
Anna Dobler: Margas Erben
Der Feminismus schafft sich ab, wenn Aktivistinnen wie jüngst in Wien nach einem Frauenmord lieber für die Täter als für das Opfer demonstrieren. Schuld daran ist die politische Linke, die Frauenpolitik längst anderen Interessen unterordnet.
Mein persönliches Verhältnis zum Feminismus ist seit geraumer Zeit schmerzlich gespalten. Früher habe ich mich als leidenschaftliche Feministin bezeichnet, genderte konsequent meine Mails, war uneingeschränkt für die Frauenquote und verfasste sogar meine Master-Arbeit im Bereich der Gender-Studies. Heute bin ich Realistin. Das, was mittlerweile unter dem identitätspolitischen Trend-Label Feminismus läuft, lässt mich nicht nur oftmals kalt – es widert mich bisweilen sogar an.
Vor einigen Tagen etwa stürmte rund ein Dutzend vermummter Aktivistinnen die Räumlichkeiten einer in Wien ansässigen Tageszeitung. Ärgerten sie sich über die vielen leicht bekleideten Damen auf den Titelseiten? Wollten sie dem Herausgeber aufgrund der gegen ihn im Raum stehenden Belästigungsvorwürfe einen Denkzettel verpassen? All das kam mir in den Sinn, als ich die ersten Minuten eines Videos der Aktion im Netz sah. Doch was meine Augen und Ohren dann vernahmen, schockte mich regelrecht.
Feminismus in Anführungszeichen
Die Zeitung war ins Visier dieser “Feministinnen” geraten, weil sie angeblich die Herkunft der Täter im Fall der kleinen Leonie überbetone. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich bekanntermaßen um drei afghanische Asylbewerber, die laut ersten Ermittlungen der Polizei das Mädchen unter Drogen gesetzt und sexuell Missbraucht haben sollen. Die 13-Jährige überlebte das stundenlange Martyrium nicht.
Die Nationalität und die Biografie der Täter zu verschweigen, wäre glasklar Täuschung des Lesers. Denn wenn wir über Gewalt gegen Frauen sprechen, können wir nicht ausblenden, dass in patriarchalen Strukturen sozialisierte Männer ein anderes Verständnis vom Wert weiblichen Lebens haben, als das hierzulande der Fall ist. Wenn sich jetzt also Feministinnen schützend vor die Täter stellen aus Angst vor rassistischen Zwischentönen in der Debatte, müssen sie zumindest zugeben, dass sie die Interessen von Frauen anderen politischen Themen unterordnen. Das mag eine legitime Position sein – Feminismus ist es aber nicht.
Im Übrigen kann man den peinlichen Auftritt der Aktivistinnen auch als Angriff auf die Pressefreiheit werten – man stelle sich nur den umgekehrten Fall vor: Vermummte Identitäre stürmen in eine linke Redaktion, um dort lauthals zu fordern, dass man die Nationalität der Täter stärker betonen soll. Der Aufschrei wäre vollkommen rechtens groß.
Der Feminismus schafft sich ab
Schuld an dieser Entwicklung ist diese neue Generation Netz-Feministinnen. All diese Margas, Nicoles, Kathrins und Beatrices, die laut über Gendersternchen und Abtreibungen streiten und noch lauter über Verschleierung, Zwangsheirat und Ehrenmorde schweigen. Eine persönliche Zäsur war für mich das fast schon legendäre Streitgespräch zwischen Alice Schwarzer und Margarete Stokowski im Tagesspiegel 2019. Alles, was Schwarzer sagte, wirkte auf mich klug, durchdacht und richtig. Stokowski wirkte dagegen anmaßend und deplatziert.
Ab und an halte ich Bahnhofsbuchhandlungen die Werke von Stokowski in der Hand, eine Freundin von mir hat mir schon vor Jahren “Untenrum frei” wärmstens empfohlen – aber ich kann mich einfach nicht dazu durchringen, es zu lesen, während ich von Schwarzer fast alles verschlinge. Viele in meinem Alter lesen nur Marga und kaum Alice und wohin das führen kann, hat man neulich in den Räumlichkeiten einer in Wien ansässigen Tageszeitung gesehen.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg, lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
Kommentare
Liebe Anna, 100% d’accord. Als “ewige” Kämpferin für Gleichberechtigung und Frauenrechte lässt mich diese Generation “Feministinnen” nur mit Kopfschütteln zurück, und ich habe deshalb auch aufgehört, mich als Feministin zu bezeichnen. Humanistin und Mensch mit westlichen Werten genügt mir heute als Selbst-Definition.
Die Gewalt von denen richtet sich aber nicht exklusiv gegen Frauen. Die treten auch noch gerne Männer tot oder halbtot, indem sie ihnen am Boden liegend gegen den Kopf treten. Beispielsweise. Und immer mehrere gegen einen. Auch Buben vergewaltigen sie “gerne”.
Einen Kampf Mann gegen Mann wird man bei diesen Schwächlingen nie erleben.
Zweifellos der Höhepunkt an Grausamkeit und Abartigkeit ist das Martyrium und Tod von Leonie.
Aber sie gehen gegen jeden los, wenn ihnen gerade danach ist.
Das mit den patriachalen Strukturen kommt eher ins Spiel, wenn sie Frauen oder Mädchen aus der eigenen Familie umbringen wegen irgendwelcher “Verfehlungen”.
Kompliment. Ausgezeichneter Kommentar.
Ein großartiger Kommentar – vielen Dank, Frau Dobler!
Als ich jung war konnte ich mit Alice Schwarzer nicht viel anfangen, inzwischen schätze ich sie sehr!
Wie immer,ein kompetenter und sachlicher Kommentar!
Danke!
Sehr “schätzenswert” war vor allem die massive und hasserfüllte Vorverurteilung von Kachelmann. Ich halte sie – vor allem deswegen – für einen widerlichen Trampel. Auch wenn sie gegen die heutigen so genannten Feministinnen moderat erscheinen mag.
Am besten finde ich immer noch das Gespräch zwischen Alice Schwarzer und Esther Vilar. Gibt es bei Youtube.
Schade, wenn Sie Alice Schwarzer auf den Fall K. reduzieren. sie war eine der Wenigen, die seit Jahren und Jahrzehnten auf die Gefahren des Islamismus für unsere Art zu leben hinwies, Bücher, Zeitungsartikel und Interviews dazu veröffentlichte und sich ua von der jüngeren Generation”Feministinnen” dafür als Rassistin beschimpfen lassen musste. Ich kann Ihnen nur empfehlen, “Die Große Verschleierung” oder das Buch über die Silvesternacht in Köln zu lesen. Deutlichere Worte hat kaum jemand gefunden!
Der Feminismus ist genauso wie der Klima- und Umweltschutz von Linksextremisten unterwandert und schlussendlich übernommen worden.
Wen die deutschen Obermoralistinnen & Oberfeministinnen wie Frau Roth unaufgefordert und mit vorauseilenden gehorsam das Kopftuch überziehen und vor iranischen Muselmanen in die Knie gehen und brav die Augen schließen, wenn sie dazu von diesen Oberpatriarchen aufgefordert werden, dann hat der Feminismus verloren und ist nur noch Ironie …
https://www.emma.de/artikel/iranerinnen-protestieren-gegen-roths-kopftuch-318367
Frau Roth, Feminismus hat wohl auch viel mit Moral zu tun…
https://www.bayernkurier.de/inland/39268-moralpolitikerin-ohne-moral/
Danke! Dem ist nichts hinzuzufügen!!
Selbst die Damen Meinl-Reisinger und Rendi-Wagner unterstützen das islamische Patriarchat bezüglich Kopftuchverbot. Auch sie wollen kleine verschleierte Schulmädchen.
Diese Frau Reisinger macht sich mit ihrer krankhaften Hetze und ihrer verblendeten Einstellung nur mehr lächerlich.Ich hoffe,dass diese Partei bald aus dem Parlament verschwindet.