400.000 Berufstätige pendeln täglich aus der Region Schwechat zum Arbeiten in die Bundeshauptstadt, die meisten von ihnen mit dem Auto. Eine neue Straßenbahn (Linie 72) sollte den Verkehr entlasten und die Betroffenen zum Umstieg in den öffentlichen Personennahverkehr bewegen. Doch daraus wird nichts mehr, die fortgeschrittenen Planungen für die Bim von Wien nach Schwechat wanderten zurück in die Schublade.

Auf Eis gelegt hat sie FPÖ-Chef Udo Landbauer, der in Niederösterreich auch die Verkehrsagenden verantwortet. Er setzt künftig auf eine engere Taktung der Regionalbusse, will einen Pendelverkehr im Zehn-Minuten-Rhythmus von der U-Bahn-Station Wien-Simmering bis nach Rannersdorf-Nord in Schwechat.

Die neue Bim sollte ab 2025 zwischen den Städten fahren, wie NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) angekündigt hatten. Doch das Versprechen können die beiden Länderchefs jetzt wohl kaum noch halten.

FPÖ-Landbauer fuhr zweigleisig: Mehr Busse kommen

Das ehrgeizige Projekt geriet bereits im Jänner ins Ruckeln. Die Länder waren sich über die Aufteilung der Kosten und den Zeitpunkt der Umsetzung uneins. Während die Wiener SPÖ und vor allem Verkehrsstadträtin Ulli Sima aufs Tempo drückten und eine rasche Realisierung der Pläne forderten, legte Udo Landbauer die Bremse ein.  Er wollte neue Zahlen aus Wien, um “Planungsgrundlagen zu schaffen”. Am Donnerstag beerdigte er das Vorhaben.

Stattdessen fuhr Landbauer zweigleisig, um im Bim-Jargon zu bleiben. Er einigte sich mit Schwechats Bürgermeisterin Karin Baier auf eine Verdichtung der Takte auf den Regionalbus-Linien 217 und 218. “Wir sind sicher keine Verhinderer der Schienenvariante, aber wir wollen rasch und unbürokratisch eine optimale Lösung zum Wohle der Bevölkerung herbeiführen“, sagte Landbauer.

Der Plan B des FPÖ-Chefs entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Denn zu seiner Verbündeten machte er ausgerechnet Bürgermeisterin Baier – die ist bekanntlich von der SPÖ und fuhr damit ihrer Wiener Promi-Genossin Sima in die Parade. Was die Rathaus-Chefin allerdings pragmatisch sieht: “Ich bin nicht die größte Freundin von Farbspielen, wenn es um die Verbesserung des Lebens in Schwechat geht. Ich bin auf der Suche nach Verbesserungen für die Menschen, die hier leben“, sagte Baier.

Busse zunächst billiger als die Bim

Für Niederösterreich sei das neue Bussystem laut Landbauer eine billigere Variante. Die Betriebskosten von 1,2 Millionen Euro für Dieselfahrzeuge bis 1,8 Millionen Euro für Elektrofahrzeuge pro Jahr seien geringer als die berechneten jährlichen Betriebskosten der Linie 72 in Höhe von rund 2,9 Millionen Euro. “Wir haben kurzfristig die beste Lösung für die Region gefunden. Sobald die neuen Busse fahren, wird erneut evaluiert und dann entschieden, ob der Bedarf für ein 150 Millionen Euro teures Projekt gegeben ist oder nicht“, sagt der Stellvertreter der Landeshauptfrau.

“Die Straßenbahn wäre das erste ‚grenzüberschreitende’ öffentliche Verkehrsmittel gewesen, das die beiden Bundesländer miteinander errichtet hätten und hätte der Anfang einer längeren Serie des Ausbaus von Straßenbahnen ins Umland sein können“, sagt dagegen Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima: “In Zeiten des Klimawandels, wo wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, um die Menschen zum Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität zu motivieren und das Angebot dafür massiv ausbauen müssen, ist das eine sehr bedauerliche Entscheidung und das absolut falsche Signal, das Niederösterreich da setzt.“

FPÖ-NÖ-Chef Udo Landbauer.
Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ).