Die linke Polit-Aktivistin Natascha S., die von manchen heimischen Medien gerne als »Expertin« hofiert wird, wies schon vor längerer Zeit, wenn auch eher unabsichtlich, auf eines der seltsamsten Phänomene hin, die im Milieu der Linken zu beobachten ist: die abgrundtiefe Verachtung all jener einfachen Menschen, deren Interessen zu vertreten sie stets behaupten. Nichts erscheint den selbsternannten Anwälten der Proleten ungustiöser, hässlicher und verachtenswerter als die Proleten selbst.

So berichtete Natascha S. aus ihrem universitärem Leben mit der offenbar milieutypischen Empathie für die einfachen Menschen vor zwei Jahren: »Und wir haben in Gruppen Gemeindebauten zugewiesen bekommen, um Feldforschung zu betreiben. Und ich kam mir vor wie auf Prolo-Safari fahren

Abenteuerreisen in den Gemeindebau

»Prolo-Safari«: Da hat sie durchaus zutreffend beschrieben, was die Mitglieder der heutigen Kaschmir-Linken ganz offensichtlich empfinden, wenn sie in jene Gemeindebauten hinuntersteigen, die tatsächlich menschenfreundliche Linke, etwa in der damaligen Wiener SPÖ, vor hundert Jahren errichten ließen, um das Leben der einfachen Menschen zu verbessern.

Gut sichtbar wird hier eine von Standesdünkeln triefende Arroganz, wie sie früher Angehörige der weißen Oberschicht beim Besuch eines afrikanischen Negerdorfes, wie man das damals nannte, versprüht haben. Wenn auch wenigstens mit deutlich mehr Stil und Geschmack.

Eine Art Safari hat ja auch schon 2015 eine profil-Redakteurin unternommen, die sich tapfer auf eine Wahlveranstaltung der FPÖ begeben hatte, tief im Proletenbezirk Wien-Favoriten.

Sie beschrieb die Einheimischen, auf die sie dort stieß, so: »Es sind die hässlichsten Menschen Wiens, ungestalte unförmige Leiber, strohige, stumpfe Haare, ohne Schnitt, ungepflegt, Glitzer-T-Shirts, die spannen, Trainingshosen, Leggins. Pickelhaut. Schlechte Zähne, ausgeleierte Schuhe. Die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sind ein schönerer Menschenschlag. Und jünger.«

Die Zähne der Proleten

Diese Zahnprobleme dürften, so sind die Proleten halt, in Favoriten bis heute charakteristisch für die dort vegetierenden niedrigen Stände sein. Denn auch Falter-Herausgeber Armin Turnher diagnostizierte dieses Problem erst dieser Tage nach einer Proleten-Safari in den zehnten Bezirk: »Erblickte dann eine Filiale der Kurkonditorei Oberlaa. Voller Außenbezirksgesichter, alkoholverwaschen und mit schlechten Gebissen.«

Es ist immer derselbe Sound, der uns da entgegenweht, egal, ob von Natascha S,. dem profil oder dem Falter-Herausgeber. Es ist ein Sound der Menschenverachtung, des Abscheus und der Selbstüberhöhung.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum man sich ausgerechnet als Linker bemüßigt fühlen kann, so etwas aufzuschreiben und auch noch zu veröffentlichen – man macht sich so doch nur höchst angreifbar, ohne etwas dabei zu gewinnen.

Enttäuschte Liebe

Die einzige Erklärung, die für mich vorstellbar ist, ist Liebe. Allerdings nicht erwiderte Liebe, sondern enttäuschte, bekanntlich eine der stärksten finsteren Kräfte des Universums.

Denn die Kaschmir-Linke weiß auf ihren Proleten-Safaris, dass die Menschen mit Außenbezirksgesichtern schon längst nicht mehr linke Parteien wählen, sondern die bösen Rechten, und ihre Wochenzeitungen und Magazine haben sie ohnehin nie gelesen.

Es sind Fremde, in jeder Hinsicht, »alkoholverwaschen und mit schlechten Gebissen«, die ihnen da über den Weg laufen im Proleten-Gral. Sie mit Hass und Verachtung zu übergießen wird solcherart zur Pflicht all jener, die sich auf der richtigen Seite der Geschichte wissen; gleichsam als Strafe für den Verrat, den die Proleten begehen, indem sie nicht wählen, was die Kaschmir-Linken wollen, dass sie wählen.

Die Kickl-Macher

Das Blöde daran ist freilich, dass sie damit die Entfremdung, mit der ihnen die Außenbezirksgesichter gegenüberstehen, noch kräftig befeuern. Zwar lesen diese Milieus weder Falter noch profil, aber instinktiv bekommen sie über die Jahre durchaus mit, wie man im Bobo-Dachboden über sie denkt. Und wählen noch überzeugter jene, die sich glaubwürdiger als ihre Vertreter gerieren. Natascha S., Armin Turnher und profil als Herbert Kickls Wahlhelfer, das hat schon was.

Nun gibt es, und gerade aus meiner persönlichen liberal-bürgerlichen Sicht auf die Dinge, gewiss keinen Grund, den »Proleten« zu glorifizieren oder zu heroisieren. Ich habe selbst vor zehn Jahren ein Buch mit dem Titel Prolokratie – Demokratisch in die Pleite geschrieben, in dem ich die Probleme beschrieb, die entstehen, wenn Menschen mit zu wenig Bildung und Bildungsbedürfnis das politische Geschehen dominieren.

Ab in die Kurkonditorei …

Nur: Es ist ein ziemlicher Unterschied, die Folgen eines milieubedingten Bildungsmangels zu beschreiben, oder auf »ungestalte unförmige Leiber, strohige, stumpfe Haare, ohne Schnitt, ungepflegt, Glitzer-T-Shirts, die spannen, Trainingshosen, Leggins, Pickelhaut« oder »Außenbezirksgesichter« zu rekurrieren.

Stünde dergleichen in einer Reportage eines rechten Mediums über das Flüchtlingslager Traiskirchen und seine Bewohner, der – völlig berechtigte – Aufschrei linker Medienmacher und Politiker wäre nicht enden wollend, Lichtermeer inbegriffen.

So, und jetzt gönn ich mir eine kleine Belohnung fürs Schreiben und hol mir in der Kurkonditorei Oberlaa eine der köstlichen Linzertorten, die sie hier verkaufen. Sollten mir dort gar »Außenbezirksgesichter« begegnen, alarmiere ich die Kollegen vom Falter, gibt sicherlich eine super Sozialporno-Reportage.