Christian Ortner: Lasst die jungen Russen kommen!
Massenhaft verlassen tüchtige Russen mit guter Ausbildung ihre Heimat, seit ihr Präsident die Ukraine überfallen hat. Für Österreich, meint eXXpress-Kolumnist Christian Ortner, böte das eine hervorragende Chance, jene Zuwanderer anzulocken, die wir dringend brauchen.
Die Schätzungen schwanken ein wenig, aber nach allem was wir wissen haben in den letzten zwei Monaten zwischen 200.000 und 300.000 Menschen Russland verlassen, nicht als Touristen, sondern als Emigranten auf der Suche nach einer neuen Heimat. Die allermeisten von ihnen sind jung und gut ausgebildet, viele aus der Digitalindustrie und ähnlichen Branchen. Manche gehen, weil es ihnen in Putins Russland gedanklich zu eng geworden ist, andere, weil ihnen das Leben unter den Bedingungen der westlichen. Sanktionen zu karg geworden ist, andere weil sie mit dem Krieg nichts zu tun haben wollen.
Österreich, uninteressant
Interessant ist, diese Absetzbewegung mit der Zahl der Russen zu vergleichen, die in den letzten zwei Monaten nach Österreich gekommen sind: die werden nämlich eher weniger als mehr, obwohl russische Staatsbürger – so sie nicht zufällig Kremlnahe Oligarchen sind – ohne Problem nach Österreich einreisen können. Zwar nicht mehr bequem direkt am Luftweg, aber noch immer zum Beispiel mit einem Stopover in Istanbul oder Belgrad.
Stellt sich die Frage: warum gehen gut ausgebildete junge Russen, oft auch mit unternehmerischen Ambitionen, in alle möglichen anderen Länder, aber nicht nach Österreich?
Und warum halten das nicht nur die gebildeten jungen Russen so, sondern genauso Chinesen, Inder oder andere Menschen aus unternehmungslustigen Kulturen? Die kommen ja auch nicht gerade in Scharen, obwohl wir sie dringend bräuchten.
Kein attraktives Pflaster, leider
Das hat natürlich verschiedene Gründe, teils kultureller, teils sprachlicher und anderer Natur. Und dass sich Russen in Westeuropa nicht wahnsinnig willkommen fühlen, geschenkt. Aber einer dieser Gründe ist auch: Österreich ist für junge Menschen aus aller Welt, die etwas werden wollen, vielleicht sogar Unternehmer, ein verdammt unattraktives Pflaster. Aus den bekannten Gründen: viel zu hohen Steuern und Abgaben; eine Verwaltung im Stil einer „Boa Constrictor“, jener Riesenschlange, die zwar niemanden mit Gift killt, aber mörderisch würgt; und schließlich eine verbreitete Mentalität der Leistungsfeindlichkeit, des Neides und Mißgunst wirtschaftlichen Erfolgen anderer gegenüber.
Oder, auf den Alltag heruntergebrochen: warum soll ein junger Russe in eine Stadt übersiedeln, deren einziger in der City sonntags geöffneter Supermarkt zwei Drittel seines Sortimentes durch Barrieren vor dem Zugriff schützen muß, weil das so Vorschrift ist? In eine Stadt, in der die Taxi-Lobby erfolgreich Uner gezwungen hat, so schlecht und so überteuert wie sie selbst zu werden, damit es keinen Wettbewerb zugunsten der Kunden gibt? In einen Staat, in der viele junge Menschen an eine Art Menschenrecht auf die 30-Stunden-Woche glauben, weil sie einen Ganztagsjob für menschenverachtend, inhuman und neoliberal halten? Und wo man dafür mehr als die Hälfte seines Einkommens in Form von Steuern und Abgaben an den Staat abführen muß, der dafür sorgt, dass sich daran nichts ändert?
Wie wir ein win-win schaffen könnten
Dass wir für leistungsfrohe junge Menschen aus aller Welt so unattraktiv sind, wie wir nun einmal sind, ist schon in normalen Zeiten ein Ärgernis.
Angesichts hunderttausender junger Russen auf der Suche nach einer neuen, besseren Heimat ist es aber eine echte vergebene Chance. Nichts spricht dagegen, diesen Leuten schnell und unkompliziert längerfristige Aufenthaltstitel zu geben und noch ein paar Jahre steuerfreiheit obendrauf, wenn sie ein Unternehmen gegründet haben und ein paar Jobs geschaffen haben. Was natürlich nicht nur für Russen gelten müßte, sondern im Grund für leistungshungrige Menschen aus aller Welt, die nicht in den Sozialstaat einwandern wollen wie die meisten jener, die derzeit zu uns drängen.
Damit stünde eine echte win-win-Situation: Der Kriegsherr im Kreml wäre durch einen solchen brain-drain geschwächt, Österreichs Wirtschaft würde durch einen derartigen Import kluger Köpfe gestärkt. Und ein paar neue Restaurants mit guter russischer Küche wären ja auch kein Schaden.
Kommentare
Ich kann mir vorstellen, dass Russen kein Interesse haben, von einer eingeschränkten Demokratie in eine noch schlechtere einzuwandern, in der die Presse noch gleichgeschalteter als in Russland ist, wo man an Spurengasschwindel, Klimakatastrophe und Coronagefahr glauben muss, um akzeptiert zu werden, wo man sich vor total uninformierten Leuten dafür rechtfertigen muss, dass Russland von Putin regiert wird, wo durch widerliche Machenschaften jede Stabilität untergraben wird, und wo die Zukunft gerade verspielt wird. Die Russen sind nicht so schlecht informiert, wie man hier denkt, und schon gar nicht, wie man hier tatsächlich ist.
Es ist ja logisch, dass in einen übersozialen Staat keine Leistungsträger einwandern wollen.
Das Argument, dass einem ja nach Steuern, doch noch ein wenig Kleingeld übrig bleibt, ist falsch. Man will die Früchte seiner Arbeit nicht unbedingt zu 2/3 an den Staat abliefern.
Hier werden nur Kranke und Nutzlose bleiben. Alle Anderen gehen wieder in die Heimat oder in vernünftige Länder.
Mein Willkommen beschränkt sich auf jene Russen, die gut ausgebildet sind und denen es in Putins Russland gedanklich zu eng geworden ist. An Wehrdienstverweigerern und Wirtschaftsmigranten haben wir auch ohne sie seit 2015 keinen Mangel.
Es ist in Wirklichkeit noch schlimmer. Es wird nicht nur die Hälfte des Einkommens kassiert, sondern da kommt noch die MwSt, NOVA, Grundsteuer, Möst, Energiesteuern, Grunderwerbssteuer, Versicherungssteuern, Zinsertragsteuer, diverse Gebühren u.s.w. dazu.
Wenn der Bürger 1/3 seines Einkommens behalten darf, ist es schon viel.
Die IT-ler gehen alle in die USA. Leider auch unsere, was schon viel aussagt.
Mit dem Schmäh der qualifiziertesten Zuwanderung aller Zeiten ist schon der Kurz hausieren gegangen. Auf diesen Unsinn fällt niemand mehr herein. Tüchtige Russen haben in Russland die besten Chancen und brauchen dort mit ihren Steuern nicht halb Afrika durchfüttern.
Russland ist schließlich dabei, das was bislang importiert worden ist, im eigenen Land zu produzieren. Dazu brauchen sie Leute. Und die werden prächtig bezahlt werden. Geld genug hat Russland ja.
Ich glaube das also nicht.
Man vergisst zweierlei:
Russen haben oft eine qualitativ gute Ausbildung. In großem Unterschied zu radikalen Moslems, die Europa überfluten.
Negativ: Fast überall in Österreich wurde schon länger Russisch als Schulfach abgeschafft. Von dummen und wirtschaftsfeindlichen Schulpolitikern.
Ich weiß nicht ob geschlossene Supermärkte am Sonntag jemanden abschrecken sich hier niederzulassen. auch ist Besteuerung von Einkommen relativ wenn am Ende genug bleibt.
In der Schweiz beispielsweise sind die Lebenserhaltungskosten um ein vielfaches höher ohne das es die Schweiz deshalb unattraktiv machen würde.
Es fehlt, meiner Meinung nach, schlicht am wirklichen Bedarf für IT Profis in unserem Land. Wir haben keine Industrien welche diesen Leistungen eine Perspektive bieten. In Tschechien gibt es beispielsweise viele Firmen die sich darauf spezialisiert haben Virenabwehrprogramme zu entwickeln. Dieser Markt boomt und Tschechien ist ein globaler Player für diese Dienste.
Ein Russe kann problemlos in diesem Land leben und sich in slawischer Sprache verständigen, diesen Vorteil können wir nicht bieten.
Man sollte dennoch versuchen es denn wenigen Betriebe welche solche Spezialisten in Österreich benötigen nicht unnötig schwer zu machen.
Das sich junge IT Spezialisten hier selbständig machen halte ich nicht für wahrscheinlich, unabhängig der Steuerlast.
Also das Problem mit der Sprache ist eher keines. Wenn jemand wo einwandert, ist es normal, dass er als erstes die Sprache lernt oder sie schon vorher kann. Es ist keine Zauberei, eine Sprache innerhalb drei Monaten so weit zu beherrschen um sich gut verständigen zu können. Nach einem Jahr kann man schon ziemlich perfekt sein. Wenn man halt will. Für den Anfang können wohl auch Russen Englisch.
Ich empfehle Ihnen dringend Ungarisch zu lernen, bezweifle aber- ohne an ihrer Intelligenz zu zweifeln- das Sie nach drei Jahren einigermaßen perfekt sind.
Die Arbeitssprache, vor allem im IT Bereich ist sicherlich Englisch. Die Frage welche ich mir stellte, wo fühlt man sich am ehesten verstanden.
@Johannes: Ich bin ein absolutes Antitalent für Sprachen, also ich könnte das nicht. Aber normalerweise geht das schon so wie von mir beschrieben.
“Perfekt” war nicht der passende Begriff. Ich hatte gemeint, dass man die Sprache so verwenden kann, dass man sich für alles, was man braucht verständigen kann. Also nicht perfekte Aussprache und Grammatik, aber perfekt brauchbar.
Ja, ungarisch ist schwierig.
nicht zu vergessen: warum soll man in ein kulturbergessenes halb orientalisiertes Land wollen, in dem Kopfwindelträgerinnen das Stadtbild immer mehr prägen und man von halbstarken “was-guckst-du”-Sozialschmarotzern angepöbelt wird (wenn man Glück hat “nur” angepöbelt)….
Andere Länder ihrer Arbeitskräfte berauben zu wollen scheint ein fixer Bestandteil der westlichen Wertewelt geworden zu sein.
Wer spricht vom “berauben”? Die sogenannte westliche Welt ist derzeit für all die jungen Experten die einzig lebenswerte alternative zu Putin und seiner Politik!
@Kluftinger Der Westen wird in Asien bei weitem nicht so grossartig wahrgenommen, wie wir es manchmal gerne hätten, unbeeindruckt davon wie heftig wir uns auf die Schultern klopfen, oder vielleicht auch gerade deshalb…
➡️ Österreich ist nur ein attraktives Pflaster für Migranten, die sich in unserem Sozialstaat kuschelig u dauerhaft einrichten wollen. Alle anderen gehen in die Schweiz oder gleich in die USA …
Schön wäre es zu erfahren, wohin es die russischen Flüchtlinge zieht. Was ich bisher gelesen habe, vor allem nach Georgien. Auch in die Türkei, weil da gibt es noch offene Flugverbindungen. Vielleicht waren viele schon auf Urlaub dort, denn die Türkei war bisher das Hauptreiseland der Russen.
Daß so schnell so viele auswandern – wer das schon gemacht hat, weiß daß das keine Kleinigkeit ist – erscheint mir nicht wahrscheinlich.
Zum Auswandern brauchen die 200.000 – 300.000 Leute – außer sie brechen einfach auf im Stile der Goldgräber des 19. JH – einen Job, Wohnung und vieles mehr.
Der Krieg ist gerade 2 Monate alt und diese große Zahl hat vom Entschluß bis zum tatsächlichen Wegzug alles durchgeführt?
Ich denke hier hat jemand Information gestreut – offenbar mit Erfolg.
Ortner – recht hat er! Wir leisten uns noch, dass wir junge Menschen aus anderen Ländern gratis studieren lassen, welche nach Beendigung ihres Studiums, sofort unsere Land wieder verlassen.
Lieber Herr Ortner, das was sie ” Boa Constrictor” nennen, nenne ich Gewerberecht! (und Kammer-Bürokratie).
Traurig.Wir gieren um junge Russen mit technischem Hintergrung.Unsere Jungen haben überwiegend geisteswissenschaftliche Interessen, die in der Realwirtschaft entbehrlich sind.Oder sie bevorzugen Arbeitslosigkeit im Hotel Mama.
Nein, keine Raschisten nach Österreich! Der Autor sollte sich fragen, warum keine ausgebildeten, jungen Männer aus der Ukraine zuwandern? Im Feld? Ohne Beine? Schon tot? Aus Russland sollten nur klare Regimegegner aufgenommen werden. Das dürfte schwierig werden, welche zu finden!
Leistungsfähige junge Russen mit stark nachgefragten Fähigkeiten zum Billiglohn sind ungefähr so häufig anzutreffen wie eierlegende Wollmilchsäue. Dass sich die nicht willkommen fühlen, soll geschenkt sein? Blöd nur, dass bei Bewerbungsgesprächen Erwartungen gehandelt werden, gell. Warum nicht den Adaptierung Aufwand für Russen in österreichische Leute investieren?