
Daniela Holzinger: Können wir uns aus der Krise kiffen?
Die Niederlande haben‘s vorgemacht. Spätestens aber seit man in den USA und Kanada den Weg der Cannabis-Liberalisierung geht, scheint sich das gezackte Blatt endgültig gewendet zu haben. Österreichische Liberalisierungsbefürworter werden jedoch noch etwas Geduld brauchen, wie eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger meint.
Wie Funde belegen, ist Cannabis eine der ältesten und vielseitigsten Kulturpflanzen. Bereits vor rd. 12.000 Jahren wurde sie auf dem Gebiet des heutigen Irans und auch in China angebaut. Die Samen der Pflanze aß man, presste sie zu Öl (das übrigens sehr reich an Omega 3 und ungesättigten Fettsäuren ist) oder nutzte sie gemahlen zum Backen von Brot und vielem mehr. Das Harz wiederum wurde aufgrund seiner Inhaltsstoffe schon lange vor Entwicklung der modernen Schulmedizin erfolgreich zu Heilzwecken eingesetzt.
Aber auch der Rest der Pflanze wurde nicht weggeworfen oder etwa an Tiere verfüttert. Viel zu wertvoll waren die in den Stängeln enthaltenen Fasern, aus denen sich nicht nur hervorragend Kleidung herstellen ließ.
1455 wurde Gutenbergs erstes Buch, eine Bibel, auf Hanf-Papier gedruckt. Christoph Kolumbus schwang sich 1492 an einem Hanfseil von seiner Santa Maria auf (Mittel-) amerikanischen Boden und als sich 284 Jahre später, Jefferson und Co. vom britischen Mutterland losrissen, taten sie das natürlich auch mit einer Unabhängigkeitserklärung aus Hanf.
Eine Pflanze als wahre grüne Alleskönnerin sozusagen, die zudem auch noch sehr genügsam ist. Kein Wunder also, dass das Kraut seinen Siegeszug um die Welt antrat. Scheinbar unaufhaltsam – bis zur Industrialisierung.
Die verschaffte der maschinell leichter zu verarbeitenden Baumwolle den entscheidenden Vorsprung. Und auch in anderen Absatzmärkten wuchs die Konkurrenz durch neue Verfahren und Rohstoffe.
WINDOW OF OPPORTUNITY
Damit aber nicht genug, sah die nun erstarkende Baumwolllobby doch ihre Chance, den unliebsamen Konkurrenten endgültig aus dem Rennen zu werfen, den Markt unter sich aufzuteilen und richtig Schotter zu machen. Der Vorwand war dabei schnell gefunden und Cannabis zum Rauschmittel abgestempelt.
Auch an gewichtigen Unterstützern mangelte es nicht. Harry J. Anslinger, der Chef des Federal Bureau of Narcotics war nach der Abschaffung der katastrophal gescheiterten Alkohol-Prohibition quasi arbeitslos und auf der Suche nach neuen Staatsfeinden. Cannabis kam da wie gelegen und ganz plötzlich erkannte man, dass ihr Konsum „wahnsinnig“ macht, „High-School-Kids in den Suizid treibt“ und „Schwarze“ und „Mexikaner“ über „weiße Frauen herfallen“ lässt. Nach 12.000 Jahren Kulturpflanze natürlich absolut glaubwürdig – aber gut.
Jedenfalls war es das Window of Opportunity um Cannabis an der Wurzel zu packen und auszureißen. Und sie taten es.
Bis heute ist die UN-Konvention gegen narkotische Drogen, die in ihren Grundzügen ebenfalls auf Anslinger zurückgeht (obwohl diesem letztlich zu inkonsequent) in Kraft und Cannabis geächtet.
GESTRICHEN NACH 59 JAHREN
Aber das Kraut ist zäh – langsam holt es sich zurück was ihm gestohlen wurde. Nämlich seinen gesellschaftlichen Stellenwert und die Anerkennung seines vielfältigen positiven Nutzens – vor allem im medizinischen Bereich.
So ist es heute mittlerweile Common Sense, dass Cannabis sehr erfolgreich in der Schmerztherapie eingesetzt werden kann – vor allem bei chronischen Fällen.
Aber auch Menschen mit Tumorerkrankungen, AIDS, Tourette, Lähmungen und Multipler Sklerose können von einer (begleitenden) Behandlung profitieren – meist gänzlich ohne Nebenwirkungen.
Es ist deshalb nur logisch, dass die Vereinten Nationen das Kraut nach 59 Jahren von der Liste gefährliche Drogen strichen und immer mehr Staaten der Welt dieser Entscheidung mit zunehmenden Liberalisierungsschritte folgen.
Im Bereich der medizinischen Nutzung – weil es schlicht unethisch ist, Patienten eine möglicherweise hilfreiche Therapie aus politisch-ideologischen Motiven vorzuenthalten und als Genussmittel für Erwachsene – weil sich auch bei dieser Prohibition zeigte, dass der gesellschaftliche „Nutzen“ keinesfalls den Aufwand rechtfertigt.
ÖSTERREICH LEISTET (SICH) NOCH WIDERSTAND
Aktuellster Liberalisierungs-Fall: Unser großer Bruder Deutschland. Dort hat sich die frischgebackene Ampelkoalition aus SPD, Grünen und Freien Demokraten vorgenommen, eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen und damit nicht nur die Qualität des ohnehin im Umlauf befindlichen „Stoffs“ zu kontrollieren, sondern auch den Jugendschutz sicher zu stellen, den Schwarzmarkt auszutrocknen und als Krönung des Ganzen noch bis zu 5 Milliarden (!) Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen zu lukrieren. Fast so, als würde sich unser Nachbar aus der Krise kiffen wollen. Na ja, fast eben.
VORBILD DEUTSCHLAND?
Wer jetzt aber auf die Idee kommt, dass Deutschland wie bei so vielen politischen Richtungsentscheidungen auch hier den Weg für unsere selige Alpenrepublik vorgeben könnte, der läuft Gefahr enttäuscht zu werden.
Angesichts dramatisch einbrechender türkiser Umfragewerte und einer erstarkenden Rot-Grünen-Achse, scheint es nämlich viel wahrscheinlicher, dass Schallenberg, Kurz und Co. gerade in dieser auch symbolischen Frage die Abgrenzung suchen, um konservative WählerInnen zu binden.
Man wird daher wohl eher dem Bayrischen CSU-Vorbild folgen und eindringlich vor „gefährlichen Experimenten“ warnen – wenngleich allen klar sein dürfte, in welche Richtung dieser Zug unaufhaltsam fährt.
Kommentare
In China war die halbe Bevölkerung vom Opium eingenebelt, es hat der Entwicklung der Gesellschaft nicht gut getan.
Erst als man England abschüttelte, konnte man dieses Problem bewältigen.
Es scheint sich nun um eine Rache der Geschichte zu handeln.
Viel Glück auf österreichs Straßen! Sind nicht jetzt schon genügend Drogenlenker unterwegs?
Viel Glück auch beim Verlassen des Hauses. Hoffentlich springt niemand aus einem Fenster oder bedroht dich mit einer Waffe.
Sehr geehrter Hr.Libora,
würden Sie sich ein bisschen mit dem Thema befassen, würden Sie wissen dass das auf alle Fälle nicht der Fall sein wird.
Das schlimmste was Sie sehen könnte ist das wer im Park auf der Wiese eine Runde schläft. Ebenso lernen wir aus der Geschichte das Prohibition gegen KEINE Droge bis jetzt funktionert hat. Weder konnte man damals is den USA den Alkohol verbieten, noch wird ein Verbot anderer Rauschmittel funktionieren.
Regulierung , Regulierung und Regulierung wäre der richtige Weg. Auch wirtschaftlich betrachtet würde ein Staat profitieren. Es würde arbeitsplätze schaffen und hohe Steuereinnahmen gäbe es auch. Noch dazu würde man den Schmqrzmarkt erheblich reduzieren.
Denken Sie objektiv über diese Ansicht.
Hochachtungnsvoll
Dr.Mag. Unbekannt
So ein geiler Cannabis-Joint nach einem Schweineschnitzel und einem viertel Roten, ist schon was Feines.
Ganz besonders aber nach einem Candle Light Dinner, wenn der Abend mit einem Frühstück enden sollte.
Ich fordere daher, gratis Cannabis-Joints für ALLE ab 16 Jahre 😀
Super Artikel, der ein wenig Schmunzeln in den Alltag bringt. Ein zusätzliches Angebot neben dem Genuss hochprozentiger Getränke ist im Lockdown immer gut. Aber, wie schon geschrieben, so richtig Spaß mach´s nur wenn es verboten ist 🙂
Großartig! Die Holzinger-Kolumne ist mein Highlight.
Ohhhhhhh, wie fad, Frau Holzinger. Kiffen macht doch nur dann Spass, wenn es illegal ist. Ansonsten, Nein danke 🙂
die Kriminalisierung der Pflanze war immer schon ein Unding, sachlich nicht begründbar. Damit die einzige (ehemalige) grüne Position, die ich je teilte: legalisiert das Zeug endlich…
Na klar doch warum sich sein scheiß Leben schon saufen, wenn man sich
lustig rauchen kann. Nein Nikotin ist gesund und der ganze Dreck den man inhaliert auch. Alkohol ist gesund und die Leber braucht eine Herausforderung. Ihr könnt einen leid tun. Mir aber nicht.
Sucht ist eine Krankheit die im schlimmsten Fall dein Leben zerstört.
Durch Krankheit, und Veränderunge
im Gehirn. Ich habe in einem WC bei
einer Universit einen Aufkleber mit dem Text “Cannabis erweitert dein Bewusstsein gefunden. Und erweitert durchgestichen, durch Verändert ersetzt.
Und sicher nicht zu deinem Vorteil!!!
Dazu geschrieben.
Lieber Manfred, regen sie sich bitte nicht so auf, das ist sicher viel schlechter für ihre Gesundheit wie ein paar Viertel Wein oder womöglich sogar ein Joint, wer weiß ;-). Dass ich obenstehende Ansicht vertrete heißt übrigens keineswegs, dass ich selbst regelmäßiger Cannabis-Konsument bin – im Gegenteil, mein letzter dahingehender Versuch war vor ca 30 Jahren noch im vergangenen Jahrtausend. Ungeachtet dessen hat der Mensch seit jeher berauschende Substanzen kultiviert – siehe etwa Wein. Der bewusste Genuss dieser Substanzen muss immer von Sucht unterschieden werden, das ist übrigens bei allen Dingen im Leben so. Alle Menschen zu bevormunden und ihnen alles zu verbieten ist jedenfalls meist kein Erkennungsmerkmal intelligenter, aufgeklärter und freiheitlicher Gesellschaften (und Menschen)
Interessanter Aspekt, dass Hanf von der Baumwoll-Lobby vom Markt gedrängt worden ist. Das kannte ich bisher nicht so.
Mir geht es aber schon schön langsam auf die Nerven, das zunehmend mehr Leute unter irgendwelchen Substanzen stehen und vernünftige Gespräche schwierig sind.
Ob Cannabis legalisiert wird oder nicht, ist mir aber egal. Die Leute nehmen sowieso was sie kriegen können und das ist halt leicht zu bekommen.
Durch eine Legalisierung wäre jedenfalls der “Aufstieg” zu härteren Drogen eingedämmt. Derzeit verkaufen ja die selben Dealer, die Cannabis verkaufen auch die härteren Drogen. Mit diesen kommt man nicht mehr in Berührung, wenn Cannabis legalisiert wird. Also ist eine Legalisierung vermutlich eher besser als die derzeitige Situation.
Na klar doch warum sich sein scheiß Leben schon saufen, wenn man sich
lustig rauchen kann. Nein Nikotin ist gesund und der ganze Dreck den man inhaliert auch. Alkohol ist gesund und die Leber braucht eine Herausforderung. Ihr könnt einen leid tun. Mir aber nicht.
Sucht ist eine Krankheit die im schlimmsten Fall dein Leben zerstört.
Durch Krankheit, und Veränderunge
im Gehirn. Ich habe in einem WC bei
einer Universit einen Aufkleber mit dem Text “Cannabis erweitert dein Bewusstsein gefunden. Und erweitert durchgestichen, durch Verändert ersetzt.
Und sicher nicht zu deinem Vorteil!!!
Dazu geschrieben.
Bei Ihnen scheint es aber auch ohne äußere Hilfsmittel recht lustig zuzugehen im Kopf. 😉
Nein, da bin ich nicht ihrer Meinung, auch für mich ist es eine Einstiegsdroge.
Brilliant er Artikel, Chapeau!
Wenn die Türkisen sich weiter noch dümmer anstellen als je zuvor – immerhin haben sie ja die Vorarlberger Textilindustrie den Bach runtergeschickt und ihr die Chance, sich mit Kleidung aus Hanf im guten Preissegment zu positionieren, genommen – hilft auch eine strategische Abgrenzung nichts. Auch konservative Wähler haben Schmerzen und wollen nebenwirkungsfrei und ohne Abhängigkeit Linderung. Wenn man dann auch noch weiß, dass Cannabinoide im Gegensatz zu konventionellen Schmerzmitteln weder Gewöhnungseffekte noch Allergien kennen, ist man auch bei der Frage der Ethik. Schmerztherapie greift bei Krebspatienten nach 6-8 Monaten oft nicht mehr – das ist für die, die dann noch in fortgeschrittenem Stadium leben, die reinste Hölle. Wenn Basti gerne jetzt, wünsche ich ihm diese Schmerzen nur ganz kurz. Vielleicht versteht er ja dann…
Tut mir leid, das so sagen zu müssen, aber das sind die dümmsten Argumente, die man sich vorstellen kann.
Weil Cannabis “in der Schmerztherapie eingesetzt werden kann” sowie als (Symptom-)Linderung “bei Tumorerkrankungen, AIDS, Tourette, Lähmungen und Multipler Sklerose” etc., wird für eine allgemeine Freigabe als “Genussmittel” argumentiert.
Tausende chemische Substanzen sind als Medikamente klassifiziert, deren Abgabe ist durch durch ärztliche Verschreibung möglich.
Ohne dass diese Substanzen deswegen breit als Genussmittel für die Allgemeinheit verfügbar gemacht würden oder dass irgendwer dafür Stimmung machen würde.
Es gibt absolut keinen Grund für die gesetzliche Freigabe eines weiteren Rauschmittels, Alkohol (und da rede ich nicht von einem Glas Wein zu einem guten Essen) richtet schon genug an.
Und die legale medizinische Anwendung von Cannabis kann man – Willen vorausgesetzt – wohl auch ohne allgemeine Freigabe als “Genussmittel” für alle hinbekommen.