Schwarze Menschen werden von Österreichs Polizei besonders häufig angehalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der EU-Grundrechtsagentur – mehrere Medien, auch der eXXpress, haben über sie berichtet. Die Resultate stellten der heimischen Polizei ein scheinbar schlechtes Zeugnis aus: 25 Prozent aller Befragten in Österreich gaben an, innerhalb eines Jahres von der Polizei angehalten worden zu sein, bei schwarzen Menschen waren es 49 Prozent. Die meisten aller Anhaltungen (87 Prozent) erfolgen bei Österreichern, wenn sie auf dem Fahrrad oder in einem Fahrzeug waren. Schwarze hingegen wurden meistens (72 Prozent) angehalten, wenn sie zu Fuß unterwegs waren.

Doch die hohe Aussagekraft, die einige Medien der Studie zuschrieben, ist nicht gegeben, wie sich bei eXXpress-Nachforschungen herausstellte.

Die entscheidenden Fragen bleiben offen

Unklar ist die Zusammenstellung der befragten Gruppen: Man weiß etwa nicht wie viele Asylwerber unter den befragten schwarzen Menschen waren. Asylwerber müssen sich trivialerweise besonders häufig gegenüber der Polizei ausweisen und werden deshalb auch häufiger von dieser angehalten – eigentlich logisch. Man weiß nur: Von Jänner bis Oktober 2019 wurden für die Studie 1233 Österreicher befragt, von September 2015 bis November 2016 – also in einem anderen Zeitraum – 476 Zuwanderer und Nachkommen von Zuwanderern aus der Subsahara-Afrika.

Erschwerend kommt hinzu: Es wurde nur teilweise gefragt, zu welchem Zweck die Personen von der Polizei aufgehalten wurden. In bestimmten Fällen – siehe Asylwerber – gehören Anhaltungen durch die Polizei zur Routine. Sofern es Fragen zum Zweck der Anhaltungen gab, wurden die Umfrage-Ergebnisse für Österreich nicht ausgewertet.

Migranten öfter nach Ausweispapieren gefragt

Was sich EU-weit herausstellte, ist allerdings wenig verwunderlich: Bei ethnischen bzw. migrantischen Communities dienten die Polizei-Stopps wesentlich öfter der Nachfrage nach Identitätsausweisen. 65 Prozent aller “nicht-migrantischen” Fußgänger wurden EU-weit nach ihren Pässen gefragt, bei Fußgängern mit Migrationshintergrund waren es hingegen 78 Prozent. Bei allen Fahrern eines Fahrzeugs mussten 60 Prozent aller ethnischen Gruppen bei polizeilichen Anhaltungen ihre Ausweise vorlegen, aber nur 45 Prozent aller einheimischen. Somit ist völlig unklar, wie viele der befragten schwarzen Menschen in Österreich schlicht deshalb von der Polizei öfter aufgehalten wurden, weil sie ihre Ausweise vorlegen mussten.

Was man auch nicht vergessen darf: Schwarze Menschen sind keineswegs nur Migranten oder ihre Kinder. Vor zehn Jahren lebten geschätzte 40.000 in Österreich. Sämtliche schwarze Österreicher leben hier mittlerweile in zweiter, dritter Generation. Ob sie von der Polizei schlechter behandelt werden, erfährt man nicht.

Polizeiliche Anhaltungen sind nicht per se schlecht

Anhaltungen sind auch wichtig, weil sie dem Aufdecken von Delikten dienen. Inwiefern die Stopps durch die Polizei in Österreich in dieser Hinsicht “erfolgreich” waren, teilt die Studie ebenfalls nicht mit. Man weiß nur so viel: EU-weit wurden mehr Migranten als Nicht-Migranten in Folge der Polizei-Stopps verwarnt, zur Polizei-Station mitgenommen oder eingesperrt. In solchen Fällen dürften sie wohl auch berechtigt gewesen sein.

Keine brauchbaren Zahlen für die Polizei

Anhaltungen sind ein notwendiger Bestandteil polizeilicher Arbeit um Delikte aufzudecken. Sie umfassen eigentlich fast alles – vom Fußgänger, der bei Rot über Straße geht, über Führerscheinkontrollen bis hin zu Stopps im Rahmen von Fahndungen.

Die heimische Polizei hat zu den in der Umfrage genannten “Anhaltungen” keine Daten, weil der Begriff zu weit ist. Über das ganze Jahr hinweg finden mehr als eine Million Amtshandlungen statt, heißt es dazu von Seiten des Innenministeriums.

Schwerpunktkontrollen in Wien sind sehr erfolgreich

Fakt ist: Die polizeiliche Arbeit basiert auf Erkenntnissen nach strategischer Analyse, unterstreicht Patrick Maierhofer, Ressortsprecher des Innenministeriums. “Polizeiliche Kontrollen werden daher an besonders frequentierten und von strafbaren Handlungen besonders betroffenen Orten durchgeführt.” Solche Schwerpunktkontrollen – etwa an einer U-Bahn-Station mit besonders vielen Drogen-Delikten – erwiesen sich in der Vergangenheit als überaus erfolgreich. Auch international gesuchter Straftäter konnte man dabei habhaft werden.

Was Maierhofer ebenfalls festhält: “Es ist ein Faktum, dass die Delinquenz von Menschen bestimmter Nationalitäten in bestimmten Deliktsgruppen besonders signifikant ist. Auch dieser Umstand muss in die Durchführung von polizeilichen Kontrollen miteinbezogen werden.” In der österreichischen Kriminalitätsstatistik werden die Staatszugehörigkeiten von Straftätern in Österreich erfasst und können nachgelesen werden.

Schlussfolgerungen bleiben offen

Maierhofer bestreitet definitiv, dass ein sogenanntes “Racial Profiling” stattfinde, wonach sich die Polizei an äußerlichen Merkmalen orientiere: “Selbstverständlich ist der Schutz der Grundrechte aller in Österreich lebenden Menschen oberste Prämisse”. Bei manchen Delikten trifft man dennoch auf bestimmte migrantische Gruppen häufiger, das lässt sich nicht komplett ausblenden.

Rassismus – auch bei der Polizei – soll untersucht und bekämpft werden. Dafür braucht es aber konkretere Ergebnisse, die auch verwertbar sind. Von jener Studie kann man keinerlei praxistaugliche Schlussfolgerungen für die Polizei ableiten.