
Daniela Holzinger: Strompreis“bremse“ startet. Die Korken knallen…
Endlich ist sie da, die Strompreisbremse. Keine Angst mehr geschröpft zu werden. Keine Furcht mehr davor, am Ende allein und verlassen dazustehen. Jaaaa, bei den Energieversorgern knallen jetzt die Korken! Aber warum eigentlich? eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger klärt auf.
Wäre man naiv könnte man die Frage stellen, was ein Krieg in der Ukraine eigentlich mit uns zu tun hat? Und ich meine hier nicht die menschliche und moralische Verpflichtung einem europäischen Nachbar in höchster Not beizustehen. Ganz einfach, weil man sich das umgekehrt genauso wünschen würde – nennt man Solidarität.
Sondern, die wirtschaftliche Dimension: Preise, Versorgungssicherheit und all das. Bevor die Ukraine durch Separatistenaufstände, Russen-Intervention und Krim-Annexion in den Fokus rückte, war da scheinbar nichts. Außer halt, eine verarmte Ex-Sowjetrepublik die, eh klar, nicht auf die Beine kommt und irgendetwas mit Landwirtschaft war da auch noch.
Aber weit gefehlt! Ehemals Kornkammer der Sowjetunion, ist die Ukraine heute für viele Länder unverzichtbare Quelle hochwertiger Agrarprodukte. 60% der weltweit benötigten Sonnenblumen-Kerne, 20% der übrigen Ölsaaten, 16% Mais, 11% Weizen und so weiter. Das Überleben hunderter Millionen Menschen – insbesondere in ärmeren Regionen des globalen Südens – wird auf ukrainischen Feldern gesichert. Wow. Ok, damit ist klar, warum es Folgen hat, wenn russische Raketen deren Boden umgraben.
Die hausgemachte Gas-Krise
Ganz anders in der Energiefrage. Mit fast 90%iger Abhängigkeit von russischen Gas-Importen muss hierzulande allen Beteiligten immer klar gewesen sein, dass wir erpressbar sind und willenlos am Gasprom-hahn hängen. Keine wirklich souveräne Situation. Meiner bescheidenen Meinung nach sollte man die dafür verantwortlichen Energiemanager und Politiker auch einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Könnte ja sein, dass da die eine oder andere Dose Beluga-Kaviar, das eine oder andere Paar Saphir Ohrringe, Nobel-Vodka oder vielleicht sogar eine „kleine“ Yacht den Besitzer wechselten. Als Aufmerksamkeit der guten Kundenbeziehung wegen. So, aber das wäre alles noch egal. (Fast) vollkommen wurscht! Bei 75% erneuerbarer Energie im heimischen Strommix sollten wir da relativ unabhängig sein, oder? Einer der großen Vorteile heimischer erneuerbarer Energie. Oder?? Leider nein. Auch hier hat sich jemand etwas G‘scheites überlegt. Mutmaßlich am Sonnendeck seiner Yacht sitzend, die letzten Kaviarreste mit einem Schlückchen Vodka hinunterspülend – on the Rocks versteht sich!
Denn mit dem Merit-Order Prinzip im Tabernakel des europäischen Stromhandels zahlen wir auch für heimische Wind-, Wasser- und Sonnenkraft den….parampampam…Gaspreis! Und der gibt uns, na ja sagen wir mal, ganz schön Gas. Mit 50 Cent und mehr pro kWh bleibt einem schon die Spucke weg. Ein Jahr Haushaltsstrom kostet plötzlich so viel wie in den letzten sieben Jahren zusammen – das muss einem erst einmal richtig dämmern!
Voll auf die Preisbremse
Wie gut, dass unsere Regierung jetzt das Heft des Handelns fest in die Hand nimmt und den gordischen Knoten europäisch-österreichischer Selbstgeißelung mit ganzer Kraft zerschlägt. Wer Wasserkraft kauft wird zukünftig Wasserkraft bezahlen, bei Wind und Sonne genau dasselbe. So senken wir die Preise nachhaltig, investieren in Erneuerbare und machen wahre Kosten als Basis eines funktionierenden Marktes samt Lenkungseffekten endlich wieder sichtbar…Oh, halt, das HÄTTEN sie tun sollen.
Stattdessen hat man auf die Erlaubnis der EU gewartet, massive Zufallsgewinne der Energiekonzerne abschöpfen zu dürfen. Umgesetzt wird das jetzt mit einer bis Ende 2023 befristeten Steuer, orientiert an EU-Minimalvorgaben und gespickt mit Ausnahmen und Schlupflöchern (Öko-Investitionen). Dennoch sollen so bis zu 4 Milliarden (!) Euro in die Staatskasse fließen. Geld das von uns allen aufgrund eines kaputten Systems der Preisbildung ZU VIEL bezahlt wurde. Also genauer gesagt nur etwa 30-40% dessen, was wir zu viel bezahlen. Den Rest dürfen sich die Energieversorger behalten und wenn sie der Frau Gewessler erklären, dass sie eh auch in Erneuerbare machen, dann bleibt ihnen sogar noch mehr. Irre.
Aber damit nicht genug. Für uns Steuerzahler und Energie-Großfinanziers soll ja auch etwas übrigbleiben. Die Lösung: Der Preisdeckel. Pro „Haushalt“ werden zukünftig 2900 kWh mit einem Preis von 10 Cent gedeckelt. Den Rest (maximal 30 Cent) zahlt die Regierung drauf. Toll oder? Zumindest solange man nicht darüber nachdenkt woher das „Geld der Regierung“ kommt. Zum Teil nämlich aus der Übergewinnsteuer und zum anderen Teil aus dem Budget. Und wer hats gezahlt? Logisch: Wir österreichischen Steuerzahler und Innen. Damit ist klar: Die Party geht weiter. Selbe Yacht, selbes Sonnendeck. Nur sanktionsbedingt mit heimischem Schlumbi-Sekt. Prost!
Kommentare
Die 2900 kWh sind fern ab von jeder Realität. Gerade arme Haushalte können sich keine neuen Energie sparenden Geräte kaufen.
Her mit der Deckel-Bremse!
Das was allerorten und auch hier als merit order bezeichnet wird ist “uniform pricing”. Bei merit order wären wir mit dem arithmetischen Mittel und 80% Wasserkraft mit 5 ct/kWh bei etwa 0.8*0.05+0.2*0.5=0.04+0.1=0.14 ct/ kWh. Ist das so schwer zu verstehen?
Sorry 14 ct / kWh
Ich friere gerne, um die amerikanische Rüstungsindustrie zu finanzieren :/
Bravo Frau Holzinger! Jedes Wort wahr, eine Wohltat, endlich mal die Wahrheit zu lesen – leider sind die meisten Menschen in diesem Lande schon so degeneriert und abgestumpft, dass genau NIX passieren wird…..
Frau Holzinger, sehr guter Beitrag, auch Ihre Beurteilung des Ukraine-Konflikts hebt sich wohltuend von den übrigen Berichten hier ab. Ihre Kommentare sind noch ein Grund, ab und zu hier vorbei zu schauen!
Stimme Ihnen fast zu 100% zu. Glaube aber nicht, dass – wie im ersten Absatz erhofft – uns (oder der EU) die Ukraine bei einem kriegerischen Angriff von wasweißichwem “solidarisch” beistehen würde.
Fr. Holzinger, wann hat uns denn Russland jemals erpresst? Oder gar militärisch bedroht? Es verhält sich genau umgekehrt. Aber wie Stalin einst sagte: Je dreister die Lüge, desto eher wird sie geglaubt. Siehe Irakkrieg. Das ist doch alles bloß Natospeak, damit sie ihren Krieg gegen Russland argumentieren können.
Wir wurden auch nie von Russland erpresst. Die wollen ja ihr Gas in die EU verkaufen. Verhaltensauffällige Politiker wollen das billige Gas russische aber nicht sondern nehmen lieber amerikanisches zum Höchstpreis. Von dort werden wir jetzt erpresst. Damit das auch so bleibt, wurde die russische Gasleitung aus gesprengt.
Sehr gut dargestellt. Und das “Modell” der Regierung ist sogar das, was die Opposition auch immer und überall fordert. Also eine echte “Win-Win-Situation”. Nur nicht für die, die noch Steuer zahlen …
Madame Holzinger, das Russ. Gas-Angebot war unschlagbar günstig. Und “verteuert” haben es die Gestalten aus Brüssel-Gestalten .
Weil immer wieder die früheren Gaskäufe in Russland kritisiert werden:
Wenn sie zwei Kaufläden im Ort haben, wo einer die selbe Ware wesentlich billiger anbietet, wo werden sie hingehen?
Wenn der Geschäftsführer des Billigeren dann eine Straftat begeht, die mit ihnen nichts zu tun hat, werden sie sich auch Asche aufs Haupt streuen und zwecks Selbstbestrafung zukünftig zum Teureren gehen, der das ausnutzt und noch teurer wird?
Ich muss zugeben, die captcherei ist kreativ: Heute wird wieder ein Fehler auf meiner Webseite gemeldet.
Danke Frau Holzinger für den Beitrag. Es ist schon erstaunlich, dass man jetzt erst an die Öffentlichkeit geht mit solchen Informationen. ÖsterreicherInnen, die seit geraumer Zeit diese Machenschaften kritisieren, wurden bisweilen richtig mundtot gemacht. ad 1) Gas-Abhängigkeit: Der Wirtschaftskrieg zwischen der USA und Russland schwehlt schon einige Jahrzehnte und fand im Ukraine-Krieg sein Spitzenszenario. Die EU kannte die Umstände schon vorher. Man hätte sich absichern können mit der Gas-Versorgung und sozusagen zwei- oder dreigleisig fahren können. Das russische Gas war immer das billigste, also kam die EU hier nicht in die Puschen, rein aus Geldgier. ad 2) Nachhaltige Energie und Preise: Das Merit-Order-System war einst eine gute Sache, da durch das billige Gas auch andere Energiekosten nach “unten” gebunden waren. Nun fällt uns dieses System auf den Kopf. Nachhaltige Energie kann leider durch den fehlenden Ausbau der hiesigen Stromnetze nicht so einfach genützt werden, da Instabilität die Folge wäre (Schwankungen). Bewusst wurde seitens der EU und der österr. Politik mit schweren Auflagen, Abgaben und anderen unnötigen Querelen der Ausbau nachhaltiger Energieproduktion verhindert. Die Lobby hatte immer nur Interesse an der Öl- und Gasbranche. ad 3) Meiner bescheidenen Meinung nach und anhand sehr langer und intensiver Beobachtung (inkl. Relativierung der Medienberichte etc.) ist es nicht gewollt, die Bevölkerung wohlhabend zu machen, indem sie sparen kann. Die Gelder werden also nur verschoben. Eine Verarmung der Menschen hätte eine größere Abhängigkeit zur Folge. Politisch ein Vorteil. Die Kaufkraft wird dezimiert, Betriebe wandern ab od. müssen schließen, Arbeitslosigkeit steigt. Kann sich ein Volk nichts mehr leisten, ist dies der beste Umweltschutz für die EU und die Grünen. Produktionen werden nach Asien ausgelagert, Unsummen werden für die von Europa dort verursachte erhöhte Umweltbelastung bezahlt. Billig Importe werden in Europa teuer verkauft. Und dann bricht das System komplett zusammen, da… wir hatten es ja schon… sich keiner mehr was leisten kann. Tauschhandel wird steigen, dann ist die Bargeldabschaffung auch schon wurscht. Enteignungen von Immobilien – alles geht in die Hand des Staates über. Die Demokratie zerbröselt auf dem Papier. Eine düstere Aussicht für unseren hart erarbeiteten Wohlstand, den wir nun im Sauseschritt ruiniert sehen. Das ÖBH rüstet auf. Nein, nicht wegen des Krieges. Sondern weil schon jetzt Unruhen im Land selbst befürchtet werden. Gute Nacht Österreich!
@Skeptiker: Merit-Order: das billigste Raubmodell.