Chemie, Pharma, Glas, Metall und Papier gelten als energieintensiv. Ihre Produktionsprozesse nehmen besonders viel Energie in Anspruch. Allein die Chemie- und die metallerzeugende Industrie benötigen in Deutschland drei Viertel der industriellen Energie, rechnet eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vor.

Wenig verwunderlich machen sich Deutschlands im internationalen Vergleich hohen Energiepreise hier besonders stark bemerkbar. Energie wurde zwar zuletzt auch in Deutschland wieder billiger, doch die Preise liegen immer noch höher als an anderen Standorten. Das schlägt sich nun in der Produktion nieder, wie neueste Daten des Statistischen Bundesamts zeigen.

Schöllhammer: „Deutschland hat Dekarbonisierung durch Deindustrialisierung ersetzt“

Die energieintensive Industrie in Deutschland leidet massiv. Die Produktion ist im Mai stark zurückgegangen. Das dürfte mit ein Grund sein, warum die Gasnachfrage in der EU weiterhin so schwach ist, und daher der Gaspreis nicht stärker ansteigt. Mit anderen Worten: Der niedrige Gaspreis ist offensichtlich auch Folge der schrumpfenden Industrie-Produktion.

Die rote Linie markiert die Produktion der energieintensiven Industrie

Für den Politologen und Ökonom Ralph Schöllhammer (Webster University), der überdies regelmäßiger Gast auf eXXpressTV ist, sind das alarmierende Entwicklungen. Bemerkenswert findet er vor allem eines: „Den energieintensiven Industrien in Deutschland geht es jetzt schlechter als zu Zeiten der Corona-Krise“. Er spricht von einem Verlust von Industrie, von Fachkräften, Know-how „bis hin zum Verlust des Status einer großen Volkswirtschaft“.

Gleichzeitig macht sich Deutschlands Energiewende – paradoxerweise – in einer besonders klimaschädlichen Stromerzeugung bemerkbar, denn ohne Gas und ohne Atomkraft muss sich das Land mehr als zuvor auf Kohlekraft stützen. Deutschland habe „Dekarbonisierung durch Deindustrialisierung ersetzt“, meint Schöllhammer.

Warnung vor massiver Schwächung der deutschen Wirtschaft

Der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, wiederum hält es für wenig sinnvoll, noch Geld in die energieintensive Industrie zu stecken, den: „Sie wird auf Dauer ohnehin verschwinden“, wie er kürzlich gegenüber der „Rheinischen Post“ gesagt hat. Deutschland werde kein Land mit günstiger Energie mehr werden. „Auch grünen Strom können andere Länder günstiger herstellen.“

Warnende Worte kommen hingegen vom Institut der deutschen Wirtschaft. In seinem wöchentlichen Informationsdienst unterstreicht es: „Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise mussten die energieintensiven Industrien ihre Produktion zurückschrauben. Das schwächt die deutsche Wirtschaft enorm – schließlich generieren diese Industrien eine hohe Wertschöpfung, sichern zahlreiche Arbeitsplätze und versorgen viele nachgelagerte Branchen mit ihren Produkten.“