
Bernhard Krumpel: Wertebunker Religion
Der Kampf der Religionen ist ein Mythos, der gerne bedient wird. Dabei gibt es diesen nicht. Denn der absolute Großteil der Gläubigen, gleich welcher Konfession, will in Ruhe und Frieden leben. Dennoch rückt die Religion immer wieder in den politischen Mittelpunkt, weil einige wenige ihren Lebenssinn darin sehen, ein funktionierendes gesellschaftliches Gefüge bewusst zu destabilisieren. Diesen freien Radikalen gegenüber tolerant zu sein, hilft niemanden.
Jede Religion hatte ihre dunklen Jahre. Und zwar immer dann, wenn der absolute Anspruch entstand, der einzig wahre Glaube zu sein. Auch das Christentum wurde exzessiv missbraucht, wenn wir uns an die Inquisition oder die Konquistadoren erinnern. Das ist lange her, sollte aber nicht unvergessen bleiben. Erst mit dem Zeitalter der Aufklärung und der Regentschaft von Joseph II. (1741-1790) wurde die Trennung von Kirche und Staat erstmals langsam eingeleitet. Aber auch der Katholizismus veränderte sich im Laufe der Zeit.
Meiner Elterngeneration wurde noch der strafende Gott gepredigt, heute steht der verzeihende Gott im Vordergrund. Die katholische Kirche wurde im Laufe der Jahrhunderte tolerant gegenüber Andersgläubigen und ist für viele Österreicher nach wie vor eine wichtige Institution. Gerne berufen wir uns in Europa auf unsere christlichen Werte. Dazu gehören unter anderem Barmherzigkeit, Nächstenliebe, soziale Verantwortung oder Respekt anderen gegenüber. So haben sich die christlichen Werte historisch zu einer wesentlichen Basis unseres Zusammenlebens entwickelt.
Kirche hat eine wichtige Funktion für unsere Gesellschaft
Natürlich kann niemand mit allem einverstanden sein, was passiert. Dennoch ist die Kirche ein Wertebunker, der uns bei aller Komplexität des Lebens zu den wesentlichen gesellschaftlichen Verhaltensnormen zurückführt. Als Entschleuniger durch das Hinterfragen ethischer Entwicklungen. Als Kulturträger, der unsere gesellschaftliche Entwicklung in Europa wesentlich geprägt hat. Als außerstaatlicher Verfechter von Menschenrechten und Verstärker der Europäischen Menschenrechtskonvention. Als Korrektiv, das gesellschaftliches und damit auch das eigene Handeln in Frage stellt.
Dabei gibt es zentrale Überschneidungen mit anderen Religionen, wie dem Islam und natürlich dem Judentum. Wesentliche Bausteine christlich-sozialer Ethik sind meines Erachtens eine gemeinschaftliche Anstrengung Rassenideologien, Armut und Ungleichheit zu bekämpfen, Hilfesuchende bestmöglich zu unterstützen. Aber auch aktiv für die Glaubensfreiheit einzutreten. Zur Besinnung rufen, wenn die Töne gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften zu schrill werden. Aktiv, zu sein, wenn es darum geht, gemäßigte Kräfte in anderen Religionsgemeinschaften zu unterstützen.
Kein Platz für Extremismus
Dabei haben wir im Laufe der Geschichte bitter erfahren, dass es Verhaltensweisen gibt, die nicht geduldet werden dürfen. Hier muss die Stimme der Religionsgemeinschaften repetitiver, lauter und klarer sein. Nicht nur im Anlassfall, wenn ein „Fehlgeleiteter“ mordend durch die Innenstadt läuft. Es liegt an allen Religionsgemeinschaften in ihren eigenen Kreisen laufend daran zu erinnern, dass für radikale Elemente kein Platz ist. Diese verstärkte „interne Kommunikation“ bei den eigenen Gläubigen würde ich mir von den religiösen „Führungskräften“ erwarten. Diese Verantwortung kann den Glaubensgemeinschaften niemand nehmen.
Vom Staat können wir erwarten, dass er bei Personen, die unsere Werte mit Füssen treten, entsprechend klar entgegentritt. Denn seitens des Staates ist hier Toleranz völlig fehl am Platz. Hier gilt, was Innenminister Nehammer vor etwa einem Jahr an anderer Stelle festhielt: „Wir müssen uns als Gesellschaft und als Polizei entschlossen gegen diese radikalen Kräfte stellen. In einem Rechtsstaat wie Österreich haben wir keinen Platz für Extremismus und schreiten mit aller Konsequenz ein.“
Natürlich können Regierungen und Religionsgemeinschaften nicht im Gleichschritt marschieren. Naturgemäß gibt es Konfliktpotentiale. Denken wir an das griechische Flüchtlingslager Moria. Natürlich ist es Aufgabe eines Christen für eine kontrollierte Aufnahme Hilfsbedürftiger Menschen einzutreten. Zumindest für Kinder und deren alleinerziehenden Mütter, die im Morast von Moria dahinvegetierten. Letztendlich ist es allerdings eine politische Mehrheitsentscheidung, ob beziehungsweise wie viele Flüchtlinge geordnet aufgenommen werden können. Das muss man in einer Demokratie auch akzeptieren, selbst wenn man anderer Meinung ist. Aber dafür einzutreten – das ist eine persönliche Entscheidung.
Dass die Religionsgemeinschaften jedenfalls wichtige Multiplikatoren sind, das weiß die Regierung. Nicht umsonst hat Minister Fassmann letztens an die Glaubensgemeinschaften appelliert, für die Corona-Impfung zu werben. In dem Sinne würde ich mir ein selbstbewussteres Auftreten der Glaubensgemeinschaften wünschen. Letztendlich gibt es Werte und Haltungen, die nicht nur im eigenen Kämmerchen eingebunkert sein dürfen, sondern unser Denken weiterhin beeinflussen sollen. Diese gehören gerade in fordernden Zeiten verstärkt kommuniziert.
Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.
Kommentare
Wo bleibt der klare Focus des Hernr Krumpel?
1)Gilt seine Verallgemeinerung nur für die monotheistischen Glaubensreligionen mit ihrem absoluten Anspruch für den wahren Glauben oder auch für die Erfahrungsreligionen?
2) Wer hat das Christentum exzessiv missbraucht? Bitte um Aufklärung!
3) Ist Ihm als Kommunikationsexperte und Lektor für seine Studenten auch bekannt, daß die Österr. Bischöfe geschlossen eine Empfehlung zur Stimmabgabe für Hitler herausgegeben haben, trotz der von ihr szt. bekämpften Aufklärung?
4) Wie stellt sich etwa die Caritas, die sich gerne als von der Amtskirche unabhängig gibt, was aber nicht stimmt, gegen radikale Kräfte in Österreich? Als Wertebunker?
Eine wilde Themensammlung, der rote Faden zwischen diesen Themen, den der Autor zu zeigen versucht, existiert meiner Ansicht nach nicht.
Zuerst: man muss zwei Begriffe trennen:
Das eine ist das Christentum und die mit ihm verbundenen Werte, welche Europa über Jahrhunderte geprägt haben.
Das andere ist die Amtskirche, die sich zur selbsternannten Autorität über diese Werte aufplustert, in Wirklichkeit aber heute mindestens 50 Jahre hinter der gesellschaftlichen Realität zurückgeblieben ist, und deren Relevanz mehr als fraglich ist. Man gehe nur einmal an einem Sonntag in eine Kirche und beachte das Alter der typischen Gottesdienstbesucher.
Und damit zu inhaltlichen Punkten des Artikels:
1) In der Zeit der Inquisition wurde nicht die Kirche missbraucht, sondern der christliche Glaube und dessen Werte wurden missbraucht, und zwar DURCH die Kirche und ihre Amtsträger.
2) Der “Wertebunker, der uns bei aller Komplexität des Lebens zu den wesentlichen gesellschaftlichen Verhaltensnormen zurückführt” ist wiederum nicht die Kirche, sondern das christliche Weltbild, und das durch dieses geprägte und hierorts (noch) vorherrschende Gesellschaftsbild.
3) “Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst” ist im testamentarischen Sinn durchaus wörtlich zu verstehen, eben seine NÄCHSTEN zu lieben. Daraus eine christliche Verpflichtung zur Aufnahme von Migranten zu machen (die im Land, wo sie unmittelbar vor der griechischen Insel waren, auch sicher waren), ist eine fahrlässig falsche Interpretation einer Bibelstelle. Die selbe Fehlinterpretation versucht auch die auch die Amtskirche, und scheitert damit ebenso.
In Summe, die Kirche hat die im Artikel postulierte Relevanz mittlerweile verloren. Die Gesellschaft ist aufgeklärt, die Leute können und dürfen selber denken. Beides sind keine kirchlichen, sondern gesellschaftliche Errungenschaften. Errungenschaften einer Gesellschaft, die auf christlichen Werten basiert.
Meine Hoffnung ist, dass die Menschen, die aktuell in großer Zahl nach Europa kommen, und dominant einer anderen Religion angehören, den selben Prozess durchmachen und am Schluss zu “Selberdenkern” werden, die sich nicht an einer geistlichen Autorität orientieren müssen.
“Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst” …
Würden wir das als christliche Verpflichtung auffassen Migranten ohne wenn und aber aufzunehmen, wäre das das Ende Europas …
Gigantische Menschenmassen würden sich nach Europa aufmachen, wir würden von musl. Migranten geradezu überrannt werden …
Und viele Imame wären am Ziel ihrer Träume 😉
Viel Unwissen über Religionen, er verbreiten.
Viel Christliches er auf Islam übertragen.
Hahnebüchene Fehlschlüsse er ziehen.
Nein, ich will keine Gutmenschen-PR kaufen, was offensichtlich der Zweck dieser Zeilen ist 😉
Jede Religion hat ihre eigene Ausprägung und Geschichte. Alle gleich als “Wertebunker” im postiven Sinn zu betrachten bringt mE nicht. Es sind ja auch nicht alle Parteien “gleich”. Ich bin hier für begründetes Differenzieren und der Staat muss auf jeden Fall neutral und unabhängig bleiben. Die Stütze Katholizismus hat schon in der Ersten Republik nicht funktioniert. Auch die Zweite Republik braucht da keine Anleihen.
Derzeit sind 57 Länder auf dieser Welt islamische Länder bzw. islamische Theokratien, welche sich alle auf den Koran berufen. In keinem dieser Länder können Menschen völlig ungehindert eine andere Religion als den Islam gleichberechtigt leben und dies offen zeigen. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Europa die ersten Länder islamische Theokratien sein werden, in denen sog. Ungläubige, wie Christen, nicht mehr als gleichwertige Bürger angesehen und behandelt werden. Es ist für mich daher illusorisch zu glauben, dass Religionen rein spirituell und ohne politische Interessen zu sehen wären, da sie im Grunde auch nur Ideologien sind.
Doch natürlich sind die meisten Religionen bösartige menschliche Kreationen.
Im Christentum werden zb. homosexuelle Männer verteufelt. Menschen, die ohne verheiratet zu sein, Sex haben, ebenfalls. Wie kommen wir dazu?
Im Islam ist sowieso jeder Nicht-Moslem unwert und die ganze Welt hat erobert zu werden. Die Strafen sind in etwa deckungsgleich mit jenen des Alten Testaments.
Dem Islam kommt eine Sonderrolle zu. Der Islam beschäftigt sich nicht wie andere Religionen primär mit spirituellen Dingen, sondern damit, wie eine Gesellschaft organisiert sein soll, wie mit Nichtmuslimen umzugehen ist und wie man die Weltherrschaft erlangen kann.
Hoppla, wo ist denn mein Kommentar hingekommen? Ich erkläre eidesstattlich, dass er keine Community-Regel verletzt und rein auf Tatsachen beruht hat.
Sorry, aber der Autor hat nicht verstanden, was Religion ist. Sie ist nicht in erster Linie dafür da, Regeln für das soziale Zusammenleben aufzustellen.
Herr Azzo, Sie haben also verstanden was Religion ist. Herzlichen Glückwunsch!
Übrigens:
Nirgendwo im 2. Testament werden Menschen über andere Menschen gestellt. Niemand erhöht, niemand erniedrigt, alle Menschen – so verschieden sich auch sein mögen – sind gleich.
Im Koran hingegen steht der Gläubige über dem Ungläubigen. Der Moslem über dem Nichtmoslem.
Es gibt also zwei Menschenarten im Islam, die Guten (Moslem) und die Bösen (Ungläubige). Und die Guten haben das Recht und die Pflicht, die Bösen zu bekämpfen und zu vernichten.
Im gesamten islam. Weltreich werden Ungläubige verfolgt, unterdrückt und nicht selten getötet, bestenfalls geduldet.
Jetzt ist der ISLAM in Europa bei den Ungläubigen und soll sich dort integrieren.
Wer an das Gelingen von diesem Vorhaben glaubt, glaubt auch noch an den Osterhasen …
@Bösewicht: Könnten Sie uns auch ein bisschen in Geschichte und Motivation der christlichen Missionare einweihen?
Herr Perigo,
im 2. Testament steht nirgendwo etwas geschrieben, das Christen ihren Glauben anderen aufdrängen sollen. Missionieren und die Gute Nachricht verkünden ja natürlich, aber nicht aufdrängen und schon gar nicht mit Schwert missionieren, wie z.B. Päpste und Missionare vor allem im Mittelalter.
Und im Testament steht auch nirgendwo geschrieben, dass das Christentum über andere Religionen steht.
Päpste, Kardinäle etc. haben – vor allem im Mittelalter – den christlichen Glauben zurechtgebogen wie sie es brachten und wollten.
Herr Bösewicht, ja, ich glaube tatsächlich verstanden zu haben, was Religion ist. Dem Rest Ihres Postings stimme ich zu – außer, dass ich lieber den Begriff “Neues Testament” verwende statt des zeitgeistigen “2. Testament”.
Herr Perigoro,
Die Missionare machen das, was vielerorts auch heute gefordert wird: nämlich den Menschen vor Ort helfen.
Heute glauben viele, auch in der Kirche, man könne die Probleme der Welt lösen, indem man möglichst viele Menschen nach Europa holt.
Herr Azzo,
Ich sehe erst jetzt, dass ich tatsächlich 2. Testament und nicht (richtigerweise) Neues Testament geschrieben habe. Es ist kaum anzunehmen, das noch ein 3. Testament folgen wird.
Ich danke den (nehme ich an) Herren Azzo und Bösewicht für ihre Einschätzungen. Für mich stellt sich die Geschichte christlicher Missionierungen leider etwas düsterer dar, auch wenn wohl viele bzw. die meisten Missionare ihre Aktivitäten sicher gutgläubig betrieben haben (wie ich etwa auch bei vielen bzw. den meisten islamischen Geistlichen annehme). “Das Wort Jesu verkünden”, hört sich per se ja harmlos an.
Es gibt ohnedies genug Material darüber, jeder, den es interessiert, kann darüber nachlesen und sich eine eigene Meinung bilden.
Im Humanismus sind all diese Werte enthalten.
Es braucht also keine Religion mit im Luxus lebenden Kardinälen, Bischöfen, Prälaten und auch keine Dompfarrer.
Jedes noch so kleine Volk im noch so entlegenen Winkel auf der Erde hat eine Religion. Diejenigen Völker die Religion ablegten und an deren Stelle den Menschen in den Mittelpunkt stellten, sind verschwunden oder haben nachhaltig an Bedeutung verloren.
Der zutiefst intolerante Islam wird sich entweder selbst ad absurdum führen oder Europa zerstören.
Sehr treffend formuliert. Etwas mehr öffentliche Aktivität wäre super. Still und leise wird die Religion über kurz oder lang sonst nur mehr etwas für Insider.