
Christian Ortner: Lastenfahrräder sind kein Ersatz für Atomkraftwerke
Das deutsch-österreichische Atom-Tabu ist nicht mehr zeitgemäß und rational begründbar, meint exxpress-Kolumnist Christian Ortner, und wünscht sich eine Renaissance des Atomzeitalters
Nahe der chinesischen Provinzstadt Wuwei, einem der abgelegeneren Plätze der Welt am Rande der Wüste Gobi dürfte dieser Tage eine Maschine in Betrieb gehen, die das Zeug hat, ein echter Game Changer zu werden, was Klimaschutz und Energiegewinnung angeht.
Hochgefahren wird da nämlich ein Atommeiler, wie er noch nirgendwo auf der Welt kommerziell genutzt wird: ein sogenannter „Flüssig-Salz“-Reaktor, der das radioaktive Element Thorium nutzt und über eine Reihe von Vorteilen gegenüber herkömmlichen AKWs verfügt. Er ist, aufgrund seiner Konstruktion, wesentlich sicherer, er produziert dramatisch weniger Nuklearabfälle und vermag Strom deutlich effizienter zu generieren.
Zwar wurde diese Technolgie auch von anderen Staaten im Labormaßstab ausprobiert, doch China startet jetzt die erste Anlage, die der kommerziellen Nutzung nahe kommt. Zwar liefert der Reaktor bloß Strom für 1000 Haushalte, aber wenn alles klappt, soll um 2030 herum ein Meiler ans Netz gehen, der eine ganze Stadt versorgen kann.
Wer Chinas Zug zum Tor in diesen Dingen kennt weiß: die Chance, das das klappen wird, ist durchaus gut.
Kein Klimaschutz ohne Kernkraftwerke
Vor allem im Kontext des Klimaschutzes wäre das ein gewaltiger Fortschritt – China könnte dann seine dreckigen Kohlekraftwerke sukkzessive durch die CO2-neutralen Thorium-Meiler ersetzen und bis 2050 seine Emmissionen radikal senken.
Während China also enorm viel Kapital und Hirnschmalz investiert, um Wirtschaftswachstum und Klimaschutz gleichzeitig möglich zu machen – die einzige sozial vernünftige Vorgangsweise – schafft sich Europa Schritt für Schritt weiter ab und ist nicht imstande, ausserhalb von Frankreich und eingen wenigen kleineren Staaten wie Schweden oder Finnland zu akzeptieren, dass ohne klug eingesetzte Kernergie die ganze Energiewende ein Fiasko wird, weil zu wenig verlässslicher Strom viel zu teuer produziert wird, was tendentiell Wohlstand und Wachstum kostet.
Auch wenn es natürlich eine billige Pointe ist – dass China hypermoderne umweltfreundliche Reaktoren baut, um die CO2-Emmissionen in den Griff zu kriegen, während Deutschland das gleiche Ziel durch den vermehrten Einsatz von muskelkraftbetriebenen Lastenfahrrädern erreichen will, beschreibt das Problem der nach wie vor führenden europäischen Industrienation präzise. Wenn das so weitergeht, endet Europa wirklich noch als Naherholungsgebiet wohlhabender Chinesen, die wir dann auf Euro-Rikschas CO2-neutral durch unsere Landschaften fahren.
Die Wende von der Wende
Es bleibt nicht mehr viel Zeit, zu einer vernunftbasierten Energiepolitik zurückzukehren, die nicht von irrationalen Ängsten getrieben ist, sondern von Naturwissenschaft und jener Ingenieurskunst, für die gerade Deutschland einmal berühmt war.
Ein erster Schritt in diese Richtung wäre es, wenn sich die EU-Mitgliedstaaten endlich darauf verstädigen könnten, Kernenergie als Beitrag zum Errichen der Ziele des „Green Deal“ als nachhaltige Form der Energieerzeugung anzuerkennen. Dass ausgerechnet Österreich sich dem ganz stur entgegensetzt, ist kein guter Beitrag der Republik zum Klimaschutz – ganz im Gegenteil.
Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.
Kommentare
Sie leben in einer Traumwelt, es stehen seit Jahrzehnten über 70 Atomkraftwerke in Europa. Ganz Frankreich funktioniert hauptsächlich über Atomkraft und die denken – zu Recht – nicht mal im Traum daran, damit aufzuhören. Die wissenschaftlichen Nachweise zu den Vorteilen und der Sinnhaftigkeit moderner Kernkraft wurden längst erbracht. Sie tun so, als wäre das Ganze letzten Sommer erst erfunden worden.
Zu den Pumpspeicherkraftwerken: das Szenario hat man in mehreren Ländern durchgerechnet: es geht sich nicht mal ansatzweise aus, und auch nicht für Österreich, rechnen Sie es mal durch. Wir bräuchten wahrscheinlich tausende davon.
Lastenfahrräder sind kein Ersatz für Atomkraftwerke?
Wer hätte das gedacht? Sehr scharfsinnig! Kriegt jetzt jeder schon eine Kolumne?
PS: Lastenfahrräder beginnen unser Straßenbild zu prägen. So unnötig dürften Sie also doch nicht sein…😉
Sie werden bestimmt keine Kolumne kriegen. Fahren Sie lieber mit Ihrem Lastenfahrrad und bringen Sie mir ein paar Kisten Bier.Danke!
Und schon wieder werden Endlagerung und mögliche Unfälle als Ausschließungsgründe angeführt.
Die Reaktoren der 4. Generation (siehe Chinesischer Thoriumreaktor) arbeiten ohne Überdruck mit Schwerkraft und sind im Falle eines Zwischenfalles “selbstverlöschend” es kann zu keiner unkontrollierten Kettenreaktion kommen. Und was die Endlagerung betrifft können diese Reaktoren bereits vorhandenen Atomabfall weiterverbrennen mit ganz geringen Resten mit relativ geringer Halbwertszeit. Vorteil es gibt genügend Brennstoff für mehrere 100 Jahre weltweit.
In EU-Europa sind aktuell zehntausende von nuklearen Sprengköpfen für den militärischen Einsatz in Bereitschaft, ganz zu Schweigen von den eingelagerten Biowaffenarsenalen. Was passiert hier bei Terroranschlägen, bei Erdbeben oder bei Unfall? Dass sollte mehr Angst entfachen als Atomkraftwerke für die friedliche Nutzung!
Unter dem Titel der CO2-Neutralität wieder die Atomenergie kritiklos (oder im modernen Sprachgebrauch “alternativlos”) zu befürworten, das ist doch etwas zu kurz gedacht.
Bevor wir uns diese Technologie wieder ins dichtbesiedelte Mitteleuropa holen, soll man doch bitte einen wissenschaftlichen Nachweis führen, was es für unser Klima wirklich bringt, wenn wir in Europa Gas- und Kohlekraftwerke abschalten und stattdessen wieder Atomkraftwerke bauen, währenddessen die anderen Weltregionen weiter Öl, Kohle und Co verstromen (im Boden werden die fossilen Energieträger ja nicht bleiben). Und eine Entscheidung pro Atomenergie (im dichtbesiedelten Mitteleuropa mit katastrophalen Auswirkungen eines möglichen Unfalls) erst nach dem Nachweis einer quantitativen Temperaturreduktion fällen. Für Schnellschüsse ist hier kein Platz, insbesondere nicht aufgrund der Langfristigkeit der Investitionen.
Allerdings könnten wir in Österreich etwas sinnvolles machen: das ist unser Privileg aufgrund von Geografie und Wasserreichtum: und zwar könnten wir endlich wieder regelbare Großwasserkraftwerke bauen. Nicht in den Flüssen (die erzeugen im wesentlichen Grund- und Bandenergie, also wenig regelbare konstant verfügbare elektrische Energie), sondern Hochgebirgskraftwerke, die mit hohen Leistungen und schneller Regelfähigkeit die ideale Ergänzung zum volatilen Wind- und Sonnenstrom wären. Im Idealfall mit Pumpspeicherfähigkeit, sodass bei Wind- und Photovoltaik-Überschüssen Wasser in die Speicher hinaufgepumpt werden kann, um dann bei Bewölkung, Flaute etc. wieder mittels Turbinen und Generatoren in Strom umgewandelt zu werden. Mit Wirkungsgraden größer 80%, also einem Vielfachen aller Power-To-X Konzepte, Wasserstoff-/Elektrolyse/Brennstoffzellen etc.
Dann könnten wir den Brennstoffeinsatz in fossilen Grund- und Bandlast-Kraftwerken drastisch reduzieren (und diese letztlich auch wirklich abbauen), denn die Grundlast würden dann Wind und Sonne liefern, gepuffert für die Nacht sowie wind- und sonnenschwache Zeiten durch Speicher in den Alpen.
Zugegeben funktioniert das nur, wenn man Berge und viel Wasser am richtigen Platz hat, ist also nur eine österreichische, keine europaweite Option.
Eine Grünregierung sollte da aber diese Chance nützen, für Österreich und für die CO2-Bilanz etwas Gutes zu tun statt sich Kernkraft ins Land zu holen.
aus Sicht der Energiegewinnung: ja. Aber was machen wir mit dem Atommüll auf die Dauer und wenn den alle produzieren, und: ein Unfall mag relativ unwahrscheinlich sein, die Folgen wären aber so gravierend, dass wir gleich bundesländerweise zusperren könnten. Insofern würde ich nicht rundweg dagegen sein wollen, aber diese Fragen harren einer Antwort….
Werter Hr. Ortner. Ein Atomkraftwerk dieser neuen Bauart kann Strom auch nicht “effizienter” generieren, als alle bisherigen.
Ein Atomkraftwerk ist nichts anderes, als ein riesiger Tauchsieder. Die radioaktiv zerfallenden Uranstäbe erhitzen Wasser, der entstehende Dampf treibt Turbinen an, diese produzieren Strom. Zur Kühlung der Anlage braucht es einen Fluss oder das Meer. Aus den Schloten des Kraftwerks kommt nichts als Wasserdampf. Wenigstens, solange nix Böses passiert.
Wenn Österreich keine Kernkraftwerke will so müsste sich unser Land für drei bis vier weitere Kraftwerke von der Dimension Kapruns bemühen.
Vom BP Abwärts wird die FfF-Bewegung verehrt als wären es Popstars.
Doch hinter den Protesten steht nichts, absolut nichts, gähnende Leere.
Greta und die Kinder um sie haben keine Ahnung wie Energiemanagement für die hochindustrialisierten Länder funktionieren kann und soll.
Die Politik und einige Alternative Stromerzeuger schwimmen im Fahrwasser dieses Kinderkreuzzuges ohne die gesamte Dimension der sehr bald fehlenden Stromenergie im Auge zu haben
Es scheint der Blick auf das Ganze verlorengegangen zu sein.
“Greta und die Kinder haben keine Ahnung ..” Es wäre schon einmal gut, wüßten die Genannten, dass Strom ständig bereit gestellt werden muss, wir also alle ständig unter Strom stehen müssen und dass Strom nicht gespeichert werden kann. Das macht die Erzeugung von Strom durch Windräder und Solarzellen so gefährlich, weil ständig für ihren sofortigen Ausfall Strom bereit stehem muss.
“endet Europa wirklich noch als Naherholungsgebiet wohlhabender Chinesen “, die ihre Viren hier einschleppen und wir von einer Pandemie in die nächste schlittern.
Na, die Grenze zum Rassismus aber nur haarscharf verpasst…
Gut, dass wir hier Hrn. Braunmüller haben, der immer ganz genau aufpasst, ob etwas antisemitisch oder rassistisch ist.
Ich bin gegen Atomkraftwerke. Und zwar nicht, weil ich vor einem Unfall Angst habe – der tatsächlich ziemlich unwahrscheinlich ist -, sondern mehr wegen des unlösbaren Problems der Entsorgung der Brennstäbe.
Die Endlagerung ist lösbar und es gibt sogar bereits ein Art von recycling. Leider haben die Politiker auch von Physik keine Ahnung, lassen sich von kleinen Gruppen treiben und vermeiden jegliche Entscheidung.
Danke für die Erhellung.
“… endet Europa wirklich noch als Naherholungsgebiet wohlhabender Chinesen …” Was heißt hier enden? Vor Corona war das doch schon der Fall.
ursxhutz hat es in der predde schön formuliert, frei nach kickl: die ohysik hat einfsch der politik zu folgen! 😉
urschitz hat es in der presse schön formuliert, frei nach kickl: die physik hat einfach der politik zu folgen! 😉
Zum Trost, das Sinnvolle wird oftmals zum Unvermeidlichen.