
Anna Dobler: Das Versagen des ORF
Derzeit ringen drei Bewerber um den wichtigsten Medienjob des Landes. Allesamt haben sie Konzepte vorgelegt, wie der ORF künftig moderner, digitaler, ja sogar diverser werden soll: Doch in erster Linie muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich dringend sein Informationsangebot verbessern. Bei der Flut in Salzburg und Tirol vor einer Woche hat er leider kläglich versagt.
Die nobelste und wichtigste Aufgabe des ORF, also der Grund, warum Millionen Österreicher eine nicht gerade knappe Zwangsabgabe dafür berappen müssen, ist zuerst die Information. Nicht die Erziehung. Nicht die Vorverurteilung. Nicht die Unterhaltung. Und schon gar nicht die Kumpanei mit Oppositionsparteien gegen die Regierung. Während die letztgenannten Beispiele aber schon sehr gut vor allem am Küniglberg praktiziert werden, scheint Ersteres zunehmend in den Hintergrund zu treten. Als vor einer Woche eine Flut unfassbaren Ausmaßes die Innenstadt von Hallein unter Wasser setzte, reagierte der ORF erst viel zu spät. Viele Menschen sind daher von dem Hochwasser überrascht worden. Hätten sie früher gewarnt werden müssen? Eine Spurensuche.
Erste Meldungen um 21.44 Uhr
Erstmals Alarm schlug das Land Salzburg am Samstagabend gegen 21.44 Uhr: “ACHTUNG, ACHTUNG, eine wichtige Information für die Bewohner der Stadt Hallein – es wurde Zivilschutzalarm ausgelöst.” Der Kothbach trat über die Ufer, die Situation war zunehmend angespannt. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, in den Häusern zu bleiben, Tiefgaren und Keller zu meiden und sich auch von den Dämmen und Fließgewässern fernzuhalten. Zeitgleich spitzte sich auch die Hochwasser-Lage in Tirol dramatisch zu.
Vom ORF hörte man zu diesem Zeitpunkt: nichts. Dabei kam das Wasser wenig überraschend. Tagelang dominierte bereits die Todesflut von Deutschland die Berichterstattung. Ebenfalls ausgelöst durch Starkregen. Und Unwetter machen bekanntlich nicht Halt an Landesgrenzen. Grundsätzlich sind Salzburg und Tirol für solche Situationen gut gerüstet – anders offenbar der ORF: Denn auch 15 Minuten später war auf seiner Homepage noch keine Meldung über den ausgelösten Zivilschutzalarm zu lesen. Zu diesem Zeitpunkt kursierten bereits unzählige Fotos und Videos in sozialen Medien, aufgenommen noch bei Tageslicht, die zeigten, wie Wassermassen Häuser fluteten, Autos durch die Straßen schwemmten und sogar Menschen mitrissen. Die Warnungen hatten sie offenbar nicht erreicht.
Premieren-Gäste verließen "Jedermann" vorzeitig wegen der Flut
Das “Timing” für das Hochwasser war für Salzburg freilich “suboptimal”. Zeitgleich fand nämlich die Premiere der Neuinszenierung des Jedermann statt mit prominenten Namen und allerlei Zeitgeist. Alles, was Rang und Namen hat in der Mozartstadt, hatte sich im Festspielhaus versammelt. Gut möglich, dass unter den Gästen auch leitende Redakteure des ORF waren, aber das darf keine verspätete Reaktion entschuldigen. Denn auch innerhalb der festlichen Hallen dürfte sich die Nachricht von der verheerenden Flut schnell rumgesprochen haben.
Wie mir der Bürgermeister von Oberndorf etwa erzählt hat, Georg Djundja, hat er selbst nur in den ersten 20 Minuten an der Premiere teilgenommen, “dann musste ich abbrechen aufgrund der immer schneller steigenden Salzach-Pegelstände und dem neuen Lagebericht des Landes Salzburg für Oberdorf.” Er hat seine Prioritäten richtig gesetzt. Zeitgleich noch immer kein erkennbares Zeichen vom ORF.
Selbst die deutsche BILD machte noch in der Nacht mit Hallein auf
Kurz nach 22 Uhr haben dann private Medien auf die Flut-Bilder reagiert. Die Online-Präsenz der größten Tageszeitung des Landes machte mit Berichten aus Hallein auf. Auch oe24 ging zu dieser Zeit mit der Flut-Katastrophe online und entsendete eigens einen Flut-Reporter in die Krisenregion, der aktuell berichtete. Immer mehr private Medien zogen nach mit Live-Tickern und umfassender Berichterstattung. Selbst das deutsche Bild.de machte noch in der Nacht mit Salzburg auf: “Wassermassen wälzen sich durch Hallein: Flut-Schock in Österreich!”
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter war der Hashtag “Hallein” bereits seit einer halben Stunde das Top-Thema. Die ganze Welt blickte auf die Salinenstadt im Tennengau, während der ORF auf seiner Startseite über irgendwelche Krisenherde im Ausland berichtete.
Der ORF berichtete erst nach Mitternacht live im TV von einer Flut, die zu dem Zeitpunkt längst vorbei war
Erst nach 23 Uhr – als der Höhepunkt der Flut längst überwunden war – griff der ORF das Thema schließlich auf. Um 23.14 Uhr setzte er eine Eil-Meldung ab: “Extreme Regenfälle führen zu Hochwasser: Zivilschutzalarm in Hallein und Mittersill (Salzburg) sowie in Kufstein (Tirol).” Die Meldung erfolgte somit eineinhalb Stunden später, nachdem der Alarm ausgelöst worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt Hallein längst Notunterkünfte eingerichtet und das Wasser weitestgehend zurückgedrängt.
Um 0.15 Uhr sendete der ORF schließlich noch ein ZIB Spezial. Das Wiener Studio schaltete zu einem Redakteur vom Landesstudio, der in den dunklen Gassen von Hallein stand und über eine Flut berichten sollte, die zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr existierte. Hinter ihm fuhr ein Wagen der Feuerwehr, die Aufräumarbeiten waren also bereits in vollem Gange, als der ORF seine Zuschauer erstmals im Fernsehen über das Hochwasser informierte. Das war definitiv zu spät.
Private Medien konnten leisten, was der ORF nicht zustande brachte
Erst Tage zuvor waren öffentlich-rechtliche Medien in Deutschland, besonders der WDR, in die Kritik geraten, weil sie ebenfalls viel zu spät vor dem Hochwasser warnten. Als Grund nannten die Verantwortlichen unter anderem, dass sie selbst Opfer der Flut gewordene wären. Ein Sendestudio war von den Wassermassen überrascht worden. Dass der ORF in Wien unter Wasser stand, ist unterdessen ausgeschlossen. Warum also waren es die privaten Medien, die seine Kernaufgabe übernehmen mussten?
Wenn wir dieser Tage über die Zukunft des ORF diskutieren, dann sollten wir auch offen darüber sprechen, wie der ORF seine Kernaufgaben besser erfüllen kann. Irgendwelche privaten SMS-Chats sind vielleicht unterhaltsam, aber überlebenswichtig sind sie nicht. Warnungen vor einem Hochwasser allerdings schon.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg, lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
Kommentare
“Kläglich versagen” ist wohl das Konzept des Staatsfunks.
Auch mit der REALITÄT bzw. der MEINUNG DER GROSSEN MEHRHEIT hat ers nicht so….
Er transportiert nur noch kranken Mainstream und wirre Ansichten von Randgruppen (zB. selbsternannter “Politanalysten”. “WärSoGern-Journalisten” und “Klimaexperten” loool) , die beim ORF wie Blutegel mit Steuergeld gesägt werden. Auch erfindet er immer wieder bösartige Bezeichnungen (von Impfdrängler bis Covidioten alles dabei) für Menschen, die ANDERS ticken, als der ORF es gerne hätte….
Wer dem ORF traut, hat schon verloren!
Die Gesinnungsgenossinnen des ORF müssen sich doch um die rotgrüne Hofberichterstattung kümmern, das ist doch die prioritäre Aufgabe der Genossen. Im übrigen sind die Zwangssteuern an den Propagandafunk endlich abzuschaffen.
… vor allem auch weil der ORF mangels OBJEKTIVITÄT tagtäglich WISSENTLICH gegen das Rundfunkgesetz verstößt…
Dort steht geschrieben, daß der Sender zur OBJEKTIVEN BERICHTERSTATTUNG VERPFLICHTET IST!
Kann mich nicht erinnern, daß er das jemals tat! Und ich bin ü50!!!!
Die ORF Zwangsgebühren gehören dringend abgeschafft. Entweder ORF ganz abschaffen oder auf Pay-TV umstellen. Wer sich täglich linke Gesinnung und Trash reinziehen will, der sollte das aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Ich muss für den ORF zahlen…….leider.
Ich muss mir aber den ORF nicht ansehen……….gottseidank.
Danke für die sehr treffende Analyse. Dieser ist nichts entgegenzusetzen, allerdings etliches hinzuzufügen.
Dass der ORF seine Verantwortung im Zuge der Alarmkette (konkretes Beispiel Hallein) nur ungenügend oder verspätet erfüllthat, ist ein Aspekt.
Für mich viel schlimmer wiegt die gefärbte (oder neudeutsch “geframte”) Berichterstattung. Beispiele:
– das unausstehliche Gendern in Nachrichtensendungen und Reportagen
– das unreflektierte Nachplappern von Regierungsstatements ind er gesamten Corona-Thematik
– die krampfhafte Unterdrücken oder Verstecken der Nationalität von Straftätern bei abscheulichen Verbrechen, insbesondere bei den sogenannten “Femiziden”
– die unausstehliche Parteiergreifung für die legal oder illegal zureisenden Personen im Zusammenhang mit der Migrationsthematik
Und dazu, welcher Teil des ORF-Programms den staatlichen “Bildungsauftrag” erfüllt, mit welchem (u.a.) die Zwangsgebühren begründet werden.
Die Partei, die mir bei der nächsten NR-Wahl die Abschaffung der Zwangsgebühren und die Umstellung auf ein Pay-TV-System (was in der heutligen digitalen Sendetechnik eine Kleinigkeit wäre) verspricht, bekommt meine Stimme.
Der ORF ist bereits schon länger mit den deutschen Sendern gleichgeschalten, das künstlich wirkende Gendern der Sprache, also die nunmehr einsetzende Sprachvewirrung ist da nur ein Aspekt.
Hoffentlich ist Wrabetz bald weg.
Gerade war in den Ö1-Nachrichten von “Karlovy Vary” die Rede. Das heißt: Null Ahnung, dass es sich dabei um Karlsbad handelt. Allgemeinbildung oder Recherchewille: nicht feststellbar. Übrigens war auch in der DDR gerne von “Karlovy Vary” die Rede. Was als nächstes: Praha? Brno? Warszawa? Roma? Kobenhavn? Wenn man in Österreich nicht weiß, was Karlsbad war und ist, hat man im österreichischen Journalismus nichts verloren.
Ö1 wurde von den Grün*innen und sonstigen Linken vollkommen überkommen. Die fühlen sich dort ungestört und pudelwohl.
Ö1 ist sowas wie ein Kursalon für “Kaviar und Champagner Linke”. Dort können Sie ungestört die Geburts- und Todestage von Lenin, Stalin und Mao feiern, auf deren Großtaten, die selbst so manch gebürtigen Österreicher in vielen Bereichen übertrafen, anstoßen.
Man ist ja unter Genossen 😉
Der ORF ist journalistisch auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt. Man hat den Eindruck, im ORF sei dauernd die Hälfte der Belegschaft auf Urlaub. Praktisch auf alles wird mit Verzögerung reagiert. Die Wochend- und Feiertagsausgaben der ZiB bestehen zur Hälfte aus Tage zuvor vorbereiteten Beiträgen – dennoch sitzen dort um 19:30 zwei Moderatoren herum und verbreiten Ödnis. In Brüssel, Paris oder Rom bezahlt der ORF jeweils mehrere Korrespondenten – was zum Teufel machen die dort eigentlich die ganze Zeit? Die Auslandsberichterstattung ist fast nicht mehr vorhanden, speziell Europa kommt nur sporadisch vor. Dafür wurde über Monate hinweg über und aus Moria berichtet, es wurden sogar Journalisten dorthin entsandt – während für tatsächlich wichtige Ereignisse in Europa kein Korrespondent und keine Reise organisiert wurden. (Und übrigens: Die griechische Seite kam in all den Moria-Berichten nie vor, stets nur die ausländischen NGOs.) Immer wieder werden Namen falsch ausgesprochen, weil die erforderliche Allgemeinbildung nicht gegeben ist. Die intellektuelle Kompetenz ist provinziellem Mittelmaß gewichen. Mit öffentlich-rechtlichen Anstalten in der Schweiz, Deutschland oder Großbritannien kann der ORF nicht einmal annähernd mithalten. Dafür gibt es immer mehr Meinungsjournalismus statt solider Recherche. Was sich ORF-Journalisten wie etwa ein Herr Kappacher auf Twitter leisten, ist abenteuerlich. Manche ORF-Journalisten wollen offenbar aus dem ORF einen “Falter” oder “Standard” machen – das ist aber im ORF-Gesetzt nicht vorgesehen, und wenn die Herrschaften für “Falter” und “Standard” arbeiten wollen, sollen sie das tun, aber ohne die üppigen ORF-Gehälter.
Das System Wrabetz ist keine Gebühren mehr wert und hat nur noch Schrottwert. Um die eigene Existenz zu rechtfertigen und Quoten zu erzielen, wird eine schlechte “Dancing Stars”-Staffel nach der anderen gesendet und das Hauptprogramm mit Schisport vollgestopft. Der nächste ORF-General muss in diesem heruntergekommenen Privilegienstadl aufräumen und wieder für guten Journalismus sorgen. Wie früher unter Bacher sollten die möglichst besten Kräfte zum ORF kommen – nicht die mit den besten politischen Connections und der “richtigen” politischen Meinung. Für Plappermäulchen, die vor der Kamera stehen und die Haarsträhnen über eine Schulter gelegt haben und damit das Maximum an Kompetenz erreichen, ist dort genausowenig Platz wie für überhebliche Politaktivisten, die glauben, ihre private Weltanschauung sei so wichtig, dass sie den Gebührenzahlern ständig aufgedrängt werden muss und auch die Gewichtung sowie Auswahl der Themen bestimmen darf.
Treffender Kommentare
In erster Linie muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich dringend die missbräuchliche Verwendung von Firmeneigentum und -infrastruktur durch Mitarbeiter zur Verbreitung persönlich bevorzugter Ideologien sofort abstellen.
Falls das nicht gelingt: Macht aus dem ORF ein Pay-TV. Sollen die Anhänger marxistisch inspirierer Ideologien für deren Propaganda und Verbreiter selbst aufkommen.
Meinst du sowas wie die Belangsendung von der Schramböck wo sie für 300 000€ eine Belangsendung vom Wirtschaftsministerium produzieren und vom ORF hat ausstrahlen lassen?
Wahrscheinlich hatten die ORF-Redakteure keine Zeit, darüber zu berichten, weil sie mit dem Studium von Zack Zack und Falter beschäftigt waren.
🙂 Man hat wirklich den Eindruck, ein paar ORF-Leute würden am liebsten dort arbeiten. Aber das Gehalt möchten sie lieber beim ORF und von den Gebührenzahlern einstreifen, das würde ihnen bei Pilz und Klenk wohl eher nicht gefallen …
Eine sehr zutreffende Analyse!
Sehr gute Analyse Fr. Dobler! ORF-Gebührenmonopol wofür???
Wer sich den ORF-Käse ansehen möchte, mag das bezahlen – aber KEIN Gebührendiktat.
Oder anders ausgedrückt:
WEG MIT DIESEM ORF
T*ue*r-k*i*s??
Nö! Rot + Grün = Braun 😉
“Private Medien konnten leisten, was der ORF nicht zustande brachte” – Fr. Dobler, als “ausgebildete und studierte” Journalistin vermissen Sie den Sensationsjournalismus dieser Revolverblätter beim ORF? Dass eine BILD so aufmacht, bedarf echt keiner journalistischen Analyse. Aber Sie haben wohl die richtige Plattform zur richtigen Zeit erwischt, um ihre türkisen, nicht ausgebildeten und unstudierten Vorbilder beim ORF-Bashing “objektiv” zu unterstützen…
Ich finde, dass der ORF schon lange nicht mehr ausgewogen und objektiv berichtet.
Der ORF hat nicht nur bei der Flutberichterstattung versagt.
Ginge es heute noch um Realitätssinn oder Objektivität, versagt er mit jeder Silbe!
Er ist längst zur Mainstream-Trompete verkommen, daher liegen auch seine Glaubwürdigkeitswerte im Keller.
Dem Staatsfunk traue ich keinen Millimeter!
Leider ist es in Österreich tatsächlich mittlerweile so, dass einige Boulevard-Medien die dünkelhaften so genannten Qualitätsmedien und den ebenso dünkelhaften ORF überholt haben hinsichtlich Zugang zu Infos und Ausgewogenheit.