
Andreas Tögel: Produkt aus Ignoranz und Hybris
Der Untertitel des 1984 von der US-Historikerin Barbara Tuchmann veröffentlichten Buches „Die Torheit der Regierenden“ (im Original: „The March of Folly“) lautet: „Von Troja bis Vietnam“. Angesichts der Narrheiten, die von Regierungen rund um den Globus seither geliefert wurden, scheint eine Fortsetzung dringend geboten, findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Ökonomische Fehlentscheidungen hat die Amerikanerin in ihrem Buch ausgespart. Allerdings gibt aber gerade die von den meisten Obertanen in Wirtschaftsfragen gezeigte Kombination von Unvernunft und Hybris viel her. Der Wirtschaftsnobelpreisträger F. A. von Hayek spricht von einer „Anmaßung von Wissen“. Interventionismus ist das daraus resultierende Phänomen. Der einschlägige Eintrag Auf Wikipedia lautet: Interventionismus bezeichnet allgemein die Neigung oder Bereitschaft eines Staates, in die Vorgänge in einem fremden Bereich (etwa…in der Privatwirtschaft) aktiv mit politischen oder militärischen Maßnahmen einzugreifen. Weiter heißt es: Es geht dabei in erster Linie um Maßnahmen, die über die Gestaltung der gesetzlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen des Wirtschaftens…hinausgehen und in die Wirtschaftsprozesse eingreifen. Im Klartext: Menschen, die ihr Lebtaglang nie einen Betrieb von innen gesehen, geschweige denn ein Unternehmen geführt oder gar gegründet haben, halten sich für qualifiziert, den Markt zu regulieren, Unternehmen und deren Kunden zu bevormunden, und ihrem Willen zu unterwerfen.
Jeder Marktteilnehmer trifft am freien Markt autonome Entscheidungen
Das ist problematisch. Auf einem freien Markt trifft jeder Marktteilnehmer autonome Entscheidungen, die ihrerseits Einfluss auf das Verhalten anderer Akteure nehmen. Die Präferenzen variieren: Einige sind bereit, das Risiko einer Unternehmensgründung auf sich zu nehmen und volatile Einkommen zu akzeptieren. Die meisten ziehen das feste Einkommen eines Angestellten vor. Manche sind bereit, für bestimmte Genussmittel viel Geld lockerzumachen und sparen dafür bei anderen Ausgaben. Wieder andere legen Wert auf schnelle Autos, verzichten dafür aber auf teure Urlaubsreisen. Einen Gleichschritt gibt es nicht. Allfällige Fehlentscheidungen, die eine wirtschaftlich prekäre Lage zur Folge haben, finden nicht gleichzeitig statt, da jeder Mensch sein Schicksal eigenständig gestaltet und verantwortet.
In einer Planwirtschaft dagegen, hält die Regierung sich für allwissend und trifft Entscheidungen, die alle Untertanen binden. Irrt die Regierung – und das tut sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit -, können die Folgen dramatisch sein. Ein gutes Beispiel ist die von der EU und einigen nationalen Regierungen betriebene Energieplanwirtschaft, die ohne Rücksicht auf Verluste (z. B. auf immer wahrscheinlicher werdende Blackouts) auf „erneuerbare Energien“ setzt und – trotz Strommangels – die Elektromobilität forciert. „Das Netz fungiert als Speicher – und das ist alles ausgerechnet“ (Annalena Baerbock). Die Regierung verschwendet keinen Gedanken daran, dass es derzeit keine großtechnische Speichermöglichkeit für Elektrizität gibt. Absehbares Ergebnis: Wo Wirtschafts- und Technikanalphabeten am großen Rad drehen, werden demnächst die Lichter ausgehen.
Interventionen in Wirtschaftsabläufe hat sekundäre Konsequenzen
Die Lust der Regierung auf Interventionen in Wirtschaftsabläufe, hat auch sekundäre Konsequenzen. Der Begriff „Interventionskaskade“ stammt zwar aus dem Bereich der Medizin (er beschreibt, dass einer Intervention regelmäßig weitere Interventionen folgen müssen), passt aber ebenso in die Sphäre der Ökonomie. Aktuelles Beispiel: Die EU interveniert in einen außerhalb ihres Territoriums tobenden Krieg. In der Folge wird die Versorgung mit wichtigen Energieträgern problematisch und deren Preise explodieren. Die (so gut wie ausschließlich) am Verbleib im Amt interessierten Regierungen reagieren mit Zuschusszahlungen an dadurch notleidende Haushalte und Betriebe, was aufgrund der horrenden Kosten die Staatshaushalte in Schieflange bringt. Das wiederum fördert die Entstehung von Enteignungsphantasien, die in Forderungen nach konfiskatorischen Steuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften gipfeln und zur Verstaatlichung von Schlüsselindustrien führen (Beispiel: Uniper).
"Übergewinne abschöpfen, Markt regulieren, Löhne rauf, Preise runter"
Die SPÖ Niederösterreich propagiert im aktuellen Landtagswahlkampf: „Übergewinne abschöpfen, Markt regulieren, Löhne rauf, Preise runter, OMV verstaatlichen“ und – wie könnte es anders sein – einen „Spritpreisdeckel“. Forderungen, die aus marxistischen Lehrbüchern stammen könnten. Sollte diesen nachgegeben werden, wäre prompt die nächste Interventionswelle fällig. Schließlich käme es zu serienweisen Firmenbankrotten (wie sollten die Betriebe wohl höhere Löhne bezahlen, wenn sie zugleich ihre Angebote verbilligen müssten?), was die Arbeitslosenzahlen nach oben treiben und das Sozialbudget zusätzlich belasten würde. Höhere Steuern wären die unausweichliche Folge, da die Schuldenlast endlich ist. Außerdem würde das Angebot an Treibstoffen drastisch zurückgehen, weil vom Draufzahlen schließlich niemand leben kann. Jeder hoheitlich oktroyierte Preisdeckel – gleich worauf – führt nämlich zum Angebotsmangel. Bürokratische, teure und ineffektive Spritbeschaffungs- und Verteilungsprogramme stünden am Ende dieser Interventionskaskade.
Dem Ökonomen Ludwig von Mises ist eine profunde Generalabrechnung mit den Segnungen des Sozialismus zu verdanken, die er in seinem Buch „Kritik des Interventionismus“ zusammenfasst. Fazit: Wirtschaftsinterventionen bedeuten, die Büchse der Pandora zu öffnen. Denn der Staat hat für zwar den Ordnungsrahmen zu sorgen, sich aber direkter Eingriffe zu enthalten und keinesfalls selbst unternehmerisch tätig zu werden. Tut er es doch, heißt die Endstation Sozialismus. Mises formuliert es seinem Werk „Die Bürokratie“ so: „Wer seinen Mitmenschen zu dienen nicht in der Lage ist, der will sie beherrschen.“
Kommentare
Man kann Eingriffe in die Wirtschaft nicht isoliert sehen, die Weltpolitik spielt hier eine wesentliche Rolle, so z.B. die Sanktionen gegen Rußland und kriegerische Aktionen, die zur Verknappung von Rohstoffen führen.
Alles, was schlecht an staatlichen Interventionen ist, ist gut und prägnant dargestellt und sollte unbedingt Beachtung finden. Keinerlei staatliche Eingriffe enden aber im “Manchester-Liberalismus”. Diese Einstellung hatte, um willkürlich nur ein Beispiel herauszugreifen, die britische Regierung 1848, als die Kartoffelernten verfaulten und in Irland die große Hungersnot ausbrach. Viel zu spät und viel zu wenig erfolgte erst die Hilfe und Millionen verhungerten und mussten auswandern. Die weiter irische Geschichte und was wir heute noch an Problemen in Nordirland wahrnehmen folgten aus dieser “Nichtintervention”.
Da muss ich dem Autor durchaus recht geben, grundsätzlich! Fast alle regulatorischen Staatseingriffe enden(endeten) im Desaster! Das kann man jahrzehntelang zurückverfolgen z. B. VOEST-heute privatisiert etc. Guter Artikel danke!
H. U.
Sehr richtig und gehört jedem Politiker und Beamten von Brüssel bis Wien ins Stammbuch geschrieben. Das alleine wird jedoch nicht viel helfen, die Versuchung und die Dummheit sind zu groß. Wir brauchen eine Reform an Haupt und Gliedern und eine institutionelle Beschränkung der Eingriffsrechte des Staates (inklusive EU, wenn es noch Sinn erheben soll dabei zu bleiben – einfacher wäre wohl ein genereller Übergang aller EU-Staaten zur EFTA), sodass diese Interventionen gar nicht erst auftreten KÖNNEN (oder wenn, dann nur mit direkt-demokratischer Zustimmung der Bevölkerung). Das betrifft alle Ebenen, von EU über Bund, Länder bis zu Gemeinde und Bezirk (da geschieht ja auch genug Unsinn, etwa im Verkehrsbereich).
Ach ja, und all die Arbeitslosen, Behinderten und Alten haben am “freien Markt” des Herrn Tögel freiwillig die Entscheidung getroffen, mit sehr wenig Geld auszukommen. 🙄 Eingriffe der Regierung in die Wirtschaft sind a priori weder gut noch schlecht. Es kommt bei jeder Maßnahme darauf an, wie sinnvoll sie ist. Das Verbot von Verbrennungsmotoren halte ich z.B. nicht für sinnvoll. Die Abhängigkeit von ausländischem Öl und Gas zu reduzieren aber sehr wohl. Es spräche auch nichts dagegen, wieder vermehrt Medikamente in Österreich und der EU zu erzeugen, um die Abhängigkeit von China und Indien zu verringern, auch wenn die Regierung den Herstellern durch steuerliche Vergünstigungen entgegen kommen müsste.
Richtig ! Es steht in den Büchern, aber unsere Demokratien, haben sich zur DDR 2.0 entwickelt, das ist so bequem für die Politik ! Die “Oberklasse” von Davos, über Brüssel, bist New York, ist längst dazu übergegangen, den “Vatikan” zu geben, unfehlbar und “unabhängig”, weil “das Volk” eh zu blöd ist ! Vox populi Vox Rindvieh, lautet die “Entschuldigung” der Übermenschen, zu denen sich gerne die Beamten und Oberlehrer gesellen ! Warum werden nicht die Pilger nach Davos, öffentlich bloßgestellt ? …Achso, das ist wie Corona—-ALLE machen mit ?