
Daniela Holzinger: Queer ist nichts für alte Sozis. Recht haben sie!
Es braucht den politischen Mut Prioritäten zu setzen: „for the many, not the few“, wie es der einstige Held des linken Flügels der Labour Party, Jeremy Corbyn, ausdrückte. Den Sozialdemokraten gelingt das nicht immer, findet eXXpress-Kolumnistin Daniela Holzinger.
Wenn man mit alten Sozis über Politik redet, dann dauert es meist nicht lange, bis sein Name fällt: Bruno Kreisky. „Ja, da warma noch wer, da ist‘s mit dem Land bergauf gegangen. Bildung für alle, Befreiung der Frau, Wirtschaftsaufschwung, Vollbeschäftigung…“
Und tatsächlich liest sich die Leistungsbilanz der sogenannten Kreiskyjahre wie ein gewaltiger Modernisierungsschub – am grünen Tisch erkämpft.
Unter anderem von Leuten wie dem Hannes Androsch – Kreiskys Finanzminister und Vizekanzler.
Trotz seiner 83-Jahre gehört der heute aber keinesfalls zu jenen alten Sozis, die gerne in einer besseren Vergangenheit schwelgen. Vielmehr sorgt er sich um die Zukunft, und zwar um jene seiner Partei.
Sollte es dieser nämlich nicht gelingen, sich vom Rausch des linken-Lifestyle-„Tugendterrors“ zu befreien, wäre der nächste unvermeidliche Schritt, die Selbstverzwergung zur „politischen Sekte“, so Androsch in einem erst kürzlich im Profil erschienen Artikel.
Stein des Anstoßes ist da ein SPÖ-Parteitagsantrag, der schon im Juni beschlossen werden soll. Unter dem Titel „Selbstbestimmt. Sichtbar. Stolz.“ verlangen SoHo (Homosexuelle SozialdemokratInnen) und SP-Frauen, dass man etwa das Geschlecht auf offiziellen Dokumenten frei wählen können soll – ganz nach Tagesverfassung. Auch der Name soll unabhängig jedweder geschlechtlichen Zuordenbarkeit gewählt werden können.
DIE FRANZ (divers)
Die Franz, die biologisch zwar Frau ist, sich jedoch divers fühlt, das gerne im Reisepass stehen hätte, aber dennoch für sich ein weibliches Pronomen „beansprucht“, würde also zum Fall für die Standesämter (der Wikipedia-Eintrag zu „Nichtbinären Geschlechteridentitäten“ ist hier wirklich ein Fundus an Skurrilität).
Und warum das ganze? Weil man wisse, so die Begründung, „dass die Frage der Geschlechteridentität heute wichtiger denn je sei.“
Na ja. Wissen wir das wirklich? Ich meine, sind gerade in Zeiten einer Pandemie, in der Menschen – ob mit biologischem oder eingebildetem Geschlecht – ihren Arbeitsplatz verlieren, ihren Betrieb zusperren müssen, schwer erkranken oder sogar sterben, möglicherweise nicht doch andere Themen wichtiger-denn-je?
Kann man gerade in so einer Zeit die Möglichkeit zur freien Wahl des Geschlechts, und zwar ohne jegliches Gutachten, ohne Attest, überhaupt fordern und sich dabei noch als politische Kraft ernst nehmen?
Statistisch gibt’s für Österreich dazu nicht viel. Ein Blick auf das Impf-Dashboard des Sozialministeriums genügt jedoch, um festzustellen, welcher Stellenwert der Frage der Geschlechteridentität tatsächlich beizumessen ist:
Unter den bisher 2,4 Mio. Menschen, denen zumindest eine Impfdosis verabreicht wurde (Stand: 05. Mai) haben ganze fünf Personen angegeben sich keinem binären Geschlecht – also Mann oder Frau – zuordnen zu wollen. Das sind 0,0002% aller bisher Geimpften.
Eine Größenordnung also, die außerhalb einer in sich geschlossenen und ebenso winzigen wie radikalen Politblase schlicht keinerlei Relevanz hat. Ja für eine staatstragende Partei keinerlei Relevanz haben darf.
FOR THE MANY NOT THE FEW
Doch bitte nicht falsch verstehen, natürlich braucht es einen „würdevollen“ Umgang mit allen Menschen, wie auch Hannes Androsch richtigerweise sagt. Sowieso sind die unveräußerlichen Menschenrechte jedes und jeder Einzelnen zu schützen – insbesondere von SozialdemokratInnen die hier historisch von jeher in einer Vorreiterrolle waren.
Aber es braucht auch den politischen Mut Prioritäten zu setzen: „for the many, not the few“, wie es der einstige Held des linken Flügels der Labour Party, Jeremy Corbyn, ausdrückte.
Und wenn diese Mehrheit ganz einfach nicht verstehen will, ja aus tiefster innerer Überzeugung heraus nicht verstehen kann, was das alles eigentlich soll, dann hat die Partei eine Entscheidung zu treffen und schlicht und ergreifend die Frage zu beantworten, wen sie vertreten möchte. Oder viel mehr noch, von wem sie als politischer Ausdruck ihrer Lebensrealität wahrgenommen werden möchte.
Von einer Handvoll Personen, nicht binärer Geschlechteridentität oder von Millionen ArbeitnehmerInnen, von hunderttausenden AlleinerzieherInnen, von prekär Beschäftigten…
Diese Frage zu klären, wird man den GenossInnen nicht abnehmen können, aber sie wären gut beraten es bald zu tun.
Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.
Kommentare
Super Beitrag !
Hoffentlich haben sich von den fünf Personen, nicht noch einige beim ausfüllen einen Jux gemacht !
Weil Kampf gegen Arbeitslosigkeit unmöglich wird, sobald man fünf Menschen ein drittes Geschlecht erlaubt… /s
Suuuuper Artikel!!!
Dieser Antrag ist ja selbsterklärend und zeigt eigentlich ein Paradoxon. Menschen, die tagtäglich solche Themen herumwälzen sind ja unendlich weit von Lebensrealität entfernt, wollen aber Menschen regieren bzw. von diesen gewählt werden, die tagtäglich mitten in der Lebensrealität stehen! Letzlich geht es hier rein um Engagement in studentischen Organisationen und nicht um Qualifikation in der Berufswelt. Schon auf der Uni sind diese “Studentenverteter der Vorfeldorganisationen” (viele sagen Wichtigtuer) ein insb. in Wahlzeiten extrem aggressives und nervendes Minderheitenprogramm, um dann in den Parteien zu landen, wo sie sich erstaunlicherweise gut entwickeln! Und mit ihnen ja auch dieses “Skurrilitätskabinett” an Themen. Aber in der Lebenspraxis, dort wo täglich hart gearbeitet wird? Ich persönlich kenne wirklich niemanden weit und breit, der sich jemals mit “der Franz” oder “die Franz” beschäftigt hätte!
sehr treffend und punktgenau benannt, chapeau!
Die meisten dieser skurrilen Ideengebährer haben keine Ahnung vom realen (über)Leben, den Arbeitsplatzproblemen, Wohnungsproblemen usw. Daher bleibt viel Freiraum für Hirngespinste aller Arten.
Also auf meinem “Impf-Dashboard” haben 3,4 Mio Menschen zumindest einen Erststich ….!!
Sie meinen die verabreichten Impfdosen. Das ist etwas anderes als die Anzahl der Personen, die zumindest eine Impfung erhalten haben. Im Übrigen finde ich den Beitrag von Fr. Holzinger genial. SP und Grüne sind für mich aufgrund der Schlagseite zum politischen Islam und dieser LGBTIQ Fantastereien nicht mehr wählbar…