
Daniela Holzinger: Kleine Gewinner und große Verlierer
Kärnten hat gewählt. Für die einen blieb das Fiasko aus, für die anderen kam es schlimmer als gedacht. eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger über eine Wahl mit Vorzeichen und Rufzeichen.
ORF-Märchenstudio-Kärnten
„Der große Wahlverlierer dieses Wahlsonntages heißt SPÖ (…) Überraschungswahlsieger ist der Regierungspartner ÖVP (…), der an Stimmen zulegen konnte.“ So titelt das Kärntner ORF-Landesstudio kurz nach den ersten Hochrechnungen.
Schaut man sich die Zahlen jedoch nüchtern an, bleibt davon kaum etwas übrig.
Mit einem satten Minus von 9,02%-Punkten kann die SP um Landeshauptmann Peter Kaiser zwar nicht zufrieden sein, Wahlverlierer sehen aber anders aus. Fast 40% der Stimmen und mehr als 14%-Punkte Abstand zur zweitplatzierten FPÖ, garantieren den Kärntner Sozialdemokraten auch weiterhin ihre Rolle als dominierende Kraft im Land.
Bei der Volkspartei kann man zwar den prognostizierten Totalabsturz verhindern und am Ende sogar ein kleines Plus vorweisen, vom dritten Platz aus und mit mehr als 20%-Punkten Abstand zum Ersten aber den großen „Wahlsieg“ auszurufen, ist doch sehr schräg.
Ex-BZÖ-Wunschkandidatin und nunmehrige ORF-Landesstudio-Chefin Karin Bernhard würde bei der Analyse daher etwas weniger Agenda durchaus guttun.
Substanz-los
Die wahren Sieger und Verlierer der Kärnten-Wahl sind diesmal nämlich abseits der großen Drei zu suchen: Mit einem Plus von 4,4%-Punkten und damit fast einer Verdoppelung des Stimmanteils, gelang es dem Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer und seinem „Team-Kärnten“ an Substanz zu gewinnen. Hervorgegangen aus den Trümmern des Team Stronach war das nicht von vorneherein absehbar. Ähnliche Derivate scheiterten rasch und deutlich. Köfers Erfolgsgeheimnis: Unaufgeregte Landespolitik in Bürgerlisten-Manier, langjährige Politerfahrung und der unbedingte Wille sich an seinen ehemaligen Genossen in der SPÖ zu rächen. Auf dem Weg zum Landesparteichef hatten die Köfer nämlich mit üblen Tricks abserviert.
Wenn der Wahlkampf an die Substanz geht, kann so etwas wahre Wunder wirken. Motivation total! (Und ein Vorgeschmack darauf, was der SPÖ auf Bundesebene drohen könnte, wenn sie den Konflikt Rendi-Dosko ähnlich dämlich eskaliert.)
Auf der anderen Seite der Medaille: Grüne und NEOS. Beide scheitern erneut am (Wieder-) Einzug in den Landtag. Trotz massiver Unterstützung ihrer Bundesparteien. Insbesondere für die Grünen ist das ein Armutszeugnis und wohl auch ein kleiner Hinweis darauf, was da noch kommen mag. Immerhin war die selbsternannte Öko-Partei bis zum Zusammenbruch 2018 nicht nur im Landtag, sondern sogar in der Landesregierung vertreten – kann im Gegensatz zu NEOS also auf so etwas wie eine politische Tradition zurückblicken. Dennoch mit lediglich 3,85% blieb man deutlich unter den für einen Einzug notwendigen 5% zurück. Ein Fiasko: Jedenfalls. Ein Wendepunkt in der Grünen Erfolgsstory: Vielleicht. Kogler und Co. sollte jetzt klar sein, dass Klimafetischismus und Nischenpolitik spätestens dann ein jähes Ende finden, wenn‘s um Mehrheiten geht.
Demokratiepolitisch unwürdig.
Doch damit nicht genug. Auch demokratiepolitisch würd‘s für die Kärnten-Wahl wohl kaum zum Blumentopf reichen.
Mit 2,37% landete die MFG-Abspaltung „Vision Österreich“ nahezu gleichauf mit den NEOS auf den hinteren Rängen. Lediglich 651 Stimmen trennten das Polit-Startup rund um Frontmann Alexander Todor-Kostic und den Kärnten-Ableger der mächtigen pinken Bundespartei. Zu den Landes-Grünen betrug der Abstand etwas mehr als 4000 Stimmen (also eine kleine Gemeinde).
Für alle drei aber hieß es am Ende: Leider draußen bleiben.
Im Unterschied zu „Vision Österreich“ stand Grünen und Neos aber die ganz große Bühne zur Verfügung. Als Landesgruppen mit Bundespartei-Privileg wurden sie zu allen Diskussionsformaten inkl. der ORF-Elefantenrunde eingeladen, um vor hunderttausenden Seherinnen und Sehern ihre Ideen auszubreiten. Kostic und Konsorten blieb diese Chance verwehrt.
Ein Skandal. Natürlich. Im Staate Österreich aber leider keine Ausnahme. Nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben“ schottet sich der polit-mediale Komplex nach außen hin ab. Zusätzliche Konkurrenz wird als Gefahr statt als Bereicherung gesehen – neue Ideen unterdrückt, statt mit ihnen die konstruktive Auseinandersetzung zu suchen.
Besonders tragisch dabei: Während der öffentlich-rechtliche ORF zwar von allen Bürgern und Bürgerinnen finanziert wird – in Zukunft wohl per Zwangs-Haushaltsabgabe – entscheiden die parteipolitisch besetzten Gremien, welche Wahlmöglichkeit den Gebührenzahlern zumutbar ist. Gelenkte Demokratie. Unwürdig.
Kommentare
Das ist erst der Anfang. Wenn der ORF einmal die Haushaltsabgabe hat und keine GIS Abmeldungen mehr fürchten muß, wird er erst so richtig die Sau rauslassen.
In Klagenfurt haben die Stadtwerke bekannt gegeben den Strompreis um 300% !!!! zu Erhöhen. Und das 5 Tage nach der Landtagswahl. In Klagenfurt gibt es einen Bürgermeister vom Team Kärnten.
Es steht jedem frei, seine Energie über einen anderen Anbieter zu beziehen.
“Die wahren Sieger und Verlierer der Kärnten-Wahl sind diesmal nämlich abseits der großen Drei zu suchen” – wirklich? Die SPÖ hat die mit Abstand meisten Stimmen gewonnen und wird auch in Zukunft den Landeshauptmann stellen, die ÖVP hat einen Sitz im Bundesrat dazugewonnen und wird ohne Verzögerungen durch den BR bis zum Ende der Legislaturperiode weiterregieren können. Diese beiden Parteien sind für mich die wahren Sieger.
Kleiner Unterschied zu dem, was man in NÖ Schlappe und Debakel der ÖVP nannte: es gab im ORF keinen runden Tisch, indem ausschließlich Rote bereden durften, wie man der SPÖ wieder auf die Sprünge helfen könnte. Finanziert vom GIS-Zahler.
Ich freue mich dass express so wohltuend aus der Reihe sticht, wenn es um das Objektivitätsverständnis und die Aufgabe der Medien geht.
Bitte weiter so-die Menschen haben ein Recht auf Information und nicht auf Meinungsmache und politisch korrumpierter Berichterstattung.
Liebe Frau Holzinger, was sagen Sie zum Show down der SPÖ ? Ihre persönlichen ideologischen Grundlagen finden sich in der materialistischen Philosophie von Karl Marx. Glauben Sie an den damit in Konkurrenz stehenden idealistisch-philosophischen Ansatz (Hegel, Kant), es sind eben nur die Führungspersönlichkeiten, die ausgetauscht werden müssten, dann ist alles wieder paletti ? Oder haben sich die sozio-ökologischen Grundlagen so geändert, dass im Sinne des historischen Materialismus nicht nur die SPÖ, sondern alle sozialdemokratischen/grüne Parteien in ganz Europa jetzt auf dem “Misthaufen der Geschichte” landen ? Das Reich der Europäischen Sozialstaaten so untergeht wie das Römische Reich im 3., 4. Jht.? Und dieses Kriegsgeheule aller rot/ grünen Parteien in Europa nichts anderes als ein Abwehrkampf des “absterbenden Establishments” ist wie es der 1. Weltkrieg war, wo aufgrund der neuen sozio-ökonomischen Verhältnisse durch die industrielle Revolution das System der “adeligen Familien samt Anhang” ebenfalls mangels Anpassungsfähigkeit von den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen hinweg gerafft wurde ? Klären Sie mit ihrer Partei folgende Frage. Hätten die Darwin´schen Finken auf Galapagos überlebt, wenn sie sich nicht mit einer neuen Form ihrer Schnäbel den “neuen Verhältnissen ” angepasst hätten ? P.S 1930haben die Kommunisten in Russland den Darwinismus als nicht existent abgelehnt, man spielte selbst Gott/Evolution, und wollte den “sozialistischen Menschen ” krieren. Hat nicht funktioniert, aus einem Wolf kann man eben kein Kaninchen machen. (siehe auch “Sozialdarwinismus”- Herbert Spencer )
Am erfreulichsten bei der Kärnten-Wahl finde ich das schlechte Abschneiden der Grünen und der Neos. Das gibt Hoffnung, dass diese beiden chaotischen und unnötigen Parteien mittelfristig von der politischen Bühne verschwinden werden.
Sehr treffend formuliert! Als Österreicher läuft man Gefahr, diese Ausgrenzung mit einem ,Achselzucken‘ zu quotieren. Es ist aber ein Angriff auf die Demokratie. Die Einstiegshürde ist gesetzlich in Form von 400 Unterstützungserklärungen geregelt. Darüber hinausgehende Diskriminierungen sind nicht legitim.
Wenn man hier das Kommentar liest und die Berichterstattungen der anderen Medien ( Krone Zeitung schreibt sogar von einer Wahlschlappe der Vision Österreich) da glaubt man die berichten von unterschiedlichen Wahlen…wo bleibt die objektive Berichterstattung ?