Für die Leistungsträger!

Mein Einstieg in die Politik war ziemlich quer. Aber nicht in der Art, dass ich von irgendeinem hochbezahlten Posten aus Wirtschaft, Verwaltung oder Medien in die „Volksvertretungs-Branche“ gewechselt wäre und erst einmal Demokratie (verstanden als Parteiendemokratie) lernen müsste.
Nein, wenn auch ziemlich komprimiert, hab ich die Grundausbildung voll durch.
„Quereinsteigerin“ so gesehen also nur im Zugang zum Handwerk und im Verständnis dessen, was Politik, was Demokratie leisten sollte.
In meinen Augen nämlich ganz einfach: Interessensvertretung – für die Vielen.
Jene Leute die täglich aufstehen, in die Arbeit gehen, Steuern zahlen, sich um ihre Familien kümmern, in Vereinen engagieren und damit letztlich das Land am Laufen halten. Sozusagen also für die Leistungsträger.

Mein Vorschlag

Auch den Lösungsansatz, wie man die Politik wieder zum Werkzeug der „normalen“ Leute machen könnte, hatte ich parat. Rückblickend gesehen, vielleicht einen zu radikalen, vielleicht einen zu revolutionären, ganz sicher aber einen zu naiven:

Meiner Vorstellung nach kann wechselseitige Identifikation nämlich nur dann funktionieren, wenn Vertreter und Vertretene zumindest annähernd die gleiche Lebenswelt teilen, also vor den gleichen Herausforderungen stehen, ähnliche Wünsche und Ziele verfolgen. 

So wie das (im Idealfall) bei Betriebsräten der Fall ist. Letztlich sitzen da alle im gleichen Boot, gehen beim selben Werkstor hinein, essen in derselben Kantine und verlieren – im Worst Case – auch gemeinsam den Job. Das verbindet und schafft Verständnis. 

Wie aber in der Politik umsetzen? Klar: Über das Gehalt!

Ich hab meiner damaligen Partei deshalb den Vorschlag gemacht, die Abgeordnetengehälter mit dem Wert des Medianeinkommens der Österreicher und Österreicherinnen zu deckeln. Soll heißen: Knapp € 3.200,- pro Monat. Vierzehnmal. Gerechnet auf 40h. 

Per Definition verdient die Hälfte der Bevölkerung mehr als das, die andere Hälfte weniger. Ideal also für jene die sich aus der „Mitte der Gesellschaft“ kommend wähnen und gerne wieder spüren möchten, was der Großteil der Leute spürt. Beispielsweise wenn statt €200 Gasrechnung plötzlich das Fünffache fällig wird.

Mit fast €10.000 monatlich zzgl. Spesen sind die Sessel des Hohen Hauses aber derart stark gepolstert, dass solche „Peanuts“ kaum zu merken sind. 

Wenig überraschend wurde meine Idee mit – sagen wir – enden wollender Euphorie aufgenommen. 

Natürlich nicht aus Gier oder der ehrlichen Überzeugung sich jeden einzelnen Cent mühsamst erarbeitet zu haben, sondern aus einer Reihe ganz sachlicher Gründe, wie man mir erklärte. 

Die Besten der Besten.

Beispielsweise, weil man in der Volksvertretung niemand Geringeren als „die Besten der Besten“ brauche und man hier mit der Privatwirtschaft konkurriere, wo durchwegs mehr gezahlt werde. Auf Knien rutschend müsse man daher jedem und jeder Einzelnen danken, dass sie sich das überhaupt „antun“. 

Auch „Bestechlichkeit“ sei so ein Thema. Schließlich gelte es zu vermeiden, dass verarmte Parlamentarier mit Bettelhut von Haus zu Haus ziehen, um sich dem Meistbietenden vor die Füße zu werfen oder gar gezwungen wären nebenbei noch Geschäften nachzugehen um ihren Lebensunterhalt abzustottern.

Zusammengefasst meinte mein Gegenüber: „Wer mit >Bananen lockt, wird Affen fangen…<“ und das war dann der Punkt, wo ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen konnte.

Die Realität…

sieht nämlich anders aus. Während sich tausende Menschen (die Affen im Beispiel des Herrn Abgeordneten) ehrenamtlich in Feuerwehr und Rettung engagieren, für einen tatsächlichen Hungerlohn Schwerstarbeit in der Pflege und allgemein im Gesundheitswesen leisten – reichen 5 Minuten „Hohes Haus“ live um sein Gerede von den „Besten der Besten“ ad absurdum zu führen. 

Ich meine, ein paar smarte Köpfe sind schon dabei und auch Leute, die aus Überzeugung tun, was sie tun – aber leider nicht genug, um dieses Märchen aufrecht zu erhalten. 

Beim Thema Bestechlichkeit erübrigt sich aktuell sowieso jeder Kommentar. Stichwort: Eva Kaili. Wer den Hals nicht voll genug kriegt, kriegt ihn nicht voll…

Und wenn 183 Abgeordnete in Summe etwa 260 deklarierten (bezahlten) Nebenjobs nachgehen, dürfte sich auch diese Geschichte in Luft auflösen. 

Nein, Luxusgagen sorgen nicht dafür, dass Abgeordnete ihren Job (gut) machen. Das Gegenteil ist der Fall. 

Gestalter, kreative Denker, Problemlöser mit Leidenschaft für die Sache – jene also die man im Zentrum der Demokratie oft so schmerzlich vermisst – haben kein Interesse an destruktiven, kleinkarierten Grabenkämpfen um einen Platz am Futtertrog. Genauso wenig wie an Scheuklappen und Parteifiltern.

Wollen wir also wirklich die Besten der Besten, müssen Euros raus und Möglichkeiten rein. So wird das Parlament zur Denkfabrik. Ganz einfach.