Anna Dobler: Droht uns durch Corona die Schuldenunion?
Die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU muss ein einmaliger Akt bleiben, damit es nicht zu einem Gewöhnungseffekt kommt, wie bei der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die deutschen Steuerzahler haben es selbst in der Hand – sie müssen nur im Herbst die richtige Entscheidung treffen.
Mit der Ratifizierung des EU-Eigenmittelbeschlusses am 31. Mai haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einen historisch einmaligen Akt gesetzt. Erstmals wird die EU gemeinsam rund 800 Milliarden Euro an Kreditmittel am Kapitalmarkt aufnehmen. Gedacht ist dieses Geld als “Wiederaufbaufonds” für die Zeit nach Corona als konjunkturelle Stütze.
Der wirtschaftliche Einbruch durch Corona war ein dramatischer Einschnitt, der die Lebensumstände vieler Bürger stark beeinflusst hat. Laut Statistik Austria ist das Bruttoinlandsprodukt im Jahre 2020 um mehr als 5 Prozent zurückgegangen. Die Börse verzeichnete im vergangenen Jahr einen starken Einbruch. Führende Leitindizes stürzten kurzfristig über 20 Prozent in die Tiefe. Ebenso schnell wie der starke Einbruch kam dann aber, vorwiegend durch das rasche Handeln der Zentralbanken, eine Erholung bzw. die teils dramatische Situation am Arbeitsmarkt und bei den Unternehmen konnte durch staatliche Hilfen (Kurzarbeit und Umsatzersatz) abgefedert werden.
Trotz der sich seit Anfang des Jahres verbessernden Konjunktur und der einhergehenden langsamen Entspannung am Arbeitsmarkt, wurde Ende Mai der Aufbauplan, der offiziell „NextGenerationEU“ heißt, von den Mitgliedsstaaten beschlossen.
Berechtigte Sorgen vor einer drohenden Vergemeinschaftung der Schulden
Kritiker sehen in dem 800 Milliarden Paket eine Vergemeinschaftung der Schulden durch die Hintertür. Der Begriff “Euro-Bonds” wird zwar nicht explizit genannt, dennoch ist es so, dass die Bonität, also die Kreditwürdigkeit von Ländern wie Deutschland oder Österreich, verwendet wird, um die Finanzierungskonditionen für die gemeinsame Schuldenaufnahme zu verbessern. Für Österreich liegt die Haftungsobergrenze bei rund 20 Milliarden Euro, was bei der stark gestiegenen Verschuldungsquote in der Krise (die Statistik Austria weist mit Ende 2020 über 83 Prozent, im Vergleich zu etwas über 70 Prozent per Ende 2019 aus) eine nicht von der Hand zu weisende Mehrbelastung darstellen kann.
Fehlende Wachtstums-Impulse
Sieht man sich die einzelnen Punkte des “Aufbauplans” im Vergleich zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU an, findet sich wenig Neues. Gerade wenn es sich um einen Aufbauplan handeln sollte, sollten eigentlich wesentliche Impulse für ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum gesetzt werden.
Zu befürchten bleibt, dass es sich beim “Wiederaufbauplan” lediglich um eine Erweiterung des EU-Haushaltsrahmen handelt, ohne dass echte Wachstumsimpulse gesetzt werden und die Innovationskraft gestärkt wird.
Im schlimmsten Fall werden die zusätzlichen Geldmittel in der aktuell sich erholenden und stetig anziehenden Wirtschaft nicht gebraucht und “verpuffen” wirkungslos.
Wichtig wäre es vor diesem Hintergrund, dass die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU ein einmaliger Akt bleibt und es nicht zu einem Gewöhnungseffekt kommt, wie bei der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die deutschen Steuerzahler haben es selbst in der Hand – sie müssen nur im Herbst die richtige Entscheidung treffen.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
Kommentare
Die Deutschen sind durch die Mainstreammedien und das linke Bildungssystem derart gehirngewaschen, dass ich eine Rot-Rot-Grüne Mehrheit nach der Bundestagswahl nicht mehr ausschließen würde. Was dann kommt, kann sich jeder ausmalen.
Die Schuldenunion haben wir schon, und wenn die Rückzahlungen ab 2027 (bis 2058) beginnen, wird sicher wieder die nächste Krise aus dem Hut gezaubert, um zu erklären, warum gerade jetzt nicht zurückgezahlt werden kann. Stattdessen sind weitere Schuldenaunahmen notwendig.
Auch derTraum von den Wachstumsimpulsen wird genau so platzen, wie die Lissbon-Strategie vor 20 Jahren, von der heute keiner mehr spricht. Auch diese Ziele wurden still und heimlich begraben, da man in Europa nicht zu den wettbewerbsfähigsten und innivativsten Volkswirtschaften gehören will. All das wäre ja mit Anstrengung und Arbeit verbunden, was aber unsozial ist.
Strategisch ist beim EU-Wiederaufbauplan gar nichts, auch wiederaufgebaut muss da nichts werden (wir hatten ja auch keinen Krieg, wo etwas zerstört worden wäre). Es geht nur darum, den öffentlichen Konsum anzukurbeln und so (hoffentlich) die Wirtschaft wieder zu stärken, quasi “Helicopter Money” auf Staatsebene.
Man sollte sich einmal die Frage stellen, dass das Problem für Österreich bei “20 Mrd. EUR Haftung” nicht die dadurch bedingte Verschlechterung der österreichischen Bonität ist, sondern dass im Fall des Zahlungsausfalls (der Großteil des Wiederaufbaufonds geht nach IT, GR, ESP, FR) tatsächlich diese Haftung schlagend werden kann – sprich wir zahlen müssen.
Zum Thema Eurobonds: natürlich werden die kommen. Schauen wir uns nur die handelnden Personen an.
– Frankreichs Macron fordert die seit Jahren vehement, weil er sonst sein üppiges Pensionssystem nicht mehr zahlen kann. Und wenn er da eine Reform auch nur andenkt, hat er die gelben Westen auf den Straßen.
– Italien bekommt de facto seit langem europäisches Geld unter verschiedensten Deckmänteln. Draghi fordert das nun ganz offen.
– Spanien (sozialistisch regiert) ist leiser, hält aber ebenfalls schon lange die Hand auf.
– Deutschland war bisher dagegen, aber im September wird gewählt.
Alle möglichen künftigen Kanzler werden keinen Widerstand leisten.
Laschet ist noch linker als Merkel, wird sich also pro Forma zuerst zieren und dann umfallen.
Sollte er im letzten Moment gegen Söder getauscht werden, passiert das gleiche, Söder tut alles, damit die Säule seiner Statue noch um 20cm höher wird.
Scholz war und ist klarer Befürworter von Eurobonds.
Die Grünen haben das ganz explizit im Wahlprogramm.
Was kommen wird, ist also klar. Wie der Begriff dafür dann heißt, damit man es den zahlenden europäischen Staaten verkaufen kann, das werden sich ein paar hochqualifizierte Marketingleute noch ausdenken.
Schöne Zukunft.
Die EU ist schon längst zu einem Finanzierungsverein für Pleitestaaten geworden. Ich darf höflich an die 300 Mrd. der Griechenland-“Rettung” erinnern. Die EZB kauft ständig Staatsanleihen der Pleitestaaten und finanziert diese damit. Für Verluste der EZB haften wir Steuerzahler! Weiters zu nennen wären noch die dramatisch hohen negativen Target-2 Salden. Dass zusätzlich aus dem EU-Budget zig Milliarden umverteilt werden kommt noch dazu. Die 800 Mrd “Corona-Aufbau” sind nur ein neuer Schmäh um wieder Geld für Pleitestaaten aufzutreiben. Dass damit systematisch sämtliche Verträge und Versprechungen (“Wir zahlen nicht die Schulden der anderen”) gebrochen werden ist eine Tatsache.