
Andreas Tögel: Staatliches gegen privates Geld
Viele sind der Ansicht, das Geldwesen gehöre in staatliche Hand. Doch eine wachsende Zahl von Zeitgenossen teilt diese Überzeugung nicht. Die vor allem beim jüngeren Publikum zunehmende Popularität privater Alternativen zum staatlichen Geld liefern dafür den Beweis, weiß eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Tatsächlich ist die Geschichte staatlicher Währungen die Geschichte der systematischen Geldwertreduktion zugunsten der Herausgeber. War früher die Münzverschlechterung das Mittel der Wahl (der Edelmetallanteil der Münzen wurde einfach reduziert), bietet das Papiergeldzeitalter noch billigere Möglichkeiten: Die Notenbanken drucken – zu minimalen Kosten – Geldscheine nach Belieben, oder man schöpft, völlig gratis, Geld im digitalen Raum. Die Folgen dieser Geldinflation sind durchwegs nachteilig: allgemeiner Preisauftrieb, Schuldenmachen wird attraktiv, Sparer werden bestraft, private Vorsorgen (Bargeldreserven und klassische Erlebensversicherungen) werden entwertet, Kurzfristdenken und Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen nehmen zu.
Private Kryptowährungen, die auf der Blockchaintechnologie basieren, bieten eine inflationsresistente Alternative zum staatlichen oder suprastaatlichen Schwundgeld. Der ihnen zugrundeliegende Algorithmus limitiert nämlich die Zahl emittierten Einheiten – bei Bitcoin zum Beispiel auf 21 Millionen (zum 20. 5. waren rund 90 Prozent davon, nämlich 19,05 Mio., bereits erzeugt). Der Kurs für ein Bitcoin lag am 20. 5. bei 33.200 Euro, nachdem er zuvor kurzfristig schon bei rund 54.000 Euro angelangt war. Eine kräftige Korrektur. Auch andere Kryprowährungen erlebten einen Absturz. Die hohe, zuletzt wohl durch Marktmanipulation und die Mitnahme von Spekulationsgewinnen bedingte Volatilität von Bitcoin & Co. mag viele Investoren abschrecken. Immerhin brauchen sie sich – anders als die Halter staatlichen Geldes – vor einer gewaltsamen Enteignung (vorerst) nicht zu fürchten. Davor schützt nämlich die Anonymität der Kryptowährungen. Diese Qualität teilen sie mit anonym gekauften Edelmetallen – allerdings mit dem Vorteil, dass Kryptos geradezu den Inbegriff eines transportablen Wertes darstellen. Wer 500.000 Euro in Gold mit auf die Reise nimmt, muß gegenwärtig etwa 10 Kilo schleppen. Bitcoins dagegen wiegen gar nichts. Die Kenntnis des Kryprocodes allein reicht aus, um darauf an jedem beliebigen Punkt der Welt zugreifen zu können. Kein Metalldetektor oder Polizeihund kann sie aufspüren. In Zeiten wachsender Begehrlichkeit des Fiskus macht sie das für viele Anleger interessant.
Jedes staatliche Fiatgeld findet ein Ende
Eine Frage bleibt: Wird sich im Fall der Fälle (nach Hyperinflation und Systemcrash) jemand finden, der bereit ist, Kryptos gegen Realwerte wie Lebensmittel, Bekleidung oder Treibstoffe, in Zahlung zu nehmen und, wenn ja, in welchem Verhältnis zur Ware? Die Probe aufs Exempel steht aus – anders als bei (Gold-)Münzen, die sich diesbezüglich über Jahrtausende bewährt haben: Ein komplettes Herrenoutfit war zur römischen Kaiserzeit für eine Unze Gold zu haben. Dabei ist es bis heute geblieben.
In dem Maße, in dem die Kapitalisierung der Kryptowährungen zunimmt, wächst die Eifersucht staatlicher Geldproduzenten. Die Argumente für eine Regulierung von Bitcoin & Co. sind dieselben, die bei der Einschränkung der Bargeldverwendung vorgeschoben werden: Kampf gegen Geldwäsche, Kriminalität und Steuerhinterziehung. Das sind indes Vorwände. Den Regulatoren geht es nur um die Bewahrung ihres Geldmonopols und um die Kontrolle jeder Geldbewegung. Dass im totalitär regierten China die Verwendung von Bitcoins inzwischen verboten wurde, spricht Bände.
Ob man zum Schutz vor einer galoppierenden Preisinflation auf Edelmetalle oder auf Kryptos setzt, ist Geschmackssache. Dass jedes staatliche Fiatgeld – eher früher als später – sein Ende findet, sollte indes jedermann klar sein. Wie formulierte es Voltaire schon vor einem Vierteljahrhundert: „Papiergeld kehrt irgendwann zu seinem inneren Wert zurück – Null“.
Andreas Tögel, geboren 1957, ist gelernter Maschinenbauer und ausübender Kaufmann. Tögel sieht sich als Libertären und im Hayekschen Sinne als „second hand dealer of ideas“.
Kommentare
Bitcoin eignet sich nicht als Währung, genauso wie Edelmetalle und alles, was sich nicht beliebig ausweiten lässt. Das Problem dabei ist, dass durch Zinseszins, der für Ausleihungen gegeben wird, ansonsten am Ende alles Geld bei einer Person landet. So weit kommt es halt nie. Es ist richtig, dass es solche Währungen in der Vergangenheit immer wieder zerrissen hat.
Man braucht sich das nur durchdenken, was passiert, wenn ich Goldmünzen als Währung einsetze und dann damit auch Zinsen bezahle. Irgendwann hat der Geldverleiher alle verfügbaren Goldmünzen.
Die Lösung dafür war Schwundgeld. Also ein Geldschein, der mit der Zeit immer weniger wert wird. Das ist so nicht praktikabel, daher hat man es umgekehrt gelöst: Geld wird automatisch ständig geringfügig abgewertet. Und zwar genau in dem Maß, in dem die Anzahl an Einheiten durch Zinsen angewachsen ist.
Zudem muss die umlaufende Geldmenge dem jeweils aktuellen Bedarf angepasst werden. Der Bedarf ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Menschen im Währungsraum – also in dem Land, in dem die Währung gilt. So wird der Wert stabil gehalten und reduziert sich nur um die Ausweitung der Währungseinheiten durch Zinsenzahlungen.
Das Abschaffen von Zinsen auf Ausleihungen ist nicht realisierbar, weil niemand Geld verleihen wird, ohne einen Vorteil daraus zu haben. Allein wegen des Risikos, es evtl. nicht zurückzubekommen.
Bei Bitcoin gibt es eine bekannte maximale Menge, bei Edelmetallen ist die maximale Menge, die Vermutung, wie viel es davon noch gibt und wie hoch der Aufwand dafür ist, es abzubauen und damit in Umlauf zu bringen. Aber es ist eben begrenzt.
Grob gesprochen, muss es eine Möglihckeit geben, dass der Wert des Geldes beim Verleiher durch Zinsen nicht dazu führt, dass der am Ende alles hat, was von dem Geld da ist.
Dass das Anwerfen der Druckerpressen tatsächlich keine nennenswerten Auswirkungen auf den Wert der Währungseinheit hat, könnte darin liegen, dass der Euro mittlerweile in vielen Ländern mittlerweile als Weltwährung gilt. Geld, das außerhalb des Währungsraums verwendet wird, wirkt sich auf den Wert der Währungseinheit nicht aus. So lange dieses Geld außerhalb des Währungsraums bleibt. Deswegen gibt es Kriege der USA überall dort, wo man aufhören will, mit US-Dollar zu zahlen, weil das bedeutet, dass das Geld wieder in die USA zurückkommt.
Wenn ich als EZB beispielsweise in das Land XY eine Millarde Euro bringe, bekomme ich dafür Waren von dort. Jetzt geht es nur noch darum, dass dieses Geld nie wieder zurückkommt – ich also nie selbst irgendwelche Waren dafür hergeben muss. Erst dann würde es sich auf den Wert der Währungseinheit auswirken.
Noch ergänzend: Die EZB bekommt in dem Beispiel freilich nicht die Waren oder Dienstleisutngen aus dem Land, sondern das wird hier ausgegeben und Bürger innerhalb des Währungsraums bekommen dafür Waren. Per Saldo ist dieses Geld den Leuten im Währungsraum geschenkt, weil niemand anderer aus dem Währungsraum dann etwas dafür liefern muss.
Außerhalb des Währungsraums sind freilich auch alle Länder innerhalb der EU, die nicht Euro als Währung haben. Das ist sicherlich ziemlich viel und vielleicht das Geheimnis hinter dem Phänomen, dass die Ausweitung der Geldmenge keine nennenswerte Auswirkung auf den Wert der Währungseinheit hat.
Voltaire wusste halt auch nicht alles und die Zeiten damals waren andere. Früher war es halt so, dass jede Generation mehrmals den Zusammenbruch der Währung erlebt hatte.
Ich habe mittlerweile zumindest zweimal nur erlebt, dass das angekündigt worden ist. Einmal Ende der 1970er-Jahre und nun auch bei der Finanzmarktkrise.
Ich denke auch jetzt ist diesbezüglich nichts zu befürchten.
In einer Währung zu sparen bedeutet immer einen Verlust. Egal ob die Sparbuchzinsen 0 % oder 10 % sind. Entsprechend höher oder niedriger fällt dann die permanente schleichende Inflation aus.
Pardon – im letzten Satz sollte es natürlich heißen “…vor einem Vierteljahrtausend…”