Andreas Tögel: Inflation verhält sich wie Ketchup – Sie kommt plötzlich
Optimisten investieren in Gold. Pessimisten in Konserven. Realisten in Waffen und Munition. Das ist natürlich Satire! Denn im Grunde ist ja, von der neuen Normalität des Hausarrests abgesehen, alles in Ordnung – findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Von welcher Seite sollte denn im Moment schon Gefahr drohen? Von einem heißen Krieg Russlands gegen die Ukraine? Von einem neuerlichen Migrantensturm? Oder vielleicht gar von einer nachhaltigen Beschädigung des politischen Systems durch eine sowohl von der Regierung, als auch von der Opposition vorangetriebene, tiefe gesellschaftliche Spaltung?
Wie auch immer, sicher ist: Wir werden soeben Zeugen einer seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Geldentwertung. Mittlerweile hat sogar der Medienmainstream den Braten gerochen: Ob „Neue Zürcher, „Die Presse“, oder heimische Provinzblätter – kaum ein Tag, in dem nicht der zunehmend Fahrt aufnehmende Kaufkraftverlust des Geldes thematisiert wird.
Die „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ schreiben von einem „Inflationstsunami“ und meinen wörtlich: „Das Vermögen der Anleger wird verbrennen.“ Und weiter: „Wie die FED mit ihrer Geldpolitik die Welt in den Abgrund stürzt.“
Der Journalist und Autor Roland Tichy bringt in einem seiner „Einblicke“, zu dem er den prominenten Ökonomen und ehemaligen Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts (IFO), Hans-Werner Sinn, eingeladen hat, den originellen Vergleich der Inflation mit einer Ketchupflasche, aus der zunächst nichts herauskommen will, dann aber auf einmal gleich eine unerwartet große Menge. Ein treffender Vergleich. Leider ist in unserer Gesellschaft das Inflationsgedächtnis völlig abhandengekommen. Dass eine galoppierende Geldinflation hierzulande und in Deutschland schon einmal den Mittelstand ruiniert und geradewegs ins Desaster geführt hat, ist leider weithin vergessen. Der (erfolglose) Münchener Putschversuch der Nationalsozialisten im November des Jahres 1923, war eine unmittelbare Folge der vorangegangenen Hyperinflation.
Kein Mangel an Nachfrage in Europa
Sinn verweist darauf, dass die Geldmenge im Euroraum im Gefolge diverser Staats- und Eurorettungsaktionen, sowie durch pandemiebedingte Programme, in den zurückliegenden 13 Jahren von 880 Mrd. auf über sechs Billionen Euro ausgeweitet wurde – also aufs Siebenfache! ¾ dieses aus dem Nichts geschaffenen Geldes, wurde in Staatsanleihen „investiert“ – also regelwidrig zur Staatsfinanzierung mit der Notenpresse verbraten.
Geldschwemme und Nullzinsdiktate machen es privaten Kleinanlegern zunehmend schwerer, risikoarme und zugleich werterhaltende Anlagemöglichkeiten zu finden. Die Zeit für die beliebten Vorsorgeinstrumente Sparbuch und Erlebensversicherung, ist vorbei.
Zwar hat die Europäische Zentralbank (EZB), laut dem Vertrag von Maastricht, die Aufgabe, die Preisstabilität in der EU zu bewahren, sieht diese aber bei einer jährlichen Teuerung von zwei Prozent verwirklicht. Im Klartext: Die EZB betätigt sich in Wahrheit als Inflationierungsbehörde.
Nun kann man, zumindest als Jünger des Ökonomen und Erfinders des „deficit spending“, J. M. Keynes, eine temporäre Geldmengenausweitung zwecks Ausgleichs privater Nachfrageausfälle gutheißen. Doch wir sehen in Europa im Moment ja eben keinen Nachfragemangel, sondern – ganz im Gegenteil – eine „inflationär überhitzte Wirtschaft“, wie Sinn betont. Und wörtlich: „In dieser Lage Geld- oder fiskalpolitisch Gas zu geben, wäre Irrsinn!“ Das leuchtet ein, denn es würde zu nichts anderem führen, als zu einer weiteren Erosion der Kaufkraft – ohne dabei aber positiven Einfluss auf Produktion und Beschäftigungsniveau zu entfalten.
Euro hat seine Zukunft hinter sich
In Amerika scheint man das erkannt zu haben. Die FED, das Zentralbanksystem der USA, leitet soeben ein „Tapering“ ein und fährt ihre Ankaufsprogramme zurück. Die Chefin der EZB dagegen, Christine Lagarde, hält es für verfrüht, schon 2022 von der inflationären Politik ihrer Organisation abzulassen.
Nicht nur Protagonisten der Österreichischen Schule der Nationalökonomie fordern seit geraumer Zeit dazu auf, die Anleihekaufprogramme und Nullzinsdiktate einzustellen und zu einer soliden Geldpolitik zurückzukehren. Zu meinen, eine erst einmal in Fahrt gekommene Inflation mit ein paar Mausklicks wieder beenden zu können, wird sich als Illusion erweisen. Ist nämlich das Vertrauen der Unionsbürger in die Kaufkraft des Euro erst einmal zerstört, ist die Sache, wie weiland 1923, gelaufen.
Der Euro hat seine Zukunft möglicherweise schon hinter sich. Wie eingangs angemerkt: Optimisten setzen in dieser Lage auf Gold. Abenteuerlustige auf Bitcoins.
Kommentare
Der Euro wurde nur eingeführt um die Länder, gegen den Willen der Bevölkerungen, zusammen zu zwingen. Das hat mit Wirtschaft überhaupt nichts zu tun. Das ist der Weg zu sozialistischen Großreich.
Schon alleine die Tatsache, dass unser erspartes Geld wegen der gigantischen Inflation und Null-Bankzinsen immer weniger u weniger wird, zeigt recht deutlich, wessen gigantische Fehlentscheidung der Euro für alle ist.
Stille Enteignung unserer Bevölkerung kann man das auch nennen.
Diese ewige Forderung nach möglichst viel Gleichheit für alle (bei gleichzeitiger Forderung nach mehr bunter Vielfalt für alle), wird unser Volk – wenn es sich nicht wehrt – noch an den Bettelstab bringen.
Und dann sind wir alle gleich arm unterm bunten Regenbogenland … im Süden wie im Norden.
Tja, SPÖVP hat uns erzählt, dass der Euro nur komme, wenn er so hart wäre wie der Schilling. Und (nur) die Deppen haben das geglaubt.
Hauptursache für die derzeit höheren Inflationsraten sind aus meiner Sicht die massiv gestiegenen Rohölpreise, als Gegenbewegung gegen den Ölpreisverfall 2020. Die Saudis spielen eben gerne mit dem Preis herum um andere Marktteilnehmer, allem voran die USA, in die Bredouille zu bringen. Ich gehe davon aus, dass sich der Ölpreis im Verlauf des nächsten Jahres stabilisieren wird, und auch die Inflationsrate auf Jahressicht gegen die 2 bis 3 Prozent tendieren wird. Eine galoppierende Inflation wird es derzeit nicht geben. Bei nahezu Nullzinsen hätten die Zentralbanken ausreichend Pfeile im Köcher um im Bedarfsfall massiv mit Zinsanhebungen gegenzusteuern, was aber vermutlich gar nicht nötig sein wird. Wir werden Ende nächsten Jahres wissen, wer mit der Prognose recht hatte.
Die größte Fehlentscheidung der Österreicher und der sonstigen frugalen war der Beitritt zum Euro, da uns damals leider falsche Tatsachen vorgegaukelt wurden. Von Wohlstandsgewinn ist weit und breit nichts zu sehen! Die fleißige Jugend kann sich nicht einmal mehr ein Haus bauen, auch wenn sie noch so spart! Wo wird das hinführen? Zu einer Gesellschaft die keine richtigen Ziele mehr hat, keinen Sinn mehr daran sieht, mehr zu arbeiten und mangels positiven Zukunftsaussichten keine Kinder mehr bekommt! Raus aus dem Euro und zurück zur EWR nur so kann man das Trauerspiel beenden!
Lieber Herr Tögel, sagen Sie es gerade heraus. Der Euro als gemeinsame Währung von so unterschiedlichen Staaten wie Deutschland/Portugal/Griechenland/Frankreich etc. war und ist ein Gehirngespinst linker Idioten gewesen, das von konservativen Kräften blindlinks mitgetragen wurde. Allein wenn man sich zu Gemüte führt, wie unausgegoren, in einer Nacht und Nebenaktion und teilweise dilettantisch der Euro eingeführt wurde, wie später bekannt wurde, lässt einem das Gruseln hochkommen. Was bleibt ? Eine geopolitisch völlig unbedeutende Währung im Rahmen einer wirtschaftlich abgewrackten Transfer-Union, wo die unfähigen, die faulen Staaten des Südens von den fleißigen Staaten des Nordens finanziert werden . Ausgang ? Man weiß es nicht, hängt davon ab, wann die Menschen in Deutschland/Österreich/Dänemark zu rebellieren beginnen ob des derzeitigen Milliarden-Diebstahles durch die EZB zugunsten südeuropäischer Schuldenheinis. Ich bin heute dafür, dass der Euro zweigeteilt wird, in einen Nord-Euro und einem Süd-Euro, zumindest.
@Dr.P. Dänemark ist nicht Mitglied der Währungsunion.
Danke für den Hinweis, habe ich verwechselt, da Dänemark mit Österreich, Schweden und Niederlande vor rund einem Jahr unter Führung von Sebastian Kurz dafür gekämpft haben, dass über die Corona-Hilfe nicht durch die Hintertüre eine Transfer-Union eingeführt wurde.