, ob sie damals Recht gehabt hätte. Anscheinend hatte Doskozil Recht, hatte Thür zuvor gemeint. Die SPÖ-Chefin habe längere und härtere Maßnahmen wegen der Corona-Intensivpatienten im Burgenland befürwortet, und da sei das Bundesland damals Spitzenreiter gewesen. Auch einem Herzpatienten mit hohem Cholesterinspiegel und hohem Blutdruck würde sie als Ärztin raten, nicht noch mehr Schweinsbraten zu essen. Das bedeute aber nicht, dass er beim nächsten Schweinsbraten schon einen Herzinfakt haben werde.

Zum Zeitpunkt der Öffnungsschritte gab es im Burgenland 25 Covid-Intensivpatienten bei insgesamt 58 verfügbaren Intensivbetten. Zurzeit befinden sich nur mehr neun Intensivpatienten im Burgenland. Den höchsten Anteil an Intensivpatienten (pro 100.000 Einwohnern) hatte Mitte April übrigens Wien, allerdings gibt es in der Bundeshauptstadt auch 489 Intensivbetten. Doskozil hatte damals Rendi-Wagners Kritik am frühen Lockdown-Ende im Burgenland als ungerecht empfunden und sich deshalb aus dem Bundesparteivorstand der SPÖ zurückgezogen.

Schrittweise Öffnungsschritte, aber mit Vorsicht

Weitere Öffnungsschritte kann sich die SPÖ-Chefin heute angesichts der erfreulichen Entwicklung sehr wohl vorstellen: “Freuen wir uns darüber, dass wir dort stehen, wo wir jetzt stehen.” Weitere Lockerungen müssten aber “schrittweise” erfolgen, am besten in zwei-wöchigen Abständen. Zur Vorsicht mahnte Rendi-Wagner vor allem, weil Geimpfte und Genesene ja noch ansteckend sein können und mögliche Mutationen bevorstehen. Keinesfalls solle man alle Regeln von heute auf morgen “über Bord werfen”. Denkbar wären für Rendi-Wagner die Abschaffung der Maskenpflicht im Freien – nicht in Innenräumen – und eine Ausweitung der Sperrstunde bis 24 Uhr.

Auch in einem anderen Punkt dürfte sich an der Verstimmung zwischen der SPÖ-Chefin und Hans-Peter Doskozil kaum etwas ändern, nämlich wenn es um eine Anklage gegen ranghohe Politiker geht. Die “rote Linie” gelte für die “obersten Organe”, unterstrich Pamela Rendi-Wagner, und das seien die Regierungsmitglieder in Bund oder Land. Konkret sprach sie die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und die Möglichkeit einer Anklage gegen ihn an: “Wäre ich Regierungschefin, würde ich in so einem Fall zurücktreten!” Zurzeit ermittelt freilich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowohl gegen Kanzler Kurz, als auch gegen Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, in beiden Fällen wegen angeblicher Falschaussage in einem U-Ausschuss. Für Rendi-Wagner wegen der roten Linie für die “obersten Organe” somit beide – Doskozil wie Kurz – im Falle einer Anklage rücktrittsreif. Der eXXpress berichtete bereits über diese Forderung der SPÖ-Chefin.