Der islamische Antisemitismus ist für Juden in Europa mittlerweile auch der gefährlichste Antisemitismus. Das sagt der Historiker und Antisemitismus-Experte Heiko Heinisch (57) auf X (Twitter). Er stützt sich dabei auf seine jahrelangen Beobachtungen: „Islamischer Antisemitismus ist für Juden zur tödlichen Gefahr geworden“, warnt Heinisch. „Tödliche Angriffe auf Juden gingen in vergangenen 20 Jahren in Europa meiner Wahrnehmung nach ausschließlich von Muslimen aus. Dass große Teilen von Politik und Medien das ignorieren, ist Teil des Problems.“

Eine der ganz wenigen Ausnahmen sei der vereitelte Anschlag in Halle am 9. Oktober 2019 durch einen rechtsextremen Täter gewesen. Der Regelfall seien mittlerweile Angriffe von Muslimen. Heinisch verweist bei dieser Gelegenheit auch auf die weltweite Antisemitismus Studie „ADL Global 100“, der zufolge Antisemitismus in mehrheitlich muslimischen Staaten drei bis vier mal so weit verbreitet ist wie in Europa.

Antisemitismus in muslimischen Staaten besonders stark verbreitet

Attentäter von Zürich ist IS-Anhänger und ruft zum „weltweiten Kampf gegen Juden“ auf

Der Anlass für die Bemerkung von Heinisch ist der Angriff auf einen orthodoxen Juden (50) am Samstagabend. Der Anschlag schockte Zürich. Kurz nach 21.30 Uhr hatte das Opfer in der Nähe der Synagoge bei Angehörigen angeläutet, war aber nicht in der Wohnung aufgetaucht. Seine Verwandten entdeckten ihn verletzt vor dem Hauseingang. Das Opfer musste im Spital notoperiert werden und schwebte noch am Sonntag in Lebensgefahr. Mittlerweile hat sich sein Zustand gebessert, er muss aber weiterhin intensiv gepflegt werden.

Die alarmierte Polizei konnte den mutmaßlichen Täter noch am Tatort festnehmen. Es handelt sich um einen erst 15 Jahre alten Schweizer tunesischer Herkunft, der 2011 eingebürgert wurde. In einem Bekennervideo solidarisierte er sich in arabischer Sprache mit dem Islamischen Staat (IS) und rief zum „weltweiten Kampf gegen Juden“ auf. Zeugen berichteten, dass er kurz vor der Tat „Allahu Akbar“ (arabisch: „Gott ist am größten“) und „Tod allen Juden“ gerufen hat.

Die Züricher Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen vor jüdischen Einrichtungen erhöht, nachdem ein orthodoxer jüdischer Mann nach einer möglicherweise antisemitischen Messerattacke in ernstem Zustand ist.APA/AFP/Arnd WIEGMANN

Schwerwiegendster antisemitischer Angriff in der Schweiz seit 20 Jahren

Ob der Jugendliche ein Einzeltäter ist oder ob er in Verbindung mit einer Gruppierung handelte, ist zurzeit Gegenstand der Ermittlungen, teilte die Zürcher Oberjugendanwaltschaft mit. Der kantonale Sicherheitsdirektor Mario Fehr sprach von einem „terroristischen Akt“: „Jemand wurde einzig und allein wegen seiner Religionszugehörigkeit niedergestochen.“

Wie die „NZZ“ berichtet, handelt es sich bei der Tat um den schwerwiegendsten Angriff auf eine jüdische Person in der Schweiz seit über zwanzig Jahren.

Experten: Politischer Islam fördert den Judenhass auf Europas Straßen

Heiko Heinisch und seine Kollegin Nina Scholz geben islamistischen Gruppierungen maßgeblich die Schuld am Antisemitismus unter jungen Muslimen. Das gilt nicht nur für den IS, sondern auch für die Muslimbruderschaft. Die „judenfeindliche Tradition“ im Islam  reiche „bis in die Entstehungszeit zurück und speist sich aus den bis heute als vorbildlich angesehenen Aussagen aus Koran, Sunna und Prophetenbiografie“, schreiben beide in materia.at, dem Onlinemagazin des NEOS-Parlamentsclubs. „Diese originär islamische Judenfeindschaft, die bis heute nicht aufgearbeitet wurde, wurde von der Muslimbruderschaft gebündelt und in ein politisches Programm transformiert, das auf muslimische Communitys einwirkt und nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 zum Judenhass auf den Straßen Europas beiträgt.“