
Daniela Holzinger: Der Linz-Putsch und was „Lugerschenko“ damit zu tun hat
Oberösterreichs SP hat Vorsitzende, Geschäftsführer, Gremien und Parteitage und solange die machen, was Klaus Luger sagt, ist die rote Welt perfekt. Oder doch nicht? eXXpress-Kolumnistin Daniela Holzinger fasst zusammen.
In a Nutshell
Wenn große Zusammenhänge auf ihre Essenz heruntergebrochen werden, dann nennen das die Engländer „In a Nutshell“. Was wie ich finde, ein ziemlich lustiges Bild ist. Diese kleine Nussschale, fast verloren auf einem Meer aus Nichtigkeiten treibend, enthält sie doch all das worum’ s wirklich geht.
Und wenn ihr mich fragt, dann ist die oberösterreichische SP-Landespartei genauso eine Nussschale, für (fast) all das was bei den Sozialdemokraten seit Jahrzehnten danebengeht. Die „gewaltsame“ Ablöse der glücklosen Birgit Gerstorfer ist dabei keine Ausnahme, vielmehr die Regel, in einer Partei, die „täglich das Murmeltier grüßt“.
Die Uraufführung
Anfang 2016 versuchte Landesparteichef Reinhold Entholzer, Lehren aus dem zurückliegenden Wahlfiasko zu ziehen und besiegelte damit sein politisches Ende.
Schuld war aber nicht etwa, dass man mit ihm als Spitzenkandidat auf historisch-miserable 18 Prozent abstürzte. Nein, vielmehr war es die Tatsache, dass Entholzer ernsthaft vorhatte daran etwas zu ändern. Und weil immer dort wo gehobelt wird, auch Späne fallen, hätte Peter Binder, Intimus des Linzer Stadtchefs Klaus Luger, seinen Platz als Geschäftsführer räumen müssen.
Doch langer Rede, kurzer Sinn: Binder blieb, Entholzer wurde auf offener Bühne – sagen wir – „verabschiedet“.
Neue Schlaucherl in alten Rollen
Und weil das alles so gut funktionierte, gab’s am Drehbuch offensichtlich nichts mehr zu ändern. Diesmal in der Rolle des Interimsvorsitzenden: AK-Boss Johann Kalliauer, dessen einzige Aufgabe es war den landesparteilichen Scherbenhaufen zu hüten und einem oder einer Glücklichen Besen und Schauferl in die Hand zu drücken. Birgit Gerstorfers große Stunde!
Als politische Quereinsteigerin einer breiteren Öffentlichkeit völlig unbekannt, war ihr die Entholzer-Nachfolge auf den Leib geschneidert und die Linzer-Connection wieder außer Gefahr. Bis, ja, bis zur nächsten Wahlschlappe, die unter solchen Bedingungen natürlich nicht lange auf sich warten ließ. 2021 ging’s noch ein Stück weiter hinunter ins Jammertal. Nie zuvor in der Geschichte hatten weniger Landsleute ihr Kreuzerl bei Rot gemacht. Gefühlt war es den Genossen aber auch nie zuvor so egal. Nach mehr als einem Jahrzehnt, in der Niederlage auf Niederlage folgt, wird die Lethargie zum wahren Grundwert.
Der Linz-Putsch
Aber Halt, ohne dritten Akt kann der Vorhang nicht fallen. Politisch jetzt nicht mehr ganz so frisch gefangen, kam die Birgit wie davor auch schon der Reini (ich bleib hier mal im Parteisprech, um das Ganze abzukürzen) auf die Idee etwas „ändern“ zu müssen. Ui-ui-ui. Eine unabhängige Wahlkampfanalyse sollte dafür die Basis, vor allem aber den Finger in die Wunde legen. Und wer sich das – aus unerfindlichen Gründen veröffentlichte – Dokument anschaut, dem wird tatsächlich flau im Magen.
Mut- und Profillosigkeit der Funktionäre, aufgeblähte entscheidungsschwache Gremien, die zwiespältige Rolle der Gewerkschaft und ein lähmender Machtkampf von Landespartei und Luger-Partie – so offen wurde das Offensichtliche bisher noch nie ausgesprochen
Ein Hilferuf? Möglicherweise.
In den Hallen des Linzer Rathauses dürfte man es jedenfalls sehr deutlich verstanden haben – kaum zwei Wochen danach war ein Vorwand gefunden und Gerstorfer Geschichte. „Lugerschenko (Anm.: in der Landeshauptstadt geläufiger Spitzname für Bürgermeister Klaus Luger) fackelt da nicht lange“, wie mir ein Freund aus Linz erzählte. Und tatsächlich hatte Gerstorfers Rauswurf schon einen Hauch von Ostblock. Während die „Chefin“ im Ausland urlaubt werden Tatsachen geschaffen, neue Achsen geschmiedet und fleißig an Sesseln gesägt. Kein Wunder, dass sie ihrem Nachfolger bei der „Gute-Miene-zum-bösen-Spiel-PK“ „dieselben schönen Erfahrungen“ wünschte.
Die Binder-Connection
Und Peter Binder? Für ihn scheint just in dem Moment der Karriereturbo zu zünden, wenn’s mit der Landespartei wieder einmal ordentlich bergab geht. Zwischenzeitlich zum dritten Landtagspräsidenten aufgestiegen, war Binder im engsten Wahlkampfteam und damit mitverantwortlich für das katastrophale Wahlergebnis. Konsequenzen? Keine. Auch die Impfkampagne aus der man Gerstorfer schlussendlich den Strick drehte, wurde nicht von ihr, sondern von Binder präsentiert. Konsequenzen? Keine, zumindest noch nicht.
Geht’s nach einem Linzer-Stadtmagazin, scheint Binder aber ganz nach oben zu wollen. Bleibt nur zu hoffen, dass bis dahin von der Landes-SP noch etwas übrig ist. Persönlich würde ich’s nämlich spannend finden, mal zu sehen, was ein Strippenzieher macht, wenn ihm die Püppchen fehlen.
Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.
Kommentare
SPÖ’s Ex-Bürgermeister Schaden aus Salzburg muss wegen der SWAP Affaire den “Schaden” Vor wenigen Tagen wurde ebenso berichtet, dass er ca. 240.000 € zusätzlich zurückzahlen muss. Stand nicht auch etwas in den Zeitungen, dass der Linzer SPÖ-Bürgermeister Luger in der SWAP Affaire verwickelt war ? Da stand doch was. Der Unterschied für Luger ist aber der, dass das hohe Gericht zur Erkenntnis gelangt ist, dass der Herr Luger gar nicht die Ausbildung für die SWAP-Geschäfte hatte und deshalb ihm kein Vorwurf gemacht werden kann. Unwissenheit schützt offensichtlich oder möglicherweise doch vor dem Strafgesetz. Ob es möglicherweise davon abhängt, welcher Fraktion man angehört ? Ich weiß es nicht, muss mal meinen Freund, Staranwalt für Strafrecht fragen.
Der Prozess der Linzer gegen die Bawag ist im Unterschied vom Prozess gegen Herrn Schaden eine Zivilrechtssache und kein Strafprozess. Wobei das Strafausmaß gegen Heinz Schaden tatsächlich sehr streng ausgefallen zu sein scheint, wobei aber hoffentlich bei der Strafzumessung gegen ihn, seine Parteizugehörigkeit zur SPÖ keine Rolle gespielt hat.
Ist wie in der Sowjetunion. Die Kader zerfleischen sich selbst bis nichts mehr übrig ist über das man sich zerfleischen kann. Weiter so, SPÖ! Euch braucht sowieso niemand!
Keine Sorge, Binder und der Rest der Brut devolutionieren gerade Richtung einstelliger Zustimmung und das ist gut so. Auch der falsch abgebogene Seemayer fährt gerade samt FSG zum Teufel.
Nie wieder diese faserschmeichelnden Arbeiterverräter!
Für mich wird die SPÖ mit jeden Tag immer unglaubwürdiger.
Mittels Parteienfinanzierungsgesetzes wo alle Parteien freudig stets mitbestimmt haben , ist es finanziell fast egal ob man als Partei 35% oder 20% hat. So lässt sich noch lange Futter in die Tröge schmeißen.
Man muss bestehen das einzig aussitzen das Interesse der spö ist. Veränderungen sind nicht beabsichtigt. Irgendwann wird das d dumme Wähler auch verstehen.
Die spö eint eine tiefe Verachtung für ihre Wähler die gefälligst zu spuren haben .
Muss man wissen. Erst dann ergeben manche Handlungen einen Sinn.
Kleine Geschichte von mir über den Niedergang der Sozialdemokratie. Als Studentenvertreter des VSSTÖ und Funktionär der Grazer SPÖ habe ich Ende der 80ger Jahre dringend auf das Wohnproblem hingewiesen, Vorschläge gemacht, Kompagnien erarbeitet, bei den Menschen in Graz großen Zuspruch geerntet. Wie hat die Partei reagiert ? Man hat mich beschimpft, boykottiert, alles unternommen, um das zu verhindern, alles nach dem geflügelten Wort, Feind-Todfeind- Parteifreund. Warum ? Das könne ja dem Säulenheiligen Alfred Stingl schaden . Was habe ich gemacht ? Die Partei verlassen und mich erfolgreich ins Privatleben verabschiedet. Was ist danach passiert ? Ein gewisser Herr Kaltenegger, mit dem ich das Problem auch besprochen habe, hat sich dieses Problems alleine angenommen. Endergebnis. ? Er wurde Stadtrat, seine Parteikollegin Elke Kahr wurde mit diesem Thema, erweitert durch weitere Sozialarbeit mit den Menschen Bürgermeisterin. Die große Bürgermeister-Partei hat heute nicht einmal mehr einen Stadtratsposten, liegt bei heißen 9 % der Stimmen und freut sich, dass sie bei der Koalition Kahr/ Schwentner mitspielen darf. Wie heißt eigentlich der derzeitige Chef der SPÖ-Graz ?
@ Dr P. Falls Ihre Vorschläge zum Wohnproblem tatsächlich mit denen von Kaltenegger und Kahr vergleichbar waren, dann Chapeau. Wenn die Vorschläge aber in die Richtung der Klientelpolitik von Sebastian Kurz gingen, der den junge Leuten die steuerliche Unterstützung für den Erwerb von Eigentum in Aussicht stellte, dann verstehe ich die Sozialdemokratie mit Ihren Vorbehalten, da das für Menschen mit geringem Einkommen außer Reichweite bleibt.
Der Erwerb von Eigentum macht Menschen unabhängig. Das kann niemals im Interesse von Kommunisten und Sozialisten sein. Die leben davon, dass Menschen abhängig sind, von Sozialleistungen. Solange sie abhängig sind, werden sie sozialistische Parteien wählen (müssen).
Wer unabhängig ist, der kann frei wählen – und das ist gefährlich.
@LvM . Das wäre ja wunderbar wenn Alle Eigentum hätten und daher rechts-konservative Parteien wählen könnten. Aber wie kann ihrer Meinung nach dem Durchschnittsverdiener akut geholfen werden, der sich die explodierenden Mieten kaum noch leisten kann?
@AutochToni: Es waren vergleichbare Vorschläge 🙂
SPÖ in OÖ ist wie die SPÖ im Bund.
Noch haben sie die Hoffnung bei der nächsten NR Wahl die Mehrheit zu erreichen – warten wir`s ab
Sie haben den Hinweis “Ironie” am Ende ihres Kommentars vergessen!