Seit Montagfrüh spricht man in Wien über eine Entscheidung, die noch gar nicht gefallen ist: die Neu-Bestellung des Wiener Patientenanwalts. Bemerkenswerterweise finden das einige nicht bemerkenswert. Das sollten sie aber. Nur zur Erinnerung: Anfang 2022 brachte ein Sideletter die Diskussion über Postenschacher und politische Einflussnahme auf Besetzungen nicht-politischer Ämter ins Rollen. SPÖ-Politiker forderten damals vom Bund mehr Transparenz und unterstützten das Anti-Korruptionsvolksbegehren.

Alles deutet auf politische Einflussnahme hin

Nun besteht der massive Verdacht, dass gerade bei der Besetzung der Wiener Patientenanwaltschaft Vorab-Absprachen stattgefunden haben. Wie der eXXpress bereits berichtete, war dieses Mal die bisherige Vorgangsweise so intransparent wie noch nie. Wie Kritiker bereits vermutet haben, dürfte die Neu-Besetzung im stillen Kämmerlein vorab ausdiskutiert worden sein, noch ehe die Entscheidung offiziell gefallen ist.

Preisgegeben hat das – womöglich unbeabsichtigt – die bisherige Patientenanwältin Sigrid Pilz (Grüne) mit ihrem voreiligen Tweet: “Bgm. Ludwig wird mich als Patientenanwältin nicht neuerlich bestellen. Schade!”, klagte sie. “Ich danke meinem tollen Team für zehn erfolgreiche Jahre!”

Allem Anschein nach hat sich Bürgermeister Michael Ludwig durchgesetzt

Es scheint, als wurde Pilz (in den Morgenstunden?) darüber unterrichtet, dass sie nicht ein drittes Mal Anwältin der Wiener Patienten sein wird. Das stieß verständlicherweise auf ihr Missfallen. In ihrem anschließenden Tweet passierten ihr aber gleich zwei Fehler, wie ein Insider der Zeitung “heute” mitteilte: “Es ist falsch, was Sigrid Pilz in dem Tweet schreibt.” Der Patientenanwalt werde gar nicht vom Bürgermeister bestellt. “Es ist ein Beschluss aller in der Landesregierung vertretenen Parteien.” Dieser erfolge aber erst am Dienstag per Umlauf!

Wie Pilz von einer noch nicht gefallenen Entscheidung erfahren konnte, verriet sie dem eXXpress nicht. Allem Anschein nach gab es innerhalb des Rathauses im Vorfeld Meinungsverschiedenheiten, und am Ende konnte sich Bürgermeister Michael Ludwig mit seinem Favoriten durchsetzen – und der war nicht Pilz. Nur: Offiziell darf hier der Wiener Bürgermeister gar nichts festlegen, schon gar nicht im Vorhinein! Eigentlich ist das neuerlich ein Fall für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Angeblich soll der Ex-Präsident des Jugendgerichtshofs Pilz nachfolgen

Auch im Jahr 2017 war am 9. Juni, vier Tage vor der Entscheidungsfindung, in einer Zeitung zu lesen: “Pilz bleibt Patientenanwältin”. Die entsprechende Sitzung der Wiener Landesregierung fand aber erst am 13. Juni statt. Das roch bereits gewaltig nach “Sideletter”.

Heuer haben sich insgesamt 24 Kandidaten beworben, drei sollen auf der Shortlist stehen. Der “Wiener Zeitung” zufolge soll der Nachfolger schon feststehen: Udo Jesionek (84), Ex-Präsident des Jugendgerichtshofes! Er ist bereits seit Anfang 2003 im Ruhestand. Das Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker wollte die Nachricht nicht kommentieren. Zumindest eines dürfte feststehen: Die fünfjährige Amtszeit des Nachfolgers beginnt am 1. Juli 2022. Am Dienstag sollten wir auch definitiv wissen, wie er oder sie heißt.