
Andreas Tögel: Inflation: Politik im Panikmodus
Lange warnten Analysten vor der hemmungslosen Geldausweitung. Nun herrscht Aktionismus. Doch die nun geforderten „inflationsbekämpfenden“ Maßnahmen, die mit Sicherheit zumindest teilweise umgesetzt werden, gehen indes nicht an die Wurzel des Übels, findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Seit vielen Jahren warnen liberale Ökonomen und Wirtschaftspublizisten vor den gefährlichen Folgen einer hemmungslosen Geldmengenausweitung. Vergebens. Sie wurden, wie weiland Cassandra, nicht gehört. Jetzt, da die Inflation mittlerweile selbst überzeugten Keynesinanern und sogar Anhängern der „Modern Monetary Policy“ (dabei handelt es sich um eine Art geldpolitischen Voodoo-Zauber) langsam unheimlich wird, ist plötzlich Aktionismus angesagt.
Originelle Ideen zur Inflationsbekämpfung
Natürlich nicht von der durch Madame Lagarde kommandierten, unter dem Namen EZB firmierenden Inflationierungsbehörde, in der man bisher eisern am Nullzins- und Geldwerterosionskurs festhält, aber in den Parlamenten und Ministerien. Es macht sich einfach nicht gut, wenn der Staat zwar pausenlos für Brot und Spiele sorgt, die Leute sich aber die tägliche Autofahrt zur Arbeit oder die Heizung nicht mehr leisten können. Folgerichtig werden im Tagesrhythmus mehr oder weniger originelle Ideen lanciert, auf welche Art und Weise der Geldentwertung am besten Herr zu werden ist.
Denn der Verlust an Kaufkraft trifft Menschen mit schmalen Einkommen besonders hart, und die wurden inzwischen zu vom Wohlfahrtsstaat abhängigen Mündeln. In dieser misslichen Lage konnte der politischen Klasse nichts Besseres passieren, als der Ausbruch eines Krieges in nächster Nähe. Immerhin steht jetzt nicht mehr die jahrzehntelang betriebene, verantwortungslose Geldpolitik und das verheerende Pandemiemanagement durch die Regierung im Fokus, sondern der Krieg in der Ukraine: Putin ist schuld an der Inflation! Wie ungemein praktisch.
Dass sowohl die Pandemie, als auch Wladimir Putins Krieg als Treiber der Warenverknappung und der daraus resultierenden Preisanstiege wirken, ist unbestreitbar. Die grundlegende Ursache der Kaufkrafterosion ist aber dennoch in der Geldpolitik zu verorten, denn der Kaufkraftverfall des Euro hat ja bereits mit dem Tag seiner Einführung vor 20 Jahren begonnen (siehe hier und hier) und nicht erst mit der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine.
Geldmenge ist explodiert, Waren werden knapp
Dem amerikanischen Ökonomen Thomas Sowell verdanken wir folgende Einsicht: „Die erste Lektion der Ökonomie ist die Knappheit. Die erste Lektion der Politik ist die Nichtbeachtung der ersten Lektion der Ökonomie.“ Was das mit der Inflation zu tun hat? Sehr einfach: Steht einem gleichbleibenden, oder sich nur mäßig erhöhendem Angebot an Waren und Dienstleistungen eine stark zunehmende Geldmenge gegenüber (die wurde in den zurückliegenden Jahren beiderseits des Atlantiks um durchschnittlich rund zehn Prozent p. a. erhöht), werden die ersteren – dank steigender Nachfrage – knapp.
Die Preise ziehen folglich auf breiter Front an. Kommt es dann auch noch zu Störungen der Logistik durch Lockdowns oder kriegerische Konflikte, die stets Gift für den Freihandel sind, beschleunigt sich der Preisauftrieb. Dass es sich dabei um einen zwingenden, faktisch naturgesetzlichen Zusammenhang handelt, will die von ihren eigenen Allmachts- und Machbarkeitsphantasien trunkene Politikerkaste aber nicht wahrhaben. Und so werden allerlei abenteuerliche Gegenmaßnahmen gefordert und angekündigt – und die erste Lektion der Ökonomie wird ignoriert. Knappheit ist nicht einfach weg zu administrieren!
Effiziente Produktion liefert Wohlstand
Unerfreuliche Tatsache ist: Der „Peak Wohlstand“ liegt eindeutig hinter uns! Es geht bergab. Diese unbequeme Wahrheit müsste von den Regierenden kommuniziert werden – vorausgesetzt, sie wären an seriöser Politik interessiert.
Der Wohlfahrtsstaat hat die Saat für den Niedergang gelegt, indem er die Familien zerstört, die Tüchtigen bestraft, die Faulen belohnt, Unternehmergeist erstickt, Sparsamkeit lächerlich gemacht und den Großteil der Bürger vom Empfang schuldenfinanzierter Wohltaten abhängig gemacht hat.
Durch eine „gerechte Verteilung“ und das Drucken von Geld, wird auf Dauer keiner satt. Nur eine effiziente Produktion liefert breiten Wohlstand. Dennoch rufen die Sozialisten in allen Parteien schon wieder nach verschärfter Umverteilung – etwa mittels Vermögens- und Erbschaftsteuern, oder einer teilweisen oder am besten totalen Enteignung der „Reichen“ (ein besonders verhasstes Feindbild rotgrüner Neidgenossen ist im Augenblick gerade Elon Musk).
Politiker denken nicht voraus
Dass man Vermögen allerdings nur einmal enteignen und an die Mühseligen und Beladenen verschenken kann, stört sie nicht, da ihr Planungszeithorizont den nächsten Wahlsonntag ja ohnehin nicht überschreitet.
Um das Unheil zu komplettieren, verdient der Fiskus auch noch prächtig an Preissteigerungen und Lohnerhöhungen, wie die Denkfabrik „Agenda Austria“ kürzlich errechnet hat. Lohn-, Einkommens- und Mehrwertsteuern sprudeln wie nie zuvor. Abhängig von der Dynamik der Preisentwicklung, könnten die Steuerzahler demnach um bis zu elf Milliarden Euro an zusätzlichen fiskalischen Lasten umgehängt bekommen.
Da der Staat bekanntlich mit jedem aktiven Eingriff in die Wirtschaft alle (außer seine eigenen Agenten und Symbionten) ärmer macht, ist als einzig sinnvolle Maßnahme zur Stärkung der Massenkaufkraft, in der Tat eine allgemeine Steuersenkung geboten. Für besondere Not leidende Mitbürger (und nur für die!) sind zeitlich befristete Zuschüsse das Mittel der Wahl.
All die jetzt geforderten „inflationsbekämpfenden“ Maßnahmen, die mit Sicherheit zumindest zum Teil auch umgesetzt werden, gehen indes nicht an die Wurzel des Übels. An einer Abkehr von der inflationistischen Geldpolitik führt mittel- und langfristig kein Weg vorbei.
Kommentare
Der Analyse von Herrn Tögel stimme ich zu. Sehr viel Mitschuld haben aber linke Kreise in der Bevölkerung und die Wähler linker Parteien in allen europäischen Ländern. Sie glauben sich völlig von der Realität abkoppeln zu können. Das erinnert mich ein wenig an das Ancien Régime im Frankreich vor der Revolution.
– – es musste unbedingt der Euro sein, sonst wäre es kein Europa. Jeder Ökonom weiß, fallen Wechselkurse weg, haben schwache Länder Nachteile.
Aber gut, der Euro war nun mal geboren.
Hierzu ein paar Fakten:
Januar 1999 wurde der Euro für elektronische Buchungen eingeführt. Die nagelneue Währung wurde damals parallel zur D-Mark genutzt. Auf Rechnungen, Kontoauszügen etc. wurden deshalb häufig zwei Zahlen angegeben: der Eurowert und der Wert in D-Mark. Am 1. Januar 2002 wurden die Euro-Banknoten und -Münzen in zwölf Ländern mit insgesamt 308 Millionen Einwohnern eingeführt. Es war die weltweit größte Währungsumstellung aller Zeiten.” heißt es.
Im Maastricht-Vertrag von 1992, im Protokoll Nr. 12, wurde als Obergrenze für Haushaltsdefizite 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) festgelegt, für den Schuldenstand eines Mitgliedslandes 60 %.
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Es gab keine Sanktionen bei über 60%, erster Fehler. Länder wurden bei über 60% aufgenommen, zweiter Fehler. (Beste Beispiel Griechenland)
Wer über 60% lag wurde nicht aus der EU raus geschmissen. Weiterer Fehler.
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Diese Vorgaben wurden nicht ernst genommen.
Eine solide Finanzpolitik aller EU-Länder ist das Fundament Europas gewesen.
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Irgend wann begann das Geld drucken.
Ergebnis sehen wir heute. Corona und Krieg
beschleunigte es. Die Hauptursache aber ist die
Disziplinlosigkeit der meisten EU-Länder auf Kosten der Völker, des einzelnen Bürgers.
Die EU wurde nicht ernst genommen. Prediger haben wir genug, nur sie taten nichts gegen Verstöße der Verschuldungsobergrenze.
Jetzt ist Putin an allem Schuld.
Das Leben kann doch so einfach sein.
Danke für nichts.
Jeder kennt diese Fakten.
In kurz : wenn die Mehrheit einer Gruppe Schuldner sind dann werden sich diese niemals mehrheitlich demokratisch entscheiden der Minderheit an Gläubigern , ihre Schulden zurückzuzahlen.
Der € war der Anfang vom Ende der EU.
Gut so.
Wie weiland Cassandra warnten liberale Ökonomen und Wirtschaftspublizisten auch vor den gefährlichen Folgen der Verschuldung der Republik und welche Last wir den Enkelkindern aufbürden würden. Wobei, wie es sich jetzt zeigt, wohl das Intelligenteste gewesen wäre in der Niedrigzinsphase die Schulden mittels langlaufender Anleihen möglichst bis zum Anschlag auszuweiten um damit langlebige Investitionsgüter und Infrastrukturerneuerungen zu finanzieren. In Zeiten in denen Privatleute in Sachwerte investieren sollten, sollte das bei Nullzinsen auch der Staat tun. Falls tatsächlich vom Geldwert nach Jahrzehnten nichts mehr bleiben sollte, dann hätten unser Enkelkinder wenigsten eine gute Infrastruktur und das dann entwertete Schuldenhügerl der Republik würde dann auch keinen mehr kratzen.
Völlig richtige Ausführungen von Herrn Tögel, ABER es gibt sehr viele “Trittbrettfahrer” wie die Strom-Wirtschaft. Denn der hauptsächlich aus Wasserkraft stammende Strom wird jetzt unter Hinweis auf den Ukraine -Konflikt ins unermessliche getrieben, sodass Strom jetzt zum “Luxusgut” wird, Bürgermeister Ludwig in Wien als Chef von Wien Energie reibt sich die Hände. P.S. Ich habe schon vor Jahrzehnten vorhergesagt, dass der sogenannte Sozialstaat mit seiner grenzenlosen Misswirtschaft, mit den best bezahlten Beamten, Angestellten in der Sozialversicherung dann seinem Ende zugeht, wenn es zu einer gravierenden Wirtschaftskrise kommen wird, weil dann offenkundig werden wird, dass rund 60% der Bevölkerung keinen nennenswerten Ersparnisse haben, dann überhaupt lebensnotwendige Güter/Dienstleistungen bezahlen zu können, weil dann der schwer verschuldete Staat auch nicht mehr helfen kann. So wurde erst jetzt bekannt, dass der Energiebonus erst nächstes Jahr einlösbar ist (!!!), eine Alibi-Aktion, weil der Staat aus dem letzten Loch pfeift. Österreich haben fertig !!! Und Ungarn geht es vergleichsweise besser, weil V.Orban auf die dort angesiedelte Bevölkerung schaut.
@Dr.P. . .hmm, warum pendeln dann so viele Arbeitnehmer aus Ungarn nach Österreich? Es könnte vielleicht daran liegen, dass in Ungarn das Durchschnittsgehalt bei 500 Euro liegt. Ich glaube kaum, dass das Preisniveau in Ungarns Geschäften nur 1/3 der österreichischen Preise ist.