Finanzierung der Sterbehilfe ist ungeklärt: Die Krankenkassen sagen nein
Das neue “Sterbeverfügungsgesetz” lässt viele Fragen offen, bemängeln zahlreiche Kritiker. Nun zeigt sich: Selbst ein ganz elementares Problem ist bisher ungelöst: Wer soll die Kosten für die Suizid-Beihilfe übernehmen? Dass diese ungeklärte Frage bisher kaum beachtet wurde, ist beim vorparlamentarischen Begutachtungsverfahren zum Gesetzesentwurf deutlich geworden.
Österreich muss die Suizid-Behilfe gesetzlich regeln. Der Grund ist eine umstrittene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Bis zum 12. November konnten Stellungnahmen zum Entwurf abgegeben werden. Der Dachverband der Sozialversicherungen hielt dabei ausdrücklich fest: Sozialversicherungen können nur die Kosten einer Krankenbehandlung tragen, nicht die ärztliche Aufklärung über eine Selbsttötung mithilfe tödlicher Präparate, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist. Das sei nämlich keine Heilbehandlung.
Der Dachverband wurde in seiner Stellungnahme sehr deutlich: “Aus Sicht der Sozialversicherung ist jedoch nochmals festzuhalten, dass im System und nach dem Selbstverständnis der Sozialversicherung lediglich die Kosten einer Krankenbehandlung getragen werden. Die im Zuge der Errichtung der Sterbeverfügung notwendige ärztliche Aufklärung und allenfalls erforderliche begleitende Maßnahmen stellen keine Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung dar. Diesbezügliche vertragliche Regelungen zur Kostentragung durch die Sozialversicherung sind somit ebenso ausgeschlossen wie eine nachträgliche Kostenerstattung an den Betroffenen oder kostentragende Angehörige.”
"Planung von Selbstmorden ist keine Gesundheitsleistung"
Auf dieses Problem hatte schon vor einem Jahr das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (Imabe) hingewiesen. “Laut Gesetz müssen zwei Ärzte ein Aufklärungsgespräch mit dem Suizidwilligen führen und entsprechend dokumentieren. Welches Honorar darf dafür verlangt werden? Wer kommt dafür auf?” Aufklärungsgespräche für Suizidbeihilfe und die tödlichen Präparate könnten kaum von den Krankenkassen finanziert werden, denn: “Die Planung und Ermöglichung von Suiziden stellt keine Gesundheitsleistung dar”.
Pikant: Offene Fragen gibt es gleichzeitig zum Ausbau der Hospiz– und Palliativversorgung in Österreich. Durch eine Drittelfinanzierung aus Bund, Ländern und Sozialversicherung soll bis 2026 ein Vollausbau erreicht werden. “Dass konkrete Schritte für einen Ausbau der Hospiz– und Palliativversorgung gesetzt werden und der Bund dafür Mittel in die Hand nimmt, ist positiv”, sagt die Direktorin der Diakonie Österreich, Maria Katharina Moser. “Problematisch ist, dass die flächendeckende Versorgung erst 2026 sichergestellt sein wird. Hier holt uns ein Versäumnis der letzten Jahre ein.” Bereits 2015 hatten sich alle Parteien dafür ausgesprochen, dass die Hospiz– und Palliativversorgung bis 2020 flächendeckend ausgebaut werden muss. Die Lücken seien schon lange bekannt, sagt Moser.
Kommentare
Ich frage mich auch immer ob man es als
lebenswert bezeichnen kann, oder ob
ich lebe wenn ich nicht mehr weiß wer ich bin. Und ob ich die ewige Bewusstlosigkeit vorverlegen soll. Das kann jeder nur für sich selbst entscheiden. Solange er noch entscheiden kann.
Ganz einfach eine private Zusatzversicherung in Kombination mit der Kostenübernahme der Verbrennung.
Weshalb denn eine Versicherung? Sterbehilfe verkürzt den Weg der medizinischen Lebenserhaltung. Es ist als die Beendigung von weiteren Kosten. Beisetzungen werden ohnehin privat bezahlt. Dazu zählt auch eine Einäscherung. Bis auf die Ausnahme von Sozialfällen, die keine Familie haben und deren Besitztum (sofern noch etwas übrig bleibt) finanziell für eine Beisetzung aufgewendet wird. Der Rest wird vom System getragen. Kommt nicht so oft vor. Wer auf diese Weise verstirbt, soll sich vorher versichern lassen (ab wann weiß man, dass man solch eine Versicherung benötigt?) und wer anders stirbt… ja, was dann? Tot ist tot!
Werden eigentlich nicht medizinisch idizierte Abtreibungen finanziert?
Ein sehr sensibles Thema. Allerdings erklärt die Ablehnung der Krankenkassen nicht, dass eine künstliche Lebenserhaltung einer schwer kranken Person und damit einher gehende Medizin und Betreuung teurer ist auf Zeit als eine Sterbehilfe. Selbstverständlich müssen hier heikle Gesetze geschliffen werden. In Österreich ist alles starr im System. Man steht sich auch hier wieder selbst im Weg.
Ganz pragmatisch gesehen, wäre das eine Sache für die PVA. Freilich nur bei Erfolg.
Ich halte die Freigabe der Euthanasie für einen sehr schweren Fehler. Es wird im Ergebnis genauso werden wie bei der Abtreibung. Viele werden sich sogar selbst dazu entscheiden, weil es eben diese Option gibt “seinen Angehörigen nicht das Leben zu versauen durch die eigene Pflegebedürftigkeit”. Das wird vielleicht noch ein paar Jahre dauern, aber wenn man diese Option einmal als normal versteht, dann kommt das so.
Menschen, die nicht für andere hilfreich oder willkommen sind, brauchen nicht zu leben. Das ist irgendwie das Framing.