Der streitbare britische Politiker Nigel Farage, der als »Vater des Brexit« in die Geschichte eingegangen ist, denkt neuerdings grummelnd öffentlich darüber nach, seine Heimat zu verlassen. Als Grund gibt es dafür an, dass ihm seine langjährige Hausbank, das ehrenwerte Institut Coutts, bei dem seit George VI. alle Könige ihr Konto haben, die Bankverbindung gekündigt habe und mehrere andere Banken sein Ersuchen, dort Kunde werden zu dürfen, abgelehnt hätten.

Weil man aber ohne Bankverbindung in der modernen Welt praktisch nicht leben kann, überlegte Mr. Brexit eben, ins Exil zu gehen.

Ein Revanche-Foul?

Er fühlt sich dabei als Opfer des britischen Establishments, das sich auf diese Weise dafür räche, dass er den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU orchestriert und eingefädelt habe.

Nun haben sich die Wogen zwar zwischenzeitlich ein wenig geglättet, aber die britische Schnurre zeigt doch zweierlei: Erstens, welche Repressionen in einer immer mehr auf Bargeld verzichtenden Welt heute zumindest grundsätzlich denkbar sind, wenn jemand aus welchem Grund auch immer fertig gemacht werden soll, und zweitens, wie vor allem zukünftige

Digitalwährungen, die der Staat oder seine Institutionen kontrolliert, grundsätzlich als Disziplinierungsinstrument geeignet sein können. Dann wird man nämlich jemanden nicht einmal mehr sein Konto wegnehmen müssen, es genügt völlig, die Kontrolle darüber zu haben, was jemand mit seinem digitalen Geld anfangen kann – und was nicht.

Im digitalen Hausarrest

Nicht allen Menschen dürfte bewusst sein, welche Möglichkeiten es da zumindest theoretisch gibt. Denn mittels staatlich kontrollierten Geldes kann in einer bargeldlosen Gesellschaft das Verhalten jedes Einzelnen genauer kontrolliert und gesteuert werden als mit jeder herkömmlichen Methode. So kann die Obrigkeit bei dissidentem Verhalten zum Beispiel den Bewegungsradius jedes Bürgern beliebig einschränken – etwa, indem er mit seinem digitalen Geld keine Verkehrsmittel mehr bezahlen, kein Auto leihen und kein Benzin kaufen kann. – Jede Fußfessel ist harmloser Kinderkram im Vergleich dazu.

Genauso kann der Staat aber dann auch die Lebensqualität jedes Einzelnen stark beschädigen – etwa, indem der Betreffende dann nur noch bestimmte Lebensmittel im Supermarkt erwerben kann und andere nicht, dass sein Geld in bestimmten Läden oder auch etwa in Hotels und Restaurants überhaupt nicht mehr angenommen wird. Oder, dass dieses Geld nur noch in einer bestimmten Region, einer bestimmten Stadt oder im Extremfall nur mehr in einem dezidierten Segment einer Stadt verwendbar ist. Was schon fast einem Hausarrest gleich käme. Zumindest solange der Bürger seine Miete zahlen kann, was der Staat ja auch problemlos unterbinden könnte.

Die totale Kontrolle

Es gibt eigentlich kaum eine Schikane, die der Staat nicht anwenden kann, hat er erst einmal die Kontrolle über die Zahlungsmittel jedes und jeder Einzelnen. Nun versichern uns natürlich heute alle politisch Verantwortlichen, die an digitalen Währungen arbeiten, etwa in der europäischen Zentralbank EZB, dass dergleichen Missbrauch völlig ausgeschlossen sei.

Es empfiehlt sich, Zusagen solcher Art mit einer ordentlichen Portion Misstrauen zu begegnen. Denn die Leute, die uns heute hoch und heilig versprechen, hier drohe der Freiheit der Bürger keine Gefahr, sind dieselben, die uns noch vor zwei Jahren erklärt haben, es werde keine Inflation geben, und wenn, dann nur eine ganz kurze und vorübergehende.

Wir wissen, wie das dann ausgegangen ist und sollten heute wenigstens die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Vor allem aber sollten wir in dieser Causa auch mit den Händen abstimmen – indem wir, so oft es nur möglich ist, mit Bargeld bezahlen. Denn je mehr Menschen Bargeld verwenden, um so schwieriger wird dessen Abschaffung politisch umsetzbar sein.

Cash zu zahlen, wo immer es geht, gerne auch höhere Beträge, mag etwas unbequemer sein, als einfach sein Mobiltelefon oder seine Armbanduhr ans Kassenterminal zu halten, bis es piept, aber diese kleine Unbequemlichkeit ist ein kleiner Akt des Widerstands, der es uns einfach wert sein sollte.