Der Tiergarten Schönbrunn vollzieht unter dem Direktor Stephan Hering-Hagenbeck offenbar eine Strategieumkehr: Wie die “Tiroler Tageszeitung” (Mittwoch-Ausgabe) berichtet, werden den Tieren für die Öffentlichkeit keine Namen mehr gegeben. “Für den deutschsprachigen Raum gehen wir hier bewusst einen neuen Weg”, sagte der Direktor gegenüber der Zeitung. Der Zoo übernehme damit “eine Vorreiterrolle”. Stattdessen soll der Schutz ganzer Populationen in den Mittelpunkt rücken.

Bekannt ist auch das Tigerweibchen Ina.APA/TIERGARTEN SCHÖNBRUNN/DANIEL ZUPANC
Vor einem Jahr kam wieder ein Jungtier bei den Robben zur Welt.APA/TIERGARTEN SCHÖNBRUNN/DANIEL ZUPANC

Der Artenschutz steht im Vordergrund, nicht das Individuum

Für den gebürtigen Deutschen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Außenwirkung in der Arbeit in zoologischen Gärten stark verändert: “Lange Zeit stand die Zurschaustellung eines einzelnen Individuums im Vordergrund. Es war eine Sensation, wenn ein Direktor ein Jungtier auf dem Arm hatte. Damit ging natürlich auch eine Vermenschlichung des Wildtiers einher”, so der Direktor. Aus der Sicht des Zoologen müsse beim Artenschutz aber “der Erhalt einer Population im Vordergrund stehen – und nicht das einzelne Individuum”, so der Zoo-Direktor.

Die Namensgebung für die Tiere war auch wichtig im Zusammenhang mit Patenschaften für den Tiergarten Schönbrunn. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ist etwa Pate des Eisbär-Mädchens Finja. Star-Tenor Jonas Kaufmann sang als Pate für das Gibbon-Pärchen Rao und Sipura. “Wir haben bereits unser Patenschaftssystem umgestellt, auch hier liegt der Fokus auf der Tierart/Tiergruppe, nicht mehr auf dem Individuum”, so Hering-Hagenbeck gegenüber der “Tiroler Tageszeitung”.

Gibbons gelten als die Sänger unter den Affen. Auch Rao und Sipura erfreuen die Besucher mit morgendlichen Duetten.APA/TIERGARTEN SCHÖNBRUNN/DANIEL ZUPANC
Für Tiergartendirektor Stephan Hering-Hagenbeck geht es nur noch um die Tierart, nicht um das Individuum.APA/HELMUT FOHRINGER

Populationen außerhalb ihres natürlichen Lebensraums sollen ausgebaut werden

Hering-Hagenbeck beschrieb in der “Tiroler Tageszeitung” auch den Wandel zoologischer Gärten: “Am Anfang stand die Zurschaustellung einer für die meisten Besucher unbekannten Tierart. Seit den 1970er-Jahren gab der zoologische Garten mit einer zunehmenden Zahl an Zuchterfolgen außerhalb des natürlichen Lebensraumes einen Rahmen für die Bildung von ersten Reservepopulationen. Jetzt beschäftigen wir uns bei der wissenschaftlichen Arbeit im zoologischen Garten mit dem Artenschutz, durch den konzentrierten Ausbau von stabilen Reservepopulationen außerhalb ihres natürlichen Lebensraums.”

Seit September plantschen die Panzernashörner in einem neuen Teich.APA/HELMUT FOHRINGER