
Daniela Holzinger: Die große Energie-Abzocke und Dächer aus purem Gold.
Europas Gas-Börsen notieren tiefer als noch vor einem Jahr. Dennoch zahlen Konsumenten weiter Höchstpreise. eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger warnt vor energiepolitischer Entsolidarisierung und der großen Abzocke.
Die Börse überrascht.
Also, mal ganz langsam und auf Anfang: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. So läuft das in der Marktwirtschaft. Gibt’s mehr potenzielle Käufer bei weniger Angebot, wird’s teurer. So weit, so klar.
Energie kostet demnach mehr, wenn z.B. im Winter weniger produziert werden kann, aus Photovoltaik, Wind, vor allem aber auch aus heimischer Wasserkraft. Dann muss zugekauft werden, oder eben Gas- und Ölbrenner den Dampf erzeugen, der über Turbinenschaufeln geleitet und an den Generator geflanscht, die notwendigen Kilowatts generiert, um Kühlschrank, Wärmepumpe und Co., genauso zu füttern wie unser liebgewonnenes elektrisches Klim-Bim.
Dreht der Russe dann noch am Hahn und der Westen an der Sanktionsschraube, werden Pipelines gesprengt und geht sowieso alles drüber und drunter (an der Börse ist man sehr schreckhaft!). Dann, ja dann wird gehamstert, gebunkert, aufgekauft und werden fleißig „Preissignale“ ausgeschickt.
Ganz wichtig für einen funktionierenden Markt, wie uns Experten erklären. Sparanreize müssten schließlich gespürt werden und Lenkungseffekte greifen.
Wer dieser Tage von seinem Energieversorger vor die Türe gesetzt wurde und sich noch auf weihnachtlicher Herbergssuche befindet, dem werden – so weit kann man die Experten beruhigen – die „Signale“ auch kaum entgehen.
50 Cent je Kilowattstunde Strom sind keine Seltenheit mehr, die Freude über die „Liberalisierung“ des Marktes längst verflogen. Monopol oder Kartell wäre da auch schon wurscht, weil ärger geht’s nimmer.
Aber warum eigentlich? Mitten im Winter und ohne irgendeine zeitnahe Perspektive auf Frieden an Europas Grenzen, geschweige denn einer Normalisierung der internationalen Beziehungen, purzeln die Preise.
Statt 345€ im Sommer, wechselt die Megawattstunde Erdgas – der Strompreistreiber Nr. 1 – aktuell für rd. 76€ den Besitzer. So billig wie zuletzt vor Putins Überfall auf Polen – pardon – auf die Ukraine natürlich.
Die Börse überrascht! Zumindest mich.
Ich freu mich, wenn‘s mir wer erklärt aber das Märchen von „Angebot und Nachfrage“ dürfte dabei kaum eine Rolle spielen.
Das lange Warten.
Doch wer jetzt schon ans Aufatmen denkt, dem sei ein Blick auf das verhängnisvolle Spiel von Öl- und Spritpreis empfohlen. So schnell die Märkte nämlich reagieren, um „Aufwärtssignale“ an uns Verbraucher weiterzugeben, so unglaublich entspannt bleibt man bei sinkenden Rohstoffpreisen.
Da heißt‘s dann erst einmal abwarten und beobachten. Weil, eh klar, die Menschen natürlich total verwirrt wären, würde jede kleine Halbierung oder Drittelung der Kosten direkt auf sie „durchschlagen“. Da geht’s den Energieversorgern dann vorgeblich um Stabilität und Erwartungssicherheit.
Insbesondere jetzt wo der erste Schock verdaut scheint und die Regierung per Strompreisbremse selbst ärgste Preisexzesse mit Steuergeld bezuschusst. Obergrenze: 40 Cent pro Strom-kWh.
Bis „der Markt“ da drunter geht, werden wir also eher noch ein bisserl warten müssen. Falls überhaupt, weil unleistbare Energie ja „gut fürs Klima“ ist und so ganz nebenbei die Kassen der teilstaatlichen Versorger, samt ihrer politischen Herren, füllt. Eine Hand wäscht da die andere, läuft alles wie geschmiert und auch für uns ein kleiner Trost: Das Geld, das wir zahlen, verschwindet ja nicht, es hat nur jemand anderer.
Insel oder Grundversorgung.
Was aber tun, wenn man sich diesem Wahnsinn nicht länger ausliefern will. Na ja, da gibt’s im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Einmal die Energie-Grundversorgung. Sie steht jedem Staatsbürger auf Antrag zu, weil die Politik beim Verfassen des Gesetzes gepfuscht und vergessen hat klare Anspruchskriterien, wie soziale Bedürftigkeit, festzuschreiben. Stattdessen hat man lediglich festgelegt, dass jedem Antragssteller vom Energieversorger der Preis zu gewähren ist, den auch die größte Anzahl der Kunden des jeweiligen Unternehmens erhält. Typischerweise also langjährige Bestandskunden.
Wer‘s weiß, kriegt damit beim heimischen Wasserkraft-Riesen auch als Neuling Strom für 16 Cent und Gas um weniger als 10 Cent je Kilowattstunde. Großartig und fair! Weil, zumindest Wasserkraft nicht teurer wurde und die Mehrzahl der übrigen Kunden ja auch dasselbe zahlen. Warum also abzocken lassen?
Selbstermächtigte Übergewinnabschöpfung sozusagen. Leider aber auf tönernen Füßen. Energie Lobbys laufen dagegen bereits Sturm, eine Partei nach der anderen knickt ein. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis sie den „Fehler“ beheben und wir wieder am „A****“ sind.
Die zweite Möglichkeit ist sich weitestgehend unabhängig von all dem Irrsinn zu machen. Wer das nötige Kleingeld auf der hohen Kante hat, baut sich sein eigenes Sonnenkraftwerk aufs Dach. In der Luxusversion mit Speicherbatterie und Netzfreischaltung. Inselbetrieb in Siedlungslage.
Unter den gegebenen Umständen absolut g‘scheit. Nüchtern betrachtet der absolute Wahnsinn! Früher nämlich haben wir uns gemeinsamen Herausforderungen, gemeinsam gestellt, „Economies of scale“ genutzt, das Beste für uns gemeinsam rausgeholt. Wir haben ein Kraftwerk gebaut und durch die Vielen zum Bestpreis finanziert. Heute baut jeder der kann, sein eigenes Kraftwerk. Wir vergolden unsere Dächer. Bei einer 10kWp Anlage kostet jedes Panel etwa doppelt so viel wie bei einer 1MW-Anlage. Das System aber ist so kaputt, dass wir diese gemeinsamen Vorteile nicht mehr weitergeben. Irgendwo dazwischen sitzt die große Abzocke. Der Energie-Zecke, der uns in die Abschottung treibt. Energiepolitische Entsolidarisierung als Vorbote für ein zunehmendes Zerfallen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Zerstört von oben, von jenen die in unserem Auftrag an den Hebeln sitzen und seit Jahrzehnten jede Weiche nurmehr in ihre Richtung schalten. Das ist einfach nur absurd.
Kommentare
Der Staat ist mit seinen Steuern und Abgaben ein Mitabzocker. Zu überlegen wäre ein Steuerungsmodell, das an die Börsenentwicklung gekoppelt ist: Steigen die Preise sinken die Steuern, fallen die Preise bemessen sich die Steuern am Kundenpreis – falls diese Marge geschickt gewählt wird, entsteht ein automatischer Anreiz sinkende Preise an die Kunden weiterzugeben.
Leicht problematisch. Preise steigen -auf lange Sicht- immer höher. Inflation ua. Dh Politik ist daran sicher nicht interessiert. Leider.
Die noch Regierenden sind in ihrer grenzenlosen Dummheit das Böse schlechthin. Lügen, Betrügen, Abcashen.
Danke, Daniela H.!
Wahre Worte offen und direkt ausge-schrieben.
Eine Änderung dieser Mißstände ist längst überflüssig…nur: dann müßte sich das Volk erheben. Aktiv werden. Aufmüpfigkeit zeigen.
Corona hat jedoch gut gezeigt daß Hr+Fr Ö. passive Mitläufer sind. Und solange es Polizei- und sonstige Beamte gibt die treuherzig jeden Befehl ausführen wird man uns weiter verar*****.
Kriegsgewinnler überall, nur nicht im Volke. Solange diese Leute nicht den Hals voll haben, wird der Krieg andauern.
Selbiges gilt auch für die Corona-Epidemie, auch hier verdienen sich unzählige Leute eine goldene Nase.
Man hört das es beim Strom milliardenschwere Übergewinne geben soll, man hört das der Staat diese abschöpfen will. Was viele Klein- und Mittelbetriebe seit ein paar Tagen, nachdem ihnen die Stromkostenvorauszahlungen geschickt wurden, mit Sicherheit wissen, sie müssen diese Rechnung bezahlen.
Da geht es um Erhöhungen welche astronomische Ausmaße erreichen, fern jeder realistischen Möglichkeit jener Betriebe.
Was helfen alle Warnungen, wenn die Bevölkerung sich abhängig sieht? Die meisten Menschen haben große Sorge, dass sie ihre Existenz bald nicht mehr erhalten können. Der einzige Ausweg wäre, dass die gesamte Bevölkerung zusammen hält und diese Wucherbeträge schlichtweg nicht mehr bezahlt. Das traut sich halt keiner. Es würde schon reichen, wenn die sogenannten Monats- oder Quartalsvorschreibungen (Teilbeträge) von Gas und Strom von den KundInnen selbst beeinsprucht werden beim jeweiligen Betreiber. Der Kunde selbst kann diese Teilbeträge festlegen, also herabsetzen, sodass sich das Geld im Monat noch für die Grundversorgung ausgeht und man evtl. mit Urlaubsgeld oder Weihnachtsremuneration die Jahresabrechnung bezahlen kann. Weiß kaum jemand. Weder Strom noch Gas kann einfach so abgeschaltet werden, wenn auch nur ein kleiner Betrag an den Betreiber bezahlt wird. Angst fressen Seele auf. Wehrt Euch doch endlich!
Hmmm , liebe Frau Holzinger : Sie verstehen einiges nicht, sagen Sie im Artikel !
Ich darf helfen :
ad Marktregeln ): bitte mal den Energie-TopExperten Johannes Benigni auf ServusTV ansehen m- auch wenn es ihr Feindsender sein sollte, der Mann ist großartig !!
ad den gemeinsamen Herausforderungen gemeinsam stellen) : bitte mal über Psycholgie der Massen lesen , ältere u.neuere Literatur , egal ! Auch Ihr Freund, der Sozialismus, funktioniert nur solange gemeinsam, solange es nicht um die Verteilung des Mammons geht , oder… !!
Guten Rutsch f. 2023 🙂
Wer mit der Masse mitläuft – pardon, an die Weisheit der Vielen glaubt – hätte vor hundert Jahren in die Zeit gepasst, aber zwischenzeitlich auch schlauer werden können. Spätestens, als man erst Diesel-Autos mit Aufschläge verkaufte und dann erst den Agrardiesel abstellen und später über Diesel-Fahrverbote diskutierte, um Diesel zu verteuern. Gleiches bei Elektroheizungen: in den 1970ern beworben, dann sogar mit Werbeverbot belegt, weil zu billig. Börsen handeln Fantasien und Erwartungen – kann man an Tesla sehen – und die halten selten lange, bis sie von der Realität eingeholt werden. Heute ist Putin telefonisch bei XI Jinping zum Rapport bestellt, um bis Februar Frieden zu machen. Das dürfte die Spekulanten auch bewegen.
Die Stromendabrechnung kann sich jeder selbst anschauen:
Über die Hälfte sind Steuern und Abgaben.
Die Energiezecke ist seit Jahren bekannt: Die Regierung!
Verbunden mit der Lüge, es seien die Energieunternehmen, die – Überraschung – derselben Regierung gehören.
Sollte trotzdem ein Privater Gewinne machen; wo landet die Hälfte dieser Gewinne (25% KÖST, 27,5% KEST)? Überraschung! Wieder bei derselben Regierung.
Die Energiezecke ist also wer? Die Kapitalisten? Wirklich nicht.
Das wird von den Medien leider kaum beachtet. Auch die meisten Kommentare geben dem “Markt” (unter Anführungszeichen, weil da hauptsächlich staatliche und halbstaatliche Akteure sind) die schuld. Es ist der Staat, der hier kräftig mit abräumt und dann gnadenhalber Gutscheine verteilt. Leider verstehen das viel nicht, dass der Energiepreiswahnsinn auch durch hohe Steuern bedingt ist…
chapeau Fr. Holzinger!
Großartiger Kommentar, super auf den Punkt gebracht
Sehr guter Kommentar. Bravo.
Anders gefragt: wenn man 3 Jahre lang das Geld vermehrt und ständig Schweigegeld auszahlt während gleichzeitig die Voljswirtschaft auf stand-By Modus geschaltet wird….
was soll da anderes rauskommen als Inflation und Raubrittertum des Staates?
Das ist Planwirtschaft wie im realen Sozialismus (auch von konservativen Parteien betrieben)