
Anna Dobler: Gefährliche Trägheit
Eine Trägheit hat sich in der Gesellschaft breit gemacht, in der sich das Individuum an Verzicht und Gehorsam unangenehm gewöhnt hat, während der Staat seinen Einfluss ausgebaut hat. Die einzig vernünftige Antwort auf diese erlittene Unfreiheit kann nur ein neoliberaler Aufbruch aus der kollektiven Anhedonie sein, die den Bürger zunehmend lähmt, selbstbewusst seine Freiheitsrechte zu formulieren.
Nie war in den vergangenen Jahrzehnten der Einfluss des Staates auf das Private größer, als während der Corona-Pandemie. Schritt für Schritt hat er sich immer weiter in unser Leben gedrängt, unsere Freiheit beschränkt, über unsere Mittel verfügt und selbst kleinsten Ungehorsam sanktioniert. Zähneknirschend haben viele Bürger über Monate diese Eingriffe geduldet, doch mit der Rückkehr in die Normalität muss sich auch das Kräfteverhältnis wieder ändern. Und das kann nur gelingen, wenn wir den sozialistischen Tendenzen mit einem neoliberalen Aufbruch begegnen. Sonst droht die Gefahr, dass sich der Staat an seine neue Allmacht zu sehr gewöhnt und sie nur widerwillig abgeben möchte.
Kein Wunder, monatelang konnte er fast alles perfekt kontrollieren und seinen Einfluss vergrößern, etwa indem er sich in private Unternehmen eingekauft hat oder im großen Stil Daten und Informationen von Bürgern erhalten hat – das Postulat vom Gemeinwohl als oberste Priorität gegenüber den Interessen des Individuums hat vieles ermöglicht, was rückblickend nicht von Dauer sein darf.
Deutlich wird das nicht zuletzt auch in der Sprache: Fast selbstverständlich werden Freiheitsrechte zu “Privilegien” verklärt, die man sich durch Disziplin erst verdienen muss. Ähnlich wie im Sozialismus, wo der Staat ebenfalls durch künstliche Verknappung, freilich aus aus anderen Motiven heraus, das Gewöhnliche zum Genuss erkoren hat. Dass sich dieser Genuss erst durch einen unfreiwilligen Verzicht entfalten kann, verleiht ihm einen bitteren Beigeschmack.
Ähnliches kann man auch bei den Bezeichnungen für staatlichen Transferleistungen beobachten: “Finanz-Hilfen” für Unternehmen oder “Kurzarbeitergeld” sind im Kern nämlich nichts anderes als Entschädigungen, auf die jeder einen natürlichen Anspruch haben muss, der durch den Verursacher überhaupt erst in eine Notlage manövriert worden ist. Der Staat “hilft” und “rettet” nicht mit Steuermitteln, er begleicht vollkommen berechtigte Ansprüche. Niemand hat gerne und freiwillig –oder gar selbstverschuldet – seine Existenz aufs Spiel gesetzt.
Neoliberaler Aufbruch aus der Unmündigkeit
Eine Trägheit hat sich unterdessen in der Gesellschaft breit gemacht, in der sich das Individuum an Verzicht und Gehorsam unangenehm gewöhnt hat, während der Staat seinen Einfluss ausgebaut hat. Die einzig vernünftige Antwort auf diese erlittene Unfreiheit kann nur ein neoliberaler Aufbruch aus der kollektiven Anhedonie sein, die den Bürger zunehmend lähmt, selbstbewusst seine Freiheitsrechte zu formulieren.
Das Wir darf nicht länger das Ich dermaßen entrechten
Es darf nicht sein, dass Bürger, die Kritik an Corona-Maßnahmen öffentlich formulieren, pauschal als “Corona-Leugner” verunglimpft werden oder dass kritische Zeitgenossen, die für ihre Rechte auf die Straße gehen, als Nazis oder Rechtsextreme gebrandmarkt vom Diskurs ausgeschlossen werden. Befeuert werden solche Schmähungen von den Feinden der Freiheit, die sich mit ihren Predigten vom Verzicht und dem Gemeinwohl seit Monaten in einer selbstgerechten moralischen Überlegenheit suhlen. Wie stark ihr Mantra mittlerweile in den Köpfen verankert ist, hat ein Vorfall auf Twitter vor wenigen Tagen gezeigt. Ein Finanzjournalist wurde von eben jenen Kollektivisten angefeindet, weil er eine Selbstverständlichkeit formulierte: “Was ihr hier auf Twitter irgendwann mal verstehen solltet: Liberalismus ist die Lösung. Es ist der Gegenentwurf zu allen dummen, sozialistischen Ideen. Egal ob national, international, russisch oder chinesisch. Es gibt nur einen Weg und das ist Freiheit.” Man sollte glauben, dass so eine Aussage keinerlei Widerspruch hervorrufen kann und darf. Dass das aber doch massiv der Fall war, zeigt nur, wie dringend es ein Umdenken braucht: Das Wir darf nicht länger das Ich dermaßen entrechten.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg, lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
Kommentare
Auch J. W. von Goethe hatte schon vor langer Zeit treffend zitiert:
Wer mit dem Leben spielt,
Kommt nie zurecht;
Wer sich nicht selbst befiehlt,
Bleibt immer ein Knecht.
Da mach ich mir keine Sorgen weil dass niemand im Dornrosschenschlaf versinkt dafür haben wir in Österreich Gott sei Dank den Kickl in der Opposition. Der hat sich dem Thema fest verschrieben. Auch wenn man ihn nicht wählt sollte man hier froh sein dass da einer wirklich bissig die alte Normalität zurückfordert und auch entsprechend unüberhörbar formuliert.
Ich bin durchaus bei der Autorin. Es gilt aber das Problem zu lösen, wie konkret ein solcher liberaler Aufbruch erfolgen soll; wie soll die jüngere Generation, geprägt vom geisteswissenschaftlich-abstinenten Schulwesen samt Mainstream-Lehrern je zu Kritikfähigkeit kommen?
Es gibt keinen liberalen Aufbruch, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Dazu braucht es aufmüpfige, selbstbewusste und mündige Bürger. Aber wo sind die?
Wir steuern immer weiter in eine schweigende Unterwürfigkeit hinein. Wer will schon ein Querdenker, div. Leugner, böser Rechter, Rassist, Faschist oder gar ein ewiggestriger Nazi sein? Lieber schweigen …
Vor allem scheint mir, der liberale Aufbruch, der hier herbeigeschrieben werden soll, ist ein Aufbruch nur für jene, die es sich leisten können. Es ist ein ideologisch-politischer Ansatz für die Wohlständigen, die Habenden. Also der Aufbruch einer Minderheit, die sich den Zuspruch der Mehrheit irgendwie sichern muss, auch, wenn dieser Aufbruch sie letztendlich zurücklassen wird.
Diktaturen waren vor allem deshalb bei der großen Masse beliebt, weil sie den Menschen unangenehme Entscheidungen und das anstrengende selbstständige Denken abnahmen und den Linientreuen ein recht sorgenloses Leben auf ungefähr demselben (bescheidenen) sozialen Level ermöglichten.
Träge und starre Gleichheit satt anstrengende aber lebhafte Freiheit?
Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
(Marie von Ebner-Eschenbach)
… und da gibt es noch die satten und trägen Bürgerlichen, die wohl sehen, dass etwas nicht ganz rund läuft, aber solange sie in Ruhe gelassen werden und für sie auch kein nennenswerter finanzieller Nachteil zu erkennen ist …
Und wenn doch, dann wird der Zaun rund ums Haus um 2 Meter erhöht. Das sollte erstmal reichen …
… und da gibt es noch die trägen Zeitgenossen, die auch sehen, dass etwas nicht rund läuft und etwas sehr Ungewöhnliches und fremdes sich bei uns breitmacht und immer mehr an Einfluss gewinnt.
Der Islam, ja der Islam ist für manche eine coole und recht einfach zu verstehende Ideologie und nicht so etwas Kompliziertes, Träges und langweiliges wie das Christentum.
Da gibt es die Guten (Gläubigen) auf der einen – und die Bösen (Ungläubigen) auf der anderen Seite. Und das war’s grob auch schon.
So einfach ist das! Cool!
Man muss nur immer auf der richtigen Seite sein, dann ist das Leben einfach und cool. Und soziale Unterschiede und die damit verbundene Neidgesellschaft gibt es auch nicht, denn unterm Kopftuch sind alle gleich. Noch einfacher, noch cooler!
Unsere Gleichgültigkeit und untätige Unterwürfigkeit gegenüber dieser zugewanderten Demokratie- und frauenfeindlichen Ideologie ist m.M.n. auch eine recht gefährliche Trägheit – die vielleicht gefährlichste Trägheit überhaupt!
Einmal drinnen gib’s kein hinaus mehr! Und das ist weniger cool ….
Alles schön und gut. Aber mit einer aus Untertanen bestehenden Gesellschaft wird das nicht gehen.
Dazu bräuchte man eine Gesellschaft aus mündigen Bürgern.
Allerdings wär es mit einer solchen gar nicht erst so weit gekommen .
Ein Untertan wird sich nie befreien, weil er sich seines Untertanseins ja gar nicht bewusst ist. Die Mündigen sind in der Unterzahl , und zwar erheblich. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.