Andreas Tögel: Weg mit der kalten Progression!
Der Finanzminister und die Sozialversicherungen sind bei jeder Gehaltsverhandlung als unsichtbare Teilnehmer mit dabei. Hauptprofiteur jeder Lohnerhöhung sind nämlich leider nicht die Dienstnehmer. Es vielmehr der Staat.
Die kürzlich ausverhandelte Erhöhung der Löhne und Gehälter für die Mitarbeiter der metallverarbeitenden Industrie, kann die Gewerkschaft als beachtlichen Erfolg verbuchen. 3,55 Prozent Plus können sich sehen lassen. Welcher – möglichweise negative – Beschäftigungseffekt von dem hohen Abschluss ausgehen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist eine deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegende Bezugserhöhung – angesichts der gegenwärtig stark zunehmenden Geldentwertung – leicht zu begründen. Die Arbeitnehmer fordern zurecht einen Ausgleich für ihren Kaufkraftverlust.
Zweifellos wird dieser Abschluss Signalwirkung für andere Branchen haben. Zum Zeitpunkt, da diese Zeilen geschrieben werden, wird zum Beispiel gerade über die Lohnerhöhung im Handel gefeilscht. Auch hier ist mit einer stärkeren Erhöhung zu rechnen als in den Vorjahren. Dass Kaufkraftverluste, die der inflationistischen Geldpolitik der EZB geschuldet sind, durch hohe Lohnabschlüsse ausgeglichen werden, wird die allgemeine Teuerung indes noch weiter vorantreiben. Darüber freuen kann sich niemand anderer als der Fiskus – dazu später.
Ein hoher Lohnabschluss, der für Unternehmen A leicht zu verkraften ist, kann Unternehmen B schon in Bedrängnis bringen
Was bei allem Jubel über steigende Löhne und Gehälter nicht übersehen werden darf, ist die Tatsache, dass sich Kollektiventscheidungen für unterschiedliche Betriebe auch unterschiedlich auswirken. Ein hoher Lohnabschluss, der für Unternehmen A leicht zu verkraften ist, kann Unternehmen B schon in Bedrängnis bringen. Der betriebswirtschaftlichen Realität würde es daher eher entsprechen, Lohnverhandlungen auf Unternehmensebene zu führen und nicht branchenweit. Das würde einerseits die Bedeutung der Betriebsräte erhöhen und andererseits den Übermut der Gewerkschaften zügeln. Aber weil das so ist, werden letztere diesen ökonomisch zweckmäßigen Gedanken mit aller Macht – und am Ende erfolgreich – bekämpfen.
Was leicht übersehen wird: Der Finanzminister und die Sozialversicherungen sind bei jeder Gehaltsverhandlung als unsichtbare Teilnehmer mit dabei. Hauptprofiteur jeder Lohnerhöhung sind nämlich leider nicht die Dienstnehmer. Es vielmehr der Staat. Die liberale Denkfabrik Agenda Austria hat die Konsequenzen des rezenten Metallerabschlusses durchgerechnet: Im Durchschnitt darf sich jeder Arbeiter der Branche über ein Nettolohnplus von 70 Euro pro Monat freuen. Der Staat indes kassiert 100 Euro zusätzlich. Der Zugewinn für den Fiskus liegt damit um 43 Prozent über dem des Arbeitnehmers. Bei den Angestellten fällt das Missverhältnis noch krasser aus: Ihnen winkt ein Gehaltsbonus von 95 Euro, während der Staat 144 Euro (!) lukriert – das sind gar um satte 52 Prozent mehr.
Bei jeder Lohnrunde sitzt der Staat mit am Tisch
Es bedarf keiner Raketenwissenschaft, zu erkennen, dass für die Dienstgeber nicht die an ihre Mitarbeiter fließenden Nettobeträge zählen, sondern die Bruttolöhne, die in der betrieblichen Kalkulation einen wesentlichen (in einigen Branchen sogar den entscheidenden) Kostenfaktor bilden. Die durch hohe Abschlüsse bedingten, stark steigende Lohnkosten, kommen aber, wie das Beispiel der Metaller zeigt, gegenwärtig nur zu 41 Prozent (bei den Arbeitern) und zu 40 Prozent (bei den Angestellten) an. Den Löwenanteil kassiert Big Brother.
Nicht zu Unrecht wird daher seit Jahr und Tag – nicht nur von den Arbeitgebern – ein Ende der „kalten Progression“ gefordert, die den größten Beitrag zum oben dargestellten Problem liefert. Solange jede Lohnerhöhung automatisch einen Schritt weiter in eine höhere Steuerstufe bedeutet, verpufft nicht nur ein großer Teil deren Wirkung für die Arbeitnehmer, sondern belastet zudem die Dienstgeber mit vermeidbaren Extrakosten.
Daher ist es hoch an der Zeit, eine Valorisierung der Tarifstufen vorzunehmen, die sich an der Höhe der Geldentwertung orientiert. Dass der Finanzminister sich angesichts des gegenleistungsfreien Körberlgeldes die Hände reibt, das ihm jede Lohnrunde bringt, ist nämlich alles andere als ein Grund zur Freude.
Kommentare
Verehrter Dr. P., wie geschrieben, geht es darum, dass der Staat den Löwenanteil jeder Lohnerhöhung vereinnahmt. Die Dienstgeber zahlen höhere Löhne also nicht den von ihnen beschäftigen Mitarbeitern, sondern mästen den ohnehin schon weit aufgeblähten Staat. Das finden Sie gut?
Was die “Umverteilung von oben nach unten” angeht: Die ist weitgehend ein Mythos. Umverteilung findet primär von den Bürgen zum Staat statt, oder horizontal innerhalb derselben Einkommensklassen (dazu gibt es Literatur). “Soziale” Wirkung hat der geringste Teil der stattfindenden Transfers.
Sozialabgaben sind übrigens – jedenfalls nicht, soweit es die Pensionen betrifft – durchaus keine Steuern, da ihnen ja – anders als bei Steuerleistungen – konkrete Ansprüche gegenüberstehen.
Verzeihen Sie mir, es heißt selbstvrständlich richtig: Lieber Herr Tögel ….
Lieber Herr Tögel, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, selbstverständlich ist Ihre Kritik völlig berechtigt. Ich sehe das nur als kleines Problem angesichts der ganz großen Problemfelder. Eines wäre das Gesundheitssystem, dass derzeit nicht weniger als 33 Milliarden Euro verschlingt, nur die Leistungen werden nicht besser. Derzeitiger Schmäh, insbeondere der SVS, es gibt immer weniger “Kassenärzte” . Man soll zu einem “Privatarzt” gehen, dann bekommt man großzügig 30% der Kosten ersetzt. Gedanke dahinter ? Man nimmt so viel wie möglich Geld, davon zieht man alle “Gehälter und wohlerworbene Rechte” ab, den Rest verteilt man anteilig an die “Zwangsmitglieder”. Tolle Idee vom Chef Harald Mahrer, somit ist die Exitenz dieses Versicherungsträgers bis in alle Ewigkeit gesichert, nur die “Zwangsmitglieder” bekommen immer weniger, zuletzt dann ein “Mitleids-Schreiben”, dass man bedaure, aber hofft, dass man wieder so schnell wie möglich gesund wird. Weitere Problemfelder ? Stadt Wien mit seinen derzeit 3 Milliarden Defizit und Andrehen der Gebührenschrauben bis oben, Beamtenprivilegien, die in der Schweiz bereits in den 1990ger Jahren abgeschafft wurden , Medien in Österreich, die ohne Föderungen nicht mehr leben können, die öffentlichen Schulen in Wien, die nur noch “Sozialfälle” aus ideologischen Gründen produziert, Universitäten, die bessere Berufsschulen sind, Genosssenschaftswohnbau, die von gesetzeswegen keine Gewinne machen dürfen, aber sich Gehälter auszahlen wie in Groß-Konzernen üblich und wirklich ansehnliche Gewinne produzieren, Asylweber , die in Wien in Luxuswohnungen untergebracht werden. Vielleicht werden wir uns einmal in unserem Leben treffen, dann nehmen Sie sich einige Stunden Zeit, die Liste ließe sich noch ein ganzes Stück weiterführen
Den Vorschlägen von Hrn.Tögel stimme ich vollinhaltlich zu. Aber wer verwirklicht sie?
Im Prinzip gibt es in Österreich keine wirtschaftsliberale Partei. Die Türkisen setzen eher auf das französische Modell: Hohe Steuern für alle aber Förderungen für die von der Politik ausgewählten Betriebe und Wirtschaftszweige. Und natürlich ein großer Verstaatlichtensektor bzw viele Staatsbeteiligungen (gut für Posten und Einfluss). Ein starker Staat braucht hohe Steuern. Wenn die Steuern auf Arbeit gesenkt werden, werden andere erhöht (diverse Umweltsteuern, CO2 Steuern, Energieabgaben, Immobilien- und Kapitalsteuern etc.). Da ist nicht viel Platz für Steigerung des allgemeinen Lebensstandards. Es gibt allerdings politisch Begünstigte und weniger Begünstigte, wobei die Leistung des einzelnen immer weniger zählt.
Kurz hatte sogar in ZWEI WAHLKÄMPFEN gefordert, dass die kalte Progression angeschafft wird (dann gibt es bei 3,5% Lohnerhöhung für Staat und Arbeitnehmer gleich viel, also jeweils 3,5 % mehr, zum Beispiel plus 100 EUR für den Staat und plus 100 EUR für den Arbeitnehmer.
Aber bei zwei Steuerreformen hat er dann verweigert, das für den Bürger umzusetzen.
Inseratenausgaben sind aber gleich um ein Vielfaches erhöht worden.
Zu Recht !! Denn die Abschaffung würde nur den wirklich gut Verdienenden etwas bringen, die das aber nicht notwenig haben. Ein Beibehalten führt aber dazu, dass man alle 4/5 Jahre eine Umverteilung von oben nach unten vornehmen kann, in Östereich höchst wichtig, weil das Steuermonster bereits dort zuschlägt, wo man vom Brutto noch gar nicht leben kann. Das wurde Sebastian Kurz gesagt. P.S Mutiger wäre eine Diskussion darüber, dass man Sozialabgaben endlich auch so nennt, was sie sind, nämlich Steuern. Und warum dort, wo man von seinem Geld nicht leben kann, bereits diese Steuerlast anfällt. Fazit ist, dass unser Gesundheitssystem völlig missgewirtschaftet ist, weil immer mehr Geld hineinfließt,aber immer weniger herauskommt, derzeit werden dem einfachen Hackler nicht einmal die Zähne bezahlt, aber die obere Schichte im Gesundheitssystem immer mehr verdient. Habe schon Herrn Tögel angeraten, darüber zu recherieren und zu schreiben, allerdings kommt er wieder mit dieser alten Nummer.