Nun ist es also fix: Für Österreich – oder zumindest für jenen Teil, der geimpft ist – endet der vierte totale Lockdown mit dem 12. Dezember. Naja fast. Denn nicht alle Bereiche des öffentlichen Lebens sperren überall ab kommendem Montag wieder auf. Manche Bundesländer, konkret das von der Pandemie schwer gezeichnete Oberösterreich und die Bundeshauptstadt Wien, gehen einen anderen Weg.

Vor allem der oft betonte “Wiener Weg” von Bürgermeister Michael Ludwig, der bereits seit Ausbruch der Pandemie immer wieder auf strengere Regelungen pocht, als das Umland, sieht in einem empfindlichen Bereich einen längeren Lockdown vor, als überall sonst in Österreich. Denn während für weite Teile des Landes ein kontrolliertes Öffnen nicht nur für Handel und Dienstleister gilt, bleiben in Wien Gastronomie und Hotels noch bis 20. Dezember zu. Eigentlich absurd, wenn man bedenkt, dass Wiener nur wenige Kilometer zurück legen müssen, um sich im Burgenland ein Schnitzerl zu holen…

Und genau das scheinen viele machen zu wollen. Bei den Burgenländer Wirten “glühen” demnach schon die Telefone, wie der Freiheitliche und Ex-Wiener Vizebürgermeister Dominik Nepp am Mittwochnachmittag auf Twitter wissen wollte. “Und die Wiener Wirte schauen durch die Finger”, setzt der ehemalige Stadtrat der Bundeshauptstadt  – nicht ohne einen Seitenhieb auf Ludwig – nach.

Doch Ludwig hat seine Gründe und lässt sich von dieser Kritik nicht beirren. Auf Twitter bestätigt und erläutert Ludwig seinen Weg erneut, und erklärt seine Beweggründe für ein langsameres und schrittweises Öffnen der Millionenstadt Wien. Der Bürgermeister der Hauptstadt betont, dass er “von Beginn der Pandemie an” damit geworben habe, “über Partei- und Bundesländergrenzen hinweg an einem Strang zu ziehen”.  Doch gibt er zu Bedenken, dass die Pandemie “noch lange nicht gemeistert” sei. “Ich sehe den natürlichen Widerspruch zwischen Bekämpfung der Pandemie und wirtschaftlichen Interessen. Für mich hat allerdings die Gesundheit der Bevölkerung immer oberste Priorität”, stellt Ludwig klar. Und die gesundheitlichen interessen sind es auch, die schlussendlich dazu bewogen hätten, die Gastronomie und Hotellerie in Wien noch länger geschlossen zu halten.

Ludwig: "Keine Hü-Hott-Politik" und "Sicherheit geht vor"

“In Wien sind wir immer einen konsequenten Weg der Sicherheit gegangen. Und haben keine Hü Hott Politik verfolgt”, so Ludwig, der betont, dass seine Entscheidungen für Wien “auch auf mittelfristige Entwicklungen” (dabei fällt das Stichwort zur neuen Omikron-Variante) ausgerichtet seien. Er habe sich dabei auch immer auf den Rat seines Expertenstabs verlassen (wer Ludwigs Experten sind, weiß der eXXpress und berichtete für Sie) und erklärt damit die schrittweise Öffnung, welche die “Konsumentenströme entzerren” und das Gesundheitssystem entlasten soll. Ludwig warnte in der Pressekonferenz am frühen Dienstagnachmittag auch vor der Möglichkeit einer nächsten Welle, für die es gelte, gerüstet zu sein.

Heftige Kritik und Unverständnis seitens der Gastro

In einer ersten Reaktion zu der “Fleckerlteppich”-Lösung zur Gastro-Öffnung in Österreich zeigen sich Vertreter von Gastronomie und Hotellerie empört und vor den Kopf gestoßen. “Auf ein einheitliches Go für die zugesagte Öffnung am 12.12.2021 haben wir, unsere Betriebe, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gäste umsonst gewartet. Dabei wäre das Einhalten von Zusagen die Basis für ein anhaltendes Vertrauen in den Tourismusstandort Österreich“, zeigen sich Susanne Kraus-Winkler und Mario Pulker, Obleute der WKÖ-Fachverbände Hotellerie und Gastronomie, verständnislos doch sehr unterschiedlichen Öffnungsszenarien.

Besonders irritiert zeigt sich Pulker über die Vorgangsweise Wiens, das eine Öffnung von Gastro und Beherberungsbetrieben erst für den 20. Dezember vorsieht: “Das für die Betriebe essentielle Weihnachtsgeschäft lässt sich keinesfalls in drei Tagen aufholen und ist unwiederbringlich verloren. Es ist völlig unverständlich, warum gerade jene Branchen, die die 2G-Regel kontrollieren, die über Präventions- und Sicherheitskonzepte etc. verfügen, wieder als einzige Wirtschaftszweige geschlossen bleiben müssen. Jetzt zahlen also die Wirte die Zeche für diese unsachliche und nicht nachvollziehbare Entscheidung der Politik.“

"Müssen raus aus dem Kreislauf des Öffnens und Schließens!"

Zudem stehen die Betriebe nach nunmeher 21 Monaten Pandemie vor der Herausforderung, die immensen finanziellen und teils auch personellen Verluste auszugleichen, die durch die Vollbremsung genau zum Start der Wintersaison und mit dem Verlust eines Großteils des Weihnachtsgeschäfts entstanden sind. Kraus-Winker: “Jetzt geht es darum, gemeinsam nach vorne zu schauen und für unsere vom Lockdown hart getroffenen Betriebe die in Aussicht gestellten Wirtschaftshilfen rasch und deutlich sicherzustellen.”

Pulker und Kraus-Winkler abschließend: “Geben wir den Betrieben und ihren Mitarbeitern endlich wieder die Möglichkeit, den Gästen einen schönen Urlaub oder ein gutes Essen in sicherer Umgebung zu bieten. Dazu brauchen sie vor allem Rechts- und Planungssicherheit, denn das Virus wird offensichtlich nicht von heute auf morgen verschwinden. Wir müssen raus aus dem Kreislauf des Öffnens und Schließens!“